# taz.de -- Die Wahrheit: Blockbildung im Lager der Toten
       
       > Die britische Seite deathlist.net verzeichnet jene Prominenten, die
       > vielleicht im Laufe eines Jahres sterben – mit durchwachsener
       > Trefferquote.
       
 (IMG) Bild: Einziger Deutscher auf der Liste und einer der Spitzenkandidaten für 2018: Zweitpapst Benedikt XVI.
       
       Zuletzt hatte es George Michael erwischt, für den Weihnachten 2016 das
       „last christmas“ wurde. Lebensbegleitend ist dem Menschen die Bängnis um
       das eigene Ableben, die sich erst am Tag des Abgelebthabens legt. Trost
       gibt die wunderbare englische Seite deathlist.net. Sie zeigt einen
       angemessen frischen Umgang mit dem Thema Tod.
       
       Seit dreißig Jahren legt ein Gremium zum Jahreswechsel fünfzig Prominente
       fest, die mutmaßlich sterben werden („on today, gone tomorrow“). 2015 wurde
       der Rekord von vierzehn Treffern egalisiert. 2016 gab es erst zehn Treffer
       – wie Nancy Reagan, João Havelange, Muhammad Ali oder Fidel Castro („better
       dead than red“), zuletzt Zsa Zsa Gabor. Ihren Nominierungen trotzten Jimmy
       Carter, Henry Kissinger, Billy Graham, Desmond Tutu. Kirk Douglas steht
       schon zum 14. Mal auf der Liste und ist stattdessen 100 geworden.
       
       Man muss wohl Brite sein, um derart bängnisfrei Sterbebegleiter zu sein.
       Das tröstet uns normalsterbliche Festlandmenschen, erst recht, wenn man
       statistisch in das letzte Lebensdrittel eingebogen ist. Da betrifft die
       Zeit der Jahresbilanzen auch mehr und mehr die Frage, ob noch alle da sind,
       mit denen man das Jahr begonnen hat. Persönliche Antwort: ja. Anders als
       2015 ist niemand aus dem näheren Freundeskreis gestorben. Aber es gab im
       Oktober einen ganz scheußlichen Samstag. Beim zufälligen Blick auf die
       Todesanzeigen der Lokalzeitung tauchten gleich drei Namen auf einen Streich
       auf: der Vater eines Schulfreundes meines Sohnes und jeweils ein Elternteil
       von Bekannten.
       
       Im Prominentensektor sieht die Bilanz erheblich schlimmer aus. 2016
       scheinen nur die Guten gegangen zu sein. Und man fragt sich, welche
       verachtenswerte Strategie das Sensenmannbusiness verfolgt? Keith Emerson
       und Greg Lake, geliebte Jugendstars – tot. Dann: Roger Willemsen. Rupert
       Neudeck. Ilse Aichinger (Thema meiner Abi-Deutscharbeit). Dann: Prince.
       David Bowie. Roger Cicero. Bei Leonard Cohen darf jeder Mann überlegen, wie
       viele Herzen ehemals Angebeteter jetzt wohl bitterlich weinen!
       
       Wolfram Siebeck hat ausgekocht, Rudi Altig ausgeradelt und der große Ali
       ausgeboxt. Gibt es eigentlich noch genügend Schauspieler? Gene Wilder gone,
       auch Bud Spencer, Manfred Krug, Maja Maranow, Peter Lustig, Uwe
       Friedrichsen und Robert Vaughn.
       
       Besonderer Schreck eines morgens, Eilmeldung: „Götz George tot“ –
       „Scheiße!“, hab ich passenderweise gerufen. Vor fünf Jahren traf ich George
       zum Interview am „Schimanski“-Set. Und ich hatte gedacht: So unfassbar
       vital, wie dieser 72-Jährige ist, der wird locker 100 oder 200. Und wenn
       er, wie beim ersten Duisburg-„Tatort“, noch mal rohe Eier essen muss,
       schlürft er sie notfalls mit Grandezza aus der Schnabeltasse. Die Frage
       fand er übrigens unverschämt und hat gleich röhrend gelacht.
       
       Übrigens: Prinz Philip, altbewährter Kandidat auf der Deathlist, bleibt.
       Die Queen aber, sie taucht bei den Nominierten nie auf, eisern. Da hat auch
       der Britenhumor seine Grenzen.
       
       27 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Müllender
       
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