# taz.de -- Nach Mord an sechs Mitarbeitern: Rotes Kreuz stoppt Afghanistanhilfe
       
       > Nach einem tödlichen Angriff auf Mitarbeiter des Roten Kreuzes hat die
       > Organisation ihre Arbeit vorübergehend gestoppt. Zwei bleiben
       > verschwunden.
       
 (IMG) Bild: Die Beerdigung eines Mitarbeiters des Roten Kreuzes am Donnerstag in Mazar-i-Sharif, Afghanistan
       
       Berlin taz | Das Rote Kreuz hat seine Arbeit in Afghanistan am Donnerstag
       bis auf Weiteres gestoppt. Dies erklärte der Sprecher des Internationalen
       Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Kabul, Thomas Glass, der taz. Damit
       reagiert das IKRK auf den Mord an sechs einheimischen
       Rote-Kreuz-Mitarbeitern am Vortag in der nördlichen Provinz Dschuzdschan.
       Von zwei weiteren Mitarbeitern fehlt trotz intensiver Suche weiterhin jede
       Spur.
       
       „Unsere Priorität ist es, die beide Vermissten zu finden. Und dann müssen
       wir schauen, was dieser Angriff für uns bedeutet“, sagte Glass. Das Rote
       Kreuz sei seit 30 Jahren ununterbrochen im Land und wolle die Afghanen
       nicht allein lassen. „Aber Hilfe können wir nicht auf Kosten unserer
       Mitarbeiter leisten“.
       
       Laut Glass würde die Arbeit in sieben orthopädischen Zentren aber
       fortgesetzt, wo Kriegsversehrte mit Prothesen versorgt werden. Aber alle
       anderen Aktivitäten, insbesondere die Verteilung von Lebensmitteln und
       Hilfsgütern sowie Krankentransporte, würden sofort gestoppt. „Das ist für
       uns einer der schwerwiegendsten Zwischenfälle, die es je gab.“
       
       Am Mittwoch waren acht Rote-Kreuz-Mitarbeiter am frühen Nachmittag in drei
       Geländefahrzeugen außerhalb der Provinzhauptstadt Sheberghan unterwegs, um
       in der unter heftigem Schneefall leidenden Region Viehfutter an Bauern zu
       verteilen. In einem Dorf wurden sie dann von Unbekannten erschossen. „Dabei
       wurde nichts gestohlen“, sagte Glass. Über mögliche Motive und Täter könne
       das IKRK nichts sagen.
       
       ## Taliban distanzierten sich
       
       Bisher bekannte sich niemand zu der Tat. Der Polizeichef der Provinz an der
       Grenze zu Turkmenistan, Rahmatullah Turkistanie, vermutet Kämpfer der
       Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hinter dem Anschlag. Denn in der Gegend
       seien IS-Kämpfer aktiv. Die Taliban distanzierten sich in einer Erklärung
       von dem Anschlag. Sie würden alles tun, um die Täter zu finden.
       
       Nach Informationen des Afghanistan Analysts Network (AAN), einem
       unabhängigen Thinktank, herrscht ein usbekischer Kommandeur namens Qari
       Hekmat mit seiner regierungsfeindlichen Miliz in dem betroffenen Gebiet.
       Bei ihm handle es sich um einen Dissidenten der Taliban, der möglicherweise
       der radikalen Islamischen Bewegung Usbekistans nahestehe, die früher mit
       den Taliban verbündet war.
       
       Afghanistan ist weltweit der viertgrößte Einsatz des Roten Kreuzes, das
       dort mit rund 2.000 Mitarbeitern aktiv ist. Erst im Januar hatte das IKRK
       vor den immer größer werdenden Risiken für seiner Mitarbeiter gewarnt.
       
       Zuletzt war im Dezember ein spanischer Rotes-Kreuz-Mitarbeiter entführt
       worden, der von Masar-i-Scharif nach Kundus unterwegs war, als er von
       Bewaffneten gestoppt wurde. Drei einheimische Mitarbeiter waren dabei
       unbehelligt geblieben. Im Januar kam der Spanier frei, wobei die genauen
       Umstände unklar blieben. 2013 starb beim Angriff auf das IKRK-Büro in
       Dschalalabad ein Wächter.
       
       9 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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