# taz.de -- Grundeinkommen in Finnland: 560 Euro im Monat für lau
       
       > Kritik am Zwang: 2.000 Menschen müssen ab 1. Januar am Experiment eines
       > Grundeinkommens teilnehmen, ob sie wollen oder nicht.
       
 (IMG) Bild: Für eine feine finnische Sauna bleibt den Menschen mit bedingungslosen Grundeinkommen ja dann genügend Zeit
       
       Stockholm taz | In den kommenden Tagen erhalten 2.000 FinnInnen per Brief
       ein Angebot, das sie nicht ablehnen können. Sie sollen Versuchskaninchen
       sein. Nach dem Zufallsprinzip aus der Altersgruppe der 25- bis 58-jährigen
       Arbeitslosen ausgewählt, soll an ihnen die Wirkung des „Perustuloko“
       getestet werden, eines „bedingungslosen Grundeinkommens“.
       
       Anstelle ihres bisherigen Arbeitslosengelds werden sie aus der Staatskasse
       zwei Jahre lang 560 Euro im Monat erhalten. Steuerfrei und ohne
       Gegenleistung. Dieses Grundeinkommen wird ihnen auch dann weiter bezahlt,
       wenn sie sich in diesem Zeitraum nebenbei etwas dazuverdienen oder wieder
       ein festes Arbeitsverhältnis bekommen sollten.
       
       Die Idee eines „Grundeinkommens“ oder „Mitbürgerlohns“ war seit den 1980er
       Jahren ein regelmäßig wiederkehrendes Thema in Finnlands politischer
       Debatte. Ursprünglich wurde das Projekt initiiert von Grünen und Linken und
       da mit einer sozialen Perspektive – Stichwort: Befreiung von Armut und
       existenzieller Not.
       
       Im Laufe der Zeit gesellten sich auch immer mehr PolitikerInnen aus dem
       liberalen Lager zu den BefürworterInnen. Allerdings mit einer etwas anderen
       Agenda, die nun auch ausdrücklich hinter der Begründung des jetzigen
       Versuchs steht.
       
       ## „Falsche Anreize“
       
       Der rechtsliberalen Zentrumspartei von Ministerpräsident Juha Sipilä, die
       im vergangenen Jahr mit dem Versprechen eines Pilotversuchs für ein
       Grundeinkommen in den Wahlkampf gezogen war, geht es neben dem Wunsch nach
       einem möglichen Abbau von Bürokratie nämlich vor allem um das Beseitigen
       „falscher Anreize“ des finnischen Sozialsystems.
       
       Das „belohne“ angeblich zu wenig das Bemühen, eine Arbeit anzunehmen, weil
       bei Niedriglohnjobs das Arbeitseinkommen nur wenig über dem
       Sozialleistungsniveau liege. Viele Arbeitslose würden daher bewusst das
       Verbleiben in der Arbeitslosigkeit vorziehen.
       
       Mit dem jetzigen Versuch möchte man in erster Linie herausfinden, ob ein
       Grundeinkommen einen positiven Beschäftigungseffekt hat. Konkret, ob die
       Versuchspersonen in höherem oder geringerem Maße eine neue Anstellung
       erhalten, wie eine gleichgroße, ebenfalls zufällig ausgewählte
       Kontrollgruppe, die weiterhin das übliche Arbeitslosengeld bezieht.
       
       ## Mogelpackung oder nicht
       
       Eine Grundeinkommen-Mogelpackung sei das, lautet die Kritik von Linken und
       Grünen, die dem Modell bei der Abstimmung im Reichstag Mitte Dezember auch
       ihre Zustimmung verweigerten. Der Ansatz diene eher dazu, diese Idee zu
       begraben, trage den Keim zu einem weiteren Sozialabbau in sich, schaffe
       allenfalls die Möglichkeit, den bereits großen Niedriglohnsektor weiter
       auszubauen, und drohe die Tarifautonomie und die Stellung der
       Gewerkschaften zu schwächen.
       
       Auch Professor Olli Kangas von der Sozialversicherungsbehörde Kela, die das
       Versuchsmodell entwickelte, ist unzufrieden: Ein derartiges Experiment
       brauche mehr Zeit, müsse ein Vielfaches der jetzigen Personengruppe
       umfassen und dürfe nicht allein auf Arbeitslose beschränkt werden. So wie
       er angelegt sei, bestehe eine große Gefahr, dass der Versuch scheitere oder
       ohne aussagekräftiges Ergebnis ende: „Wer nur für ein Moped bezahlt,
       bekommt eben keinen Mercedes.“
       
       Auch in Staaten wie Deutschland oder den Niederlanden wird über die
       Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens debattiert. Eine
       Volksabstimmung über diese Frage gab es bislang nur in der Schweiz. Dort
       haben am 5. Juni 2016 deutliche 78 Prozent der Abstimmenden gegen die
       Einführung des Grundeinkommens votiert.
       
       30 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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