# taz.de -- Machtpraxis des künftigen US-Präsidenten: Der Monarch
       
       > Die Amtsübernahme Donald Trumps gleicht einer höfischen Inszenierung. Das
       > ist irritierend – und unüblich für die USA.
       
 (IMG) Bild: Hat es gern prunkvoll und zeigt das auch: Donald Trump (mit dem japanischen Ministerpräsidenten Abe)
       
       Washington taz | Der Machtübergang ist in den Vereinigten Staaten stets
       eine Phase großer Symbolik. Mit dem friedlichen Wechsel von einem zum
       anderen Präsidenten huldigen die USA ihren demokratischen Idealen.
       
       Die momentan in der Installierung befindliche Regierung des neu gewählten
       Präsidenten spielt mit einer für den historisch sensiblen Betrachter
       auffälligen, ja irritierenden Symbolik. Die ersten Schritte des neuen
       Regenten und seines Übergangsteams sind geprägt von einem eklatant
       monarchisch-höfischen Stil, der zur republikanischen Idee Amerikas und dem
       Prinzip der Gewaltenteilung in einem offenen Gegensatz zu stehen scheint.
       
       Der Monarch, hoch oben im abgeschotteten Trump-Tower lebend, ist gern
       anwesend und abwesend, nahbar und unnahbar zugleich. Er empfängt
       Staatschefs und Weggefährten und streut entsprechende Fotos, um seine neue
       Macht zu unterstreichen. Ansonsten aber erlaubt er nur vereinzelt Einblick
       in die Vorgänge auf den oberen Etagen seines Domizils.
       
       Trump präsentiert sich, in seinen Verlautbarungen und Personalfragen als
       der abwartende Letztentscheider oder, um das Bild zu gebrauchen, das einer
       der besten Kenner von Trumps Biografie, Tony Schwarz, gegenüber
       Journalisten der Washington Post verwendet hat: nicht als der stets sein
       Zepter schwingende Regent, sondern als letztbewegender Strohhalm für den
       Drink im Cocktailglas: „Trump sees himself as the straw that stirs the
       drink.“
       
       ## Goldgerahmte Sessel
       
       Besonders auffällig ist, wie sich der zukünftige Präsident gern in
       monarchischer Pose inszeniert, so im [1][60-minütigen Interview des
       Nachrichtensenders CBS] am vergangenen Sonntag, in dem er sich der
       Interviewerin umgeben von Mitgliedern seiner Familie, einschließlich seines
       Schwiegersohns Jared Kushner, in den goldgerahmten Sesseln eines
       Prachtraums in seiner New Yorker Residenz im sogenannten Trump Tower
       stellte. Von hier aus führt er zur Zeit in beispielloser Weise sichtbar und
       unsichtbar zugleich die Übergangsgeschäfte.
       
       Auch bei seinem ersten Treffen mit einem ausländischen Staatschef, dem
       japanischen Premier Shinzo Abe, am 17. 11. war er gerahmt von zwei
       Mitgliedern seiner Familie, der Tochter Ivanka Trump und dem Schwiegersohn
       Jared Kushner.
       
       Der monarchische Stil kommt freilich ebenso in den Kabalen zum Ausdruck,
       die die Installierung des neuen Regiments begleiten, in denen bisherige
       Lieblinge wie der Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, plötzlich
       abserviert werden.
       
       Es kommt einem fast so vor, als ob Szenen der höfischen Gesellschaft zur
       Zeit Königs Ludwigs des XIV. ihre späte Reprise erfahren. Angesichts des
       hier sichtbar werdenden neu-alten Stils von Machtrepräsentation und
       Machtpraxis fällt einem auch ein Satz des amerikanischen Ethnologen
       Clifford Geertz aus seinem Buch „Negara. The Theatre State in 19th Century
       Bali“ ein, einer Untersuchung über die Priorität des organisierten
       Spektakels als politische Legitimationsgrundlage in Bali. „Power served
       pomp, not pomp power“, schrieb Geertz.
       
       Es fragt sich freilich aus einer zukunftsgerichteten Perspektive, inwiefern
       künftig nicht auch die Umkehrung diese Satzes gelten könnte, in der
       Weiterentfaltung eines neueren Stils höfischer Machtrepräsentation, und es
       dann heißen müsste: „Pomp serves power and not power pomp“.
       
       Könnte das Weiße Haus vielleicht zu klein werden, wenn Donald Trump, wie
       bereits angekündigt, viel Zeit in seinen Nebenresidenzen in Florida und in
       seinem splendiden Trump Tower in New York verbringt? Mit den großen
       Ballveranstaltungen, die er in Aussicht gestellt hat, statt seine
       Wochenenden im relativ bescheidenen Präsidenten-Retreat Camp David in
       Pennsylvania zuzubringen? Auf die Weiterentwicklung des Machtstils und der
       Machtpraxis Trumps können wir jedenfalls als europäische „Republikaner“
       skeptisch gespannt sein.
       
       ## Eigener Stil auch beim Trauern
       
       Auch die Trauerverarbeitung in der gegenwärtigen Übergangsperiode hat ihre
       Symbolik und ihren eigenen Stil. Beispiel dafür ist ein Wohnhaus im
       zentrumsnahen Washingtoner Viertel in der Nähe des Dupont Circle Mitte
       November 2016 eine Woche nach den Wahlen: Die Hillary-Clinton-Poster, die
       das Haus außen wie in den Fenstern seit August auffällig zierten, haben
       einer anderen Dekoration Platz gemacht.
       
       Nur im obersten Fenster findet sich eine kleine Notiz mit der Anspielung
       „We are with her“, die auf die weiterdauernde Anhänglichkeit der
       Hausbewohner an Hillary Clinton verweist. Um den Hauseingang ist ein
       schwarzer Trauerflor drapiert. Ein buntes Poster mit der Aufschrift „Disarm
       Hate“ ist eine zukunftsgerichtete Anspielung auf Trump und die
       Hassaufladung seiner Kampagne gegen Hillary Clinton.
       
       Unmittelbar darunter reckt sich dem Passanten das trotzige Abbild der
       Freiheitsstatue entgegen. In Fenster darunter schließlich ein Poster „Love
       Trumps Hate“. Es nimmt ein Motiv der alternativen
       Flower-Power-Protestbewegung der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts
       auf „Make Love, not War“ und versucht es – etwas resignativ – in eine
       Hoffnung für die politische Zukunft zu wenden.
       
       Dies ist nur eines der vielen Zeichen von politischer Trauer und Protest,
       die in Washington zurzeit weit verbreitet sind. Der Protest wird
       wahrscheinlich vorläufig bleiben, aber zumindest bis zum 19. Dezember
       dauern, wenn der gegenwärtige President Elect Trump vom Gremium der
       Wahlmänner und -frauen endgültig gewählt werden wird.
       
       Der Artikel wurde gekürzt.
       
       21 Nov 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=w5p7LZ0U6GE
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hans Medick
       
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