# taz.de -- Horror-Filmfestival in Berlin: Die drei Töchter Draculas
       
       > Das Filmfestival „Final Girls Berlin“ zeigt am Wochenende im Z-inema von
       > Frauen gemachte Horrorfilme in allen Spielarten des Genres.
       
 (IMG) Bild: Zwei Tage Female Splatter im „Women in Horror Month“-Februar
       
       Elinor Lewy und Sara Neidorf sind noch kurz vor Festivalbeginn mit beiden
       Händen beschäftigt: Für die erste Ausgabe des Filmfestivals Final Girls
       Berlin bügeln sie. Das ist ein ziemlich gewöhnungsbedürftiges Bild, mit dem
       man nun nicht gerade gerechnet hätte. Denn Final Girls hat sich dem
       Horrorfilm verschrieben, der entweder von Frauen gedreht, produziert oder
       geschrieben wurde (bestenfalls natürlich alles) und der vor allem nicht
       daran interessiert ist, Rollenstereotype zu wiederholen.
       
       Sara Neidorf findet, zahlreiche Vertreter des Genres kämen nämlich auf
       gleich mehrere Fehlannahmen, angefangen bei der Darstellung von Frauen bis
       hin zu dem Glauben, das Gros der Zuschauer würde von Männern gestellt. Sie
       meint, die ausschließlich männliche Perspektive, wie sie in
       Großproduktionen für Netflix und Multiplex-Kinos verbreitet würde, sei
       schädlich. Auch, weil viele Geschichten so niemals erzählt würden.
       
       Final Girls möchte das an zwei Abenden und Nächten ganz anders halten, was
       am 23. und 24. Februar im Z-inema der Z-Bar in insgesamt acht Blöcken,
       bestehend aus vier Kurzfilm- und vier Spielfilmprogrammen, überprüft werden
       kann.
       
       ## Okkult- und Punk-Horror-Trash
       
       Zu sehen ist etwa „Dark Circus“, der neue Film von Julia Ostertag.
       Angelehnt an den Okkult-Horror der 70er Jahre, tappt die 20-jährige Johanna
       in eine Art Parallelwelt, die sich von der gewöhnlichen absetzt. Es gibt
       aufwendige Rituale und Fetischspielereien, Johanna kundschaftet ihr eigenes
       Selbst aus und erlebt Transformatives. Ostertag ist keine Unbekannte, vor
       über zehn drehte sie den Dokumentarfilm „Gender X“, der in Berlins queerem
       Nachtleben unterwegs war, und kurz zuvor „NO american dream“, eine
       USA-Reise, angetrieben von der Suche nach (gutem) Sex. Es folgte ein
       filmischer Besuch verschiedener Punk- und DIY-Szenen in „Noiese &
       Resistance“ (2011) und die Horror-Punk-Produktion „Saila“ (2008).
       
       Eine „fucked up lesbian love story“ hingegen ist Jessica Camerons „Mania“
       am Freitagabend, während im Anschluss Tilda Swinton in „We Need to Talk
       About Kevin“ von Lynne Ramsay die grauenvollen Seiten einer Mutterschaft
       demonstriert. Damit nimmt sie eine Richtung, in die ansatzweise auch der
       kanadische Kurzfilm „Ready to Burst“ von Ariel Hansen will, nur, dass sich
       hier bereits die Schwangerschaft als Albtraum erweist.
       
       Neidorf und die dritte Mitstreiterin, Lara Mandelbrot, haben sich in Berlin
       kennengelernt, verwurzelt ist hier allerdings keine von ihnen. Aus den USA,
       Rumänien und Israel sind die drei Frauen gekommen, denen die Leidenschaft
       zum Horrorgenre gemeinsam ist, obschon in unterschiedlicher Gestalt. So
       interessiert sich Sara Neidorf vor allem für Filme mit satanischen Kulten
       und Hexen oder für solche, in denen Joan Crawford, Shelly DuVall oder Ruth
       Gordon mitspielen. Letztere war es übrigens, die Mia Farrow in Polanskis
       „Rosemary’s Baby“ die verhängnisvolle Mousse au Chocolat bereitete.
       
       ## Schlaflos seit „Poltergeist“
       
       Lara Mandelbrot behauptet derweil, sie hätte kein Auge mehr zugetan,
       seitdem sie mit sechs Jahren „Poltergeist“ von Tobe Hooper gesehen hat. Die
       lange Schlaflosigkeit konnte sie aber dafür aufwenden, sich mit Fleisch
       verzehrenden Kreaturen und jeglichen Spielformen des Body Horror
       auseinanderzusetzen. Und Elinor Lewy arbeitet gerade an ihrem ersten
       Dokumentarfilm mit dem aussagekräftigen Titel „The Everyday Schizophrenic“.
       
       Das ist keine schlechte Zusammenstellung von Kompetenzen für ein
       Horrorfilmfestival, zumal Neidorf bereits ein monatliches queeres
       Filmscreening mit gestaltet, das auch Filme wie Lambert Hillyers „Dracula’s
       Daughter“ (1936) präsentiert. Final Girls weiß aber um noch größere Mächte
       im Hintergrund, denn der Februar gilt seit acht Jahren als „Women in Horror
       Month“.
       
       Über Japan (Scream Queen Film Fest Tokyo) und Australien (die Melbourne
       Horror Film Society zeigt „Ich seh, Ich seh“ von Veronika Franz und Severin
       Fiala) bis nach Serbien (Gothics and Cybernetics Art Happening in Leskovac)
       erstrecken sich die Veranstaltungen. Und auch Final Girls Berlin will noch
       binnen dieses Jahres nachlegen.
       
       Davor wird aber erst mal weiter gebügelt – an den ansehnlichen
       Festival-T-Shirts mit Aufdruck.
       
       Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg
       immer Donnerstags in der Printausgabe der taz
       
       22 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Carolin Weidner
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Horrorfilm
 (DIR) Frauen im Film
 (DIR) Science-Fiction
       
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