# taz.de -- Dichter*innen mit Lernschwierigkeiten: Literaturkreis ganz klein
       
       > Seit zehn Jahren gibt es den „Ohrenschmaus“-Preis für Autor*innen mit
       > einer Lernschwäche. Die eingereichten literarischen Texte sind oft
       > wunderbar.
       
 (IMG) Bild: Einer der glücklichen „Ohrenschmaus“-Preisträger: Viktor Noworski mit „A Brennhassa Summa“
       
       „Klebt der Bauer an der Mauer war der Stier wohl richtig sauer“, schreibt
       Julia Jirak im Jahr 2014.
       
       Eingereicht hat sie ihre Texte zum Literaturpreis „Ohrenschmaus“, der erst
       vor Kurzem sein zehnjähriges Jubiläum feierte. Seither wurden mehr als
       1.500 Texte eingereicht. Das Besondere daran: Die Autor*innen sind Menschen
       mit Lernschwierigkeiten – früher kognitive Behinderung. Mit 150
       eingereichten und zum Teil sehr unterschiedlichen Texten fand die
       diesjährige Preisverleihung im November im Wiener Museumsquartier statt.
       
       Bewertet werden die eingereichten literarische Texte von einer prominent
       besetzten Jury: Felix Mitterer hat die Schirmherrschaft übernommen, auch
       Franzobel macht sich für den Ohrenschmaus stark, ebenso wie die
       Kulturjournalistin Barbara Rett und Schriftsteller*innen Eva Jancak, Heinz
       Janisch und Ludwig Laher.
       
       Initiiert hat den Ohrenschmaus der österreichische Parlamentarier
       Franz-Joseph Huainigg, selbst Autor mehrerer Bücher, Behinderten- und
       EZA-Sprecher seiner Partei im österreichischen Parlament und nach wie vor
       engagierter Aktivist.
       
       Er erzählt, wie es zur Gründung des Ohrenschmauses kam: „Vor 15 Jahren
       wurde ich als Autor eingeladen, eine Schreibwerkstatt für Menschen mit
       Lernbehinderungen zu gestalten. Ich gebe zu, dass ich Ängste und Vorurteile
       hatte: Können an einem Vormittag in so einer integrativen Schreibwerkstatt
       wirklich gute Texte gelingen? Wie groß ist die Selbstreflexion der
       Teilnehmenden? […] Zu meiner Überraschung begannen alle ohne großes
       Nachdenken Gedichte zu formulieren. Es entstanden für mich überraschend
       wunderbare Texte. Faszinierend sind die Wortschöpfungen, die eine andere
       und neue Sichtweise auf die Welt charakterisieren.“
       
       ## Kein Mitleidsbonus
       
       Huainigg meint weiter: „Wenn Menschen mit (Lern-)Behinderung schreiben,
       wird das oft als Therapie oder Sozialprojekt kategorisiert, selten als
       Literatur oder Kunst. Die Texte, die jährlich eingereicht werden, beweisen
       eindrücklich, dass ein Umdenken geboten ist. Der von mir sehr geschätzte
       österreichische Schriftsteller Felix Mitterer, der den Ehrenschutz des
       Literaturpreises übernommen hat, meint dazu schlichtweg: ‚Kein
       Mitleidsbonus. Einfach Literatur.‘ “
       
       Schirmherr Felix Mitterer zum Jubiläum: „Franz-Joseph Huainigg hat 2007 den
       Literaturwettbewerb ,Ohrenschmaus' für Menschen mit (oh je, wie kommt mir
       das schwer über die Tastatur!) Lernschwierigkeiten, Lernbehinderungen –
       oder wie immer man das benennen will, am liebsten gar nicht – gegründet.
       Und seither durften wir eine Fülle von Texten lesen, die uns auf eine Weise
       bereichern, die wir uns so nicht erwartet hätten. Als hätte man ein
       Füllhorn geöffnet, voll von literarischen Kostbarkeiten, die auf uns
       niederströmen.“
       
       „Zu zweit ist weniger allein“ ist der Titel eines im Verlag Bibliothek der
       Provinz erschienenen neuen Buchs mit ausgewählten Ohrenschmaus-Texten. „Zu
       zweit ist weniger allein“ ist auch der Titel eines Texts von Markus Engfer,
       der 2012 der Ohrenschmaus-Jury vorgelegt wurde und nun im neuen Sammelband
       enthalten ist.
       
       Unter den Preisträgern 2016 ist Viktor Noworski, der mit „A Brennhassa
       Summa“ eine originelle und witzige Geschichte vorgelegt hat, die in Wiener
       Dialekt mit englischen und jiddischen Einflüssen geschrieben ist.
       
       Neu ist, dass der Ohrenschmaus auch durch Crowdfunding Unterstützung sucht:
       Auf Startnext war es bis zum 15. November möglich, online zu spenden. Zweck
       des Ganzen: Der „Ohrenschmaus“ soll unter anderem internationalisiert
       werden und enger mit dem deutschen Eucrea Award zusammenarbeiten. Ob das
       gelingt, steht noch in den Sternen. Aber auch der große Erfolg des
       Literaturpreises Ohrenschmaus seit 2007 war ja überraschend.
       
       Die bisherigen Sponsoren sind durchaus prominent. Auch der
       Schokoladenmacher Zotter ist schon lange darunter. Jedes Jahr stellt er
       eine spezielle „Ohrenschmaus“-Edition seiner beliebten Bio-Schokoladen her.
       Mit Texten auf der Schleife.
       
       2 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karin Chladek
       
       ## TAGS
       
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