# taz.de -- Kampf um die syrische Metropole Aleppo: Heftige Luftangriffe gehen weiter
       
       > Am Sonntag gehen die heftigen Bombardements auf Aleppo weiter. Der Westen
       > appelliert an Russland, die syrischen Rebellen halten Verhandlungen für
       > sinnlos.
       
 (IMG) Bild: Kurz ist es still in der Hölle. Ein Ende des Kampfs um Aleppo ist allerdings nicht in Sicht
       
       Damaskus/Beirut dpa/ap | Angesichts der erneuten heftigen Kämpfe um Aleppo
       hat ein breit aufgestelltes Bündnis syrischer Rebellen internationale
       Friedensverhandlungen als sinnlos bezeichnet. „Verhandlungen unter den
       derzeitigen Umständen sind bedeutungslos und nicht länger nützlich“, teilte
       die Koalition aus 33 verschiedenen Rebellengruppen am Sonntag mit, während
       der UN-Sicherheitsrat in New York zu einer Dringlichkeitssitzung
       zusammenkommen wollte. Im Norden von Aleppo eroberten die Rebellen ein tags
       zuvor an die Regierungstruppen verlorenes Gebiet zurück.
       
       Das Rebellenbündnis rief die Regierungstruppen und mit ihnen verbündete
       russische Kräfte auf, Luftangriffe zu stoppen und Belagerungen von Gebieten
       in Oppositionshand aufzuheben. Nach UN-Schätzungen sind rund 600 000 Syrer
       von verschiedenen Belagerungsringen eingeschlossen.
       
       Die Koalition bezeichnete Russland als „Partner des Regimes bei den
       Straftaten gegen unser Volk“. Man werde nicht akzeptieren, dass Moskau bei
       Verhandlungen den Vermittler spiele. Unterschrieben war die Erklärung von
       einigen der größten syrischen Rebellengruppen.
       
       Die Regierungstruppen setzten ihr Bombardement auf das nordsyrische Aleppo
       fort. Es wird vermutet, dass sie dabei von russischen Luftangriffen
       unterstützt werden. Rebellen beschossen währenddessen Majsaf, eine
       Regierungshochburg nahe der Stadt Hama, wie die Syrische Beobachtungsstelle
       für Menschenrechte mitteile.
       
       ## 213 Zivilisten getötet
       
       Der oppositionsnahen Beobachtungsstelle zufolge besetzten Rebellen in der
       Nacht zum Sonntag das weitgehend unbewohnte palästinensische
       Flüchtlingslager Handarat. Regierungstruppen hatten es erst am Vortag
       eingenommen. Die Gegend liegt nahe einer wichtigen Nachschubroute in die
       belagerten und von Rebellen gehaltenen Teile der Stadt. Hier leben rund 250
       000 Menschen.
       
       Seit dem Auslaufen der Waffenruhe vergangenen Montag kamen durch
       Luftangriffe und Beschuss auf von den Rebellen gehaltene Gebiete in und um
       Aleppo nach Angaben der Beobachtungsstelle 213 Zivilisten ums Leben. Dass
       die Feuerpause wiederbelebt wird, gilt zurzeit als fraglich.
       
       Das Dringlichkeitstreffen des UN-Sicherheitsrats war von den Vetomächten
       USA, Großbritannien und Frankreich einberufen worden. Zuvor hatte
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärt, er sei wegen der militärischen
       Eskalation in Aleppo entsetzt. Der Samstag sei „ein schwarzer Tag für das
       globale Bekenntnis zum Schutz von Zivilisten“ gewesen.
       
       Einwohner beschrieben die jüngsten Luftangriffe als die schlimmsten seit
       der Eroberung von Teilen der Stadt durch die Rebellen im Jahr 2012. Nach
       Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden 52
       Menschen getötet. Die sogenannten Lokalen Koordinationskomitees sprachen
       von 49 Getöteten allein am Samstag.
       
       ## Syrische Opposition fordert militärisches Eingreifen der USA
       
       Das Oberhaupt des Hohen Verhandlungskomitees der syrischen Opposition, Riad
       Hidschab, forderte die Internationale Gemeinschaft zum Schutz des syrischen
       Volkes und zur Sicherstellung von Hilfslieferungen auf. Die USA müssten
       auch militärisch in Aktion treten. Es bringe nichts, mit Mördern und
       Terroristen zusammenzuarbeiten. Die Syrische Nationalkoalition, eine andere
       Oppositionsgruppe, nannte die Angriffe ein irres Verbrechen der syrischen
       Regierung und ihrer Schutzmacht Russland. Moskau verfügt über ein
       Veto-Recht gegen jeden Beschluss im UN-Sicherheitsrat.
       
       Kampfjets hatten am Sonntagmorgen laut Aktivisten den vierten Tag in Folge
       noch mehrere Rebellenbezirke in der früheren Handelsmetropole bombardiert.
       Zudem seien zwei Dörfer südlich der Großstadt beschossen worden. Nach dem
       vorläufigen Stopp der schweren Bombardements sagte ein Krankenpfleger der
       Deutschen Presse-Agentur am Sonntag, die Lage sei erstmals seit Tagen
       wieder etwas entspannter.
       
       ## Noch mindestens 250.000 Menschen harren aus
       
       Das syrische Regime hatte vor Wiederaufnahme der Luftangriffe am Donnerstag
       eine Bodenoffensive angekündigt, um die Stadt vollständig zurückzuerobern.
       Aleppo ist die letzte verbliebene Großstadt in Syrien, in der Rebellen noch
       Gebiete kontrollieren. Mindestens 250.000 Menschen harren im belagerten
       Ostteil der Stadt trotz widrigster Lebensumstände aus.
       
