# taz.de -- Wahlkampfspenden aus Libyen: Sarkozy wird von Gaddafi eingeholt
       
       > Kurz vor der Kandidatenwahl der Konservativen für die Präsidentschaft
       > wird die Affäre um Nicolas Sarkozy neu aufgerollt. Diesmal geht es um
       > Notizen.
       
 (IMG) Bild: Da waren sie noch dicke: Nicolas Sarkozy und Muhammar al-Gaddafi 2007 im Elysee Palast
       
       PARIS taz | Wurde die Wahlkampagne von Nicolas Sarkozy 2007 vom libyschen
       Machthaber Oberst Muammar al-Gaddafi finanziert? Der Verdacht ist nicht
       neu. Schon bei seinem vergeblichen Kampf um eine Wiederwahl als Präsident
       2012 gab es solche Gerüchte und auch Aussagen von diversen Vertrauten des
       gestürzten Diktators. Doch die Beweise fehlten, und Sarkozy konnte die
       Anschuldigungen legitimerweise als rufschädigend zurückweisen.
       
       Nun aber ist [1][laut dem Online-Magazin Mediapart] die französische Justiz
       im Besitz schriftlicher Notizen des ehemaligen Erdöl- und Premierministers
       Choukri Ghanem, der darin drei Überweisungen zur Finanzierung von Sarkozys
       Wahlauslagen im Gesamtbetrag von 6,5 Millionen Euro erwähnt. Diese Notizen
       wurden in den Niederlanden bei einer Durchsuchung gefunden. Sie wurden
       zuerst nach Norwegen geschickt, von wo sie an die französischen
       Untersuchungsrichter weitergeleitet wurden, die gegen Sarkozy ermitteln.
       
       Ghanem kann selber nicht mehr aussagen, er ist am 29. April 2012 (am Tag
       nach einer ersten Enthüllung der angeblichen libyschen Wahlfinanzierung
       durch Mediapart) in Wien tot in der Donau aufgefunden worden. Andere Libyer
       wie der Ex-Premierminister Baghdadi al-Mahmoudi haben aber die Mutmaßungen
       bezüglich libyscher Wahlspenden bestätigt, obwohl sie danach zum Teil mit
       Auslieferungