# taz.de -- Kommentar TV-Duell Trump gegen Clinton: Verlieren unmöglich
       
       > Hillary Clinton konnte nur gewinnen, auch wenn Trump sich besser schlug
       > als das letzte Mal. Und sie sprach ihm ein sehr subtiles Lob aus – das
       > keines war.
       
 (IMG) Bild: Hillary Clinton während der Debatte
       
       Berlin taz | Martha Raddatz und Anderson Cooper, das Moderatorenteam der
       zweiten Debatte um die US-Präsidentschaft, waren um ihren Job nicht zu
       beneiden. Auf der einen Seite Donald Trump, einen pathologischen Lügner und
       aggressiv-inkompetenten Narzissten so weit zu domestizieren, dass noch ein
       wenig Zeit bliebe. Auf der anderen Seite Hillary Clinton, deren Wahlsieg
       praktisch unausweichlich scheint, hart nach ihrem politischen Programm zu
       befragen und Licht auch auf die Schattenseiten der wahrscheinlichen
       nächsten Präsidentin der USA zu werfen.
       
       Die Ausgangsvoraussetzungen für diese Aufgabe waren denkbar schlecht, hatte
       Trump mit einer überraschenden Pressekonferenz kurz vor der Debatte die
       Idee einer politischen Diskussion noch einmal ad absurdum geführt. Nachdem
       ein am Freitag öffentlich gewordenes Video den republikanischen Nominierten
       für die Präsidentschaft in Bedrängnis brachte, da er darin mit
       offensichtlichem Stolz sexuelle Übergriffe schilderte, glaubte er nun, den
       Ehemann seiner Konkurrentin mit ähnlichen Vorhaltungen konfrontieren zu
       müssen.
       
       Drei Frauen, die schon in der Vergangenheit schwere Vorwürfe sexueller
       Gewalt gegen den früheren Präsidenten Bill Clinton erhoben hatten,
       erklärten auf der Pressekonferenz ihre Unterstützung für Trump. Genauso wie
       eine Frau, die als Kind vergewaltigt worden war – Hillary Clinton hatte den
       Täter als Anwältin vertreten. Alle vier Frauen wurden von Trumps Team
       anschließend als Gäste bei der Debatte platziert. Dass das
       Aufeinandertreffen der Nominierten ohne Handschlag zwischen Clinton und
       Trump begann, wirkte nur folgerichtig.
       
       Raddatz und Cooper taten ihr bestes, die Debatte auch jenseits von
       Charakterfragen zu führen, mussten jedoch über weite Strecken an diesem
       Anspruch scheitern. Die Fallhöhe zwischen Clinton und Trump ist einfach zu
       groß. Das erratische Gebrabbel Trumps wenn es um Fragen internationaler
       Konflikte, Wirtschaftspolitik, Geschichte oder Wissenschaft kommt, lässt
       Clinton kaum eine Wahl, als um Lichtjahre kompetenter zu wirken – kritische
       Nachfragen in ihre Richtung können dieses Bild kaum erschüttern.
       
       ## Lügen und Übertreibungen
       
       Sicher wird es Trump bei seiner Basis nicht schaden, dass er während der
       Debatte Partei für Putin und Assad ergriff, dass er den Iran-Atom-Deal
       falsch darstellte, dass er praktisch eingestanden hat, massive
       Steuervermeidung zu betreiben, dass er sich von den außenpolitischen
       Ansichten seines Vizes distanzierte – unentschiedene WählerInnen werden so
       jedoch nicht gewonnen. Erste Meinungsumfragen nach der Debatte zeigen denn
       auch einen deutlichen Vorsprung für Clinton in der Frage, wer den
       Schlagabtausch gewonnen habe.
       
       Die Erwartung jedoch, dass Hillary Clinton ihren Widersacher endgültig in
       die Knie zwingen und mit nur wenigen Ködern soweit aus der Reserve locken
       würde, dass auch jene Offiziellen der Republikaner sich von Trump abwenden
       müssten, die ihm bisher ambivalent gegenüber stehen oder noch immer
       unterstützen, wurde trotzdem enttäuscht.
       
       Die Attacke gegen ihren Mann wehrte sie ab, ohne direkt darauf einzugehen.
       Die Drohung, dass Trump sie als Präsident hinter Gitter bringen würde, ließ
       sie kalt. Der Eindruck verfestigte sich, dass nicht nur Trump vor allem zu
       seiner Basis sprach. Auch Clinton schien sich über weite Strecken vor allem
       der bereits gewonnenen Wählerschaft rückversichern zu wollen.
       
       ## An Trump gekettet
       
       In den sich an die Debatte anschließenden Runden politischer Berater und
       Kommentatoren des US-Fernsehens kam man gemeinhin zu dem Schluss, dass
       Trump sich trotz allem besser als erwartet geschlagen habe und Clinton
       überraschend zurückhaltend gewesen sei. Dass aber eine gerade eben
       akzeptable Performance ihres Nominierten es der republikanischen Führung
       schwerer machen dürfte, sich endgültig von Trump abzusetzen, kann den
       Demokraten, die in knappen Rennen um Senatssitze stehen, nur nützen. Ihre
       republikanischen Gegner sind auf Gedeih und Verderb an Trump gekettet und
       gehen im Zweifelsfall mit ihm unter. Insofern hätte Clinton die Debatte
       sogar als Verliererin gewonnen.
       
       Nur, wie hätte sie verlieren sollen? Die letzte Frage der Debatte kam aus
       dem Publikum und war an beide Nominierte gerichtet. Eine Sache sollten sie
       benennen, die sie an ihrem Gegenüber respektieren würden. Während Trump,
       der über Wochen Zweifel geäußert hatte, ob Clinton auch nur körperlich in
       der Lage sei, die schweren Anforderungen als Präsidentin auszuhalten,
       bizarrerweise jetzt ihr Durchhaltevermögen lobte, beschränkte sich Clintons
       Antwort darauf, Trumps Kinder und damit ihn als Vater zu loben.
       
       Donald Trump nicht als Geschäftsmann, nicht als Politiker, nein, als
       Familienvater zu zeichnen, war als Demütigung so subtil, dass Trump die
       Rollenumkehr nicht einmal zu bemerken schien. Clintons Wählerinnen, die die
       Erfahrung nur zu gut kennen dürften, nie für ihre berufliche Kompetenz,
       sondern eher für ihr Aussehen, ihre Kochkünste und ihre Mutterschaft gelobt
       zu werden, werden den Wink mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben, wohl
       wissend, dass dieses Mal die Frau gegen den unfähigen Idioten gewinnen
       wird.
       
       10 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniél Kretschmar
       
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