       Im Norden der umkämpften syrischen Stadt Aleppo haben die Rebellen ein tags
       zuvor an die Regierungstruppen verlorenes Gebiet zurückerobert. Die
       oppositionsnahe Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, die
       Rebellen hätten am frühen Sonntagmorgen das weitgehend unbewohnte
       palästinensische Flüchtlingslager Handarat besetzt. Die Gegend liegt nahe
       einer wichtigen Nachschubroute in die belagerten und von Rebellen
       gehaltenen Teile der Stadt. Hier leben rund 250 000 Menschen.
       
       Regierungstruppen hatten zuvor die Route eingenommen. Seit dem Auslaufen
       der Waffenruhe vergangenen Montag kamen durch Luftangriffe und Beschuss auf
       von den Rebellen gehaltene Gebiete in und um Aleppo nach Angaben der
       Beobachtungsstelle 213 Zivilisten ums Leben.
       
       ## Westliche Außenminister verlieren Geduld mit Russland
       
       Westliche Außenminister forderten indes von Russland ein Ende der
       eskalierenden Gewalt. Es liege an Moskau, die diplomatischen Bemühungen als
       mächtiger Verbündeter des Assad-Regimes zu retten. Die Stellungnahme der
       Außenminister der USA, Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens
       und der EU-Außenbeauftragten betonte: „Die Geduld mit Russlands andauernder
       Unfähigkeit oder Unwilligkeit, sich an seine Verpflichtungen zu halten, ist
       nicht unbegrenzt“.
       
       Die Ereignisse in Syrien, insbesondere in Aleppo, stünden im eklatanten
       Widerspruch zur russischen Behauptung, eine diplomatische Lösung in Syrien
       zu unterstützen.
       
       UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hatte sich zuvor „erschüttert über die
       schreckenerregende militärische Eskalation“ im Aleppo geäußert. Nach Worten
       seines Sprechers Stephane Dujarric sagte Ban am Samstag in New York, er sei
       alarmiert über Berichte von Luftangriffen mit Brandbomben und anderen
       Bomben, die selbst Bunker sprengen könnten. Aleppo sei der „anhaltendsten
       und schwersten Bombardierung“ seit Beginn der Syrienkrise 2011 ausgesetzt.
       
       ## Türkei spricht von Kriegsverbrechen durch Assad
       
       Die Türkei hat die schweren Luftangriffe auf Aleppo scharf verurteilt und
       dem syrischen Regime Kriegsverbrechen an der eigenen Bevölkerung
       vorgeworfen. Das türkische Außenministerium teilte am Sonntag mit, die
       Angriffe während der internationalen Bemühungen um eine Waffenruhe „zeigen
       ein weiteres Mal, dass das Regime und seine Unterstützer keine politische
       Lösung beabsichtigen“.
       
       Die Bombardements unter anderem auf Krankenhäuser „sind nicht nur
       Kriegsverbrechen, sondern auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Das
       Ministerium sprach von mehr als 300 getöteten Zivilisten bei den
       Bombardements in und um Aleppo in den vergangenen Tagen.
       
       25 Sep 2016
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Russland
 (DIR) Baschar al-Assad
 (DIR) Syrischer Bürgerkrieg
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Flugverbotszone
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Lesestück Meinung und Analyse
 (DIR) Russland
 (DIR) Flugverbotszone
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Krieg in Syrien: Bodenoffensive gegen Aleppo
       
       Die Regierungsarmee behauptet, erste Viertel im Osten der Stadt erobert zu
       haben. Die Versorgungslage ist katastrophal, die medizinische Hilfe gleich
       null.
       
 (DIR) Kommentar Krieg in Syrien: Her mit der Flugverbotszone
       
       Der Westen war viel zu lange untätig in Syrien. Baschar al-Assad will keine
       politische Lösung. Wer immer noch zuschaut, macht sich mitschuldig.
       
 (DIR) UN-Sicherheitsrat zu Syrien: Die anderen sind schuld
       
       Russland und der Westen machen sich gegenseitig für die Eskalation der
       Gewalt in Syrien verantwortlich. Derweil wird Aleppo weiter schwer
       bombardiert.
       
 (DIR) Essay Bürgerkrieg in Syrien: Warum Putin Assad fallenlassen sollte
       
       Ein geordneter Machtwechsel in Syrien und das Ende des Krieges: Aus vier
       Gründen liegt das im Interesse Putins. Nur: Wer sagt es ihm?
       
 (DIR) Nach erfolglosen Syrien-Gesprächen: „Aleppo bebt“
       
       Assad bombardiert Aleppo, eine Waffenruhe ist nicht in Sicht. Aber: Eine
       erste Hilfslieferung erreicht die Menschen in Moadamiya nahe Damaskus.
       
 (DIR) Nach Angriff auf Hilfskonvoi: Neue Hilfe für Syrien
       
       Die Waffenruhe in Syrien ist dahin, jetzt nehmen die UN die
       Hilfslieferungen wieder auf. USA und Deutschland fordern zudem eine
       Flugverbotszone.
       
 (DIR) Flugverbotszone über syrischen Gebieten: Russland nicht überzeugt
       
       Die USA schlagen vor, über Syrien eine Flugverbotszone einzurichten. Moskau
       wiegelt ab. Schwere Luftangriffe erschüttern Aleppo.
       
 (DIR) Angriff auf Hilfskonvoi in Syrien: Wer hat das verbrochen?
       
       Moskau und Damaskus bestreiten die Beteiligung an der Zerstörung von
       mindestens 18 von 31 Lastwagen. Die Hilfslieferungen werden eingestellt.