# taz.de -- Manipulationsvorwürfe bei AfD in NRW: Tricky Landesliste
       
       > Die AfD zeigt sich bei ihrer Landeswahlversammlung tief gespalten. Trotz
       > Vorwürfen wählt die rechtspopulistische Partei ihre Liste weiter.
       
 (IMG) Bild: War nach eigenen Aussagen gar nicht in der Chat-Gruppe: Marcus Pretzell
       
       RHEDA-WEIDENBRÜCK taz | Die Affäre um eine Chat-Gruppe, in der bei den
       letzten Wahlversammlungen der AfD Empfehlungen zum Wahlverhalten gegeben
       wurden, und fünf vernichtete Stimmzettel, beherrschten die Debatten bei der
       Landeswahlversammlung im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück. Schon am
       Freitag gab es ein Krisentreffen von 50 AfD-Funktionären in Essen. Bei
       diesem Treffen soll es zu hitzigen Debatten gekommen sein.
       
       Das Ergebnis war nach Erkenntnissen des Recherchebüros „Correctiv“ eine
       Liste der zu wählenden Kandidaten, die alle Gruppen in der Partei
       berücksichtigt. Dass es diese Liste gibt, wurde am Nachmittag offiziell
       bestätigt, dabei betonten Vorstandsmitglieder der rechtspopulistischen
       Partei, dass es sich lediglich um eine „Empfehlung“ gehandelt habe. Einige
       Parteimitglieder verließen daraufhin den Saal, sie hatten genug von
       Mauscheleien und Hinterzimmerpolitik. Trotz der Kritik wurde am Nachmittag
       gewählt.
       
       Den Wahlen ging eine mehrstündige Debatte über die Tricks bei den
       vorherigen Versammlungen voraus. 80 Delegierte hatten einen Antrag
       unterstützt, die alte Liste mit 22 Landtagskandidaten für ungültig zu
       erklären. Ein Vorhaben, das von vielen Anwesenden geteilt wurde. Vom
       Leitspruch der AfD – „Mut zur Wahrheit“ – war die Rede, der nicht erfüllt
       werde, wenn die in Zweifel gezogene Liste abgenickt wird.
       
       Marcus Pretzell, Lebensgefährte von AfD-Chefin Frauke Petry und Sprecher
       der Partei in Nordrhein-Westfalen, stellte sich gegen dieses Ansinnen. Die
       Absprachen in einer Chat-Gruppe bezeichnete er als „Schönheitsfehler“, die
       allerdings „juristisch unbedenklich“ seien. Für Pretzell sind die geheimen
       Absprachen sogar ein Zeichen der Demokratie in der Partei. In anderen
       Parteien, Pretzell nennt die CDU und die FDP, würden Wahllisten von oben
       vorgegeben. Das sei bei der AfD immerhin nicht so. Er betont außerdem,
       selbst nicht in der Chat-Gruppe gewesen zu sein. Diejenigen, die drin waren
       seien allerdings „Multiplikatoren“ in der Partei. Bei einer Neuwahl der
       Liste gäbe es, laut Pretzell, große Probleme.
       
       Ende März muss der vollständige Wahlvorschlag beim Landeswahlleiter
       vorliegen. Bei dem komplizierten Verfahren, mit dem die AfD ihre Kandidaten
       wählt, könne man unter Umständen keine Liste mehr zusammenstellen. Damit
       würde dann der „Selbstzerstörungsmechanismus“ der AfD in
       Nordrhein-Westfalen in Gang gesetzt, so Pretzell.
       
       Sein Rivale im AfD-Vorstand, Martin Renner, sprach von einem
       „Vernichtungskrieg“ den verschiedene Gruppen in der Partei gegeneinander
       führten. Die Wahlen der ersten 22 Listenplätze habe eine „Machtclique“
       beeinflusst. Trotzdem spricht sich Renner nicht dafür aus, die Liste für
       nichtig zu erklären. Man müsse allerdings nun zu einem „Kompromiss“ kommen,
       in dem die verschiedenen Strömungen vertreten sind.
       
       Für eine Anfechtung der Wahl wäre eine Zweidrittelmehrheit der Delegierten
       notwendig gewesen. Die Abstimmung blieb allerdings äußerst knapp und so
       bleibt es der mit Tricks und Mauscheleien gewählten Liste für den Landtag.
       Der Streit bei den Rechtspopulisten ist so nicht aufgehoben und wird unter
       der Decke weiter brodeln. Renate Zillesen, im Vorstand der AfD-NRW für
       Medienarbeit verantwortlich, hofft darauf, dass sich der Streit bis ins
       neue Jahr beruhigt. Mit einem „starken Wahlkampfteam“ könne man dann
       hoffentlich in den Landtag einziehen. Denn eins ist Zillessen klar: Die AfD
       profitiert derzeit von der Stimmung gegen die Bundesregierung und nicht
       unbedingt von eigenen Leistungen.
       
       Am Abend erschien auch Frauke Petry bei der Versammlung. Ein Statement
       wollte sie allerdings nicht abgeben.
       
       26 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Weiermann
       
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