# taz.de -- Kolumne Air de Paris: Pliér mit Emmanuel
       
       > Beim Ballettunterricht in Paris gehen Gerüchte über den jungen,
       > erfolgreichen und gut aussehenden Präsidentschaftskandidaten Macron um.
       
 (IMG) Bild: Präsidentschaftskandidat Macron: Führt er nun ein Doppelleben oder nicht?
       
       Neulich in meinem Barre-au-sol-Kurs, einer sehr pariserischen Bodenvariante
       des Balletts, ging es, wie neuerdings immer und überall, um Politik. Und
       wie neuerdings immer und überall ging es um Emmanuel Macron. „Ich finde ihn
       ja wirklich formidable“, sagte die Lehrerin und sah uns etwas angewidert
       dabei zu, wie wir uns, das Gesicht gegen den PVC gepresst, an einer
       arabesque abmühten. „Besonders toll ist seine Frau“, fuhr sie fort,
       „zwanzig Jahre älter als er! Wie modern, wie mutig, findet ihr nicht?“ Man
       sah, wenn man den Kopf kurz hob, wie sie verschmitzt in sich reinlächelte.
       
       Wir, die zehn Frauen am Boden, fanden gar nichts, weil man nicht so viel
       findet, wenn man ein Dutzend pliés hinter sich und mindestens genau so
       viele ronds de jambe vor sich hat. Wir schnauften und schwiegen.
       
       Mademoiselle Stevovich träumte weiter, bis die Dame vor mir stöhnte: „Das
       ist doch alles eine Farce!“ Ob wir es denn nicht wüssten: Macron und
       Brigitte, die große Lovestory, die uns seit Monaten von Paris Match und VSD
       Covers als Symbol eines postmachistischen, modernen Landes verkauft wird,
       sei reine Fassade. „Es weiß doch jeder, dass er schwul ist“, sagte sie und
       fügte hinzu, „er ist mit einem Freund eines Freundes von mir zusammen.“
       
       ## Es gehen Gerüchte um
       
       Ich hatte vor ein paar Monaten schon gehört, es gehe das Gerücht herum, er
       sei mit Mathieu Gallet, dem Generaldirektor von Radio France zusammen. Das
       erzählte ein Bekannter, zufällig auch er ein Freund von Brigitte Macron. Er
       habe sie danach gefragt, sagte er, sie habe es verneint, und damit war das
       Thema vom Tisch. Dachte ich. Bis zu den Zeitungen der vergangenen Woche.
       
       Während sich Fillon um Kopf und Kragen redet, hat sich Emmanuel Macron vor
       ein paar Tagen hingestellt und den Tuschlern geantwortet: „Wenn Sie hören,
       ich würde ein Doppelleben führen, dann muss mir mein Hologramm entwischt
       sein“, sagte er lachend (er spielte auf Jean-Luc Mélanchon an, der auf
       seinem letzten Meeting als Hologramm zeitgleich in Paris und Lyon
       erschien).
       
       Und dann sprach Macron von Brigitte, weil Macron ohne Brigitte gar nicht
       mehr denkbar ist, und meinte, diese Gerüchte seien für sie sehr unangenehm,
       vor allem frage sie sich aber, wie er dieses Doppelleben physisch
       hinbekomme, sie seien schließlich Tag und Nacht zusammen: „Nur habe ich sie
       glücklicherweise nie dafür bezahlt“, schloss er mit dem zweiten Seitenhieb
       des Tages, diesmal auf François Fillon.
       
       ## Le Pen bleibt unbehelligt
       
       Damit ist die Frage hoffentlich geklärt. Und das Niveau des Restwahlkampfs
       ist gesetzt: Ab jetzt werden alle dreckigen Schubladen ausgekratzt. Comme
       c’est chic! Mal abgesehen davon, dass dieses Gerücht suggerierte, dass die
       Liebe eines jungen, erfolgreichen, gut aussehenden Mannes zu einer älteren
       (sehr coolen) Frau einen geschäftlichen Hintergrund haben muss, ist das
       Beunruhigende an der Sache, dass die Einzige, die von derlei affektiver
       Effekthascherei profitiert, Marine Le Pen ist. Die wiederum sitzt
       unbehelligt in Talkshows und wirkt, frei von Vorwürfen, einer „gay lobby“
       oder einer „Bankenlobby“ anzugehören oder seiner Frau zuzuspielen, wie der
       letzte gerade Pfeiler der Nation. Wie schön!
       
       Nur gut, dass, wer auch immer das Gerücht gestreut hat, Frankreich
       offensichtlich nicht gut kennt. Doppelleben im Élysée-Palast gehören zur
       Tradition, ein umtriebiges Liebesleben befeuert die Fantasien. Wenn Julian
       Assange also kürzlich in einer russischen Zeitung verkündete, er habe
       „interessante Informationen über Emmanuel Macron“, hat er nichts
       verstanden: Die Info reicht höchstens für Gossip in einem Ballettkurs. Für
       mehr nicht.
       
       17 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annabelle Hirsch
       
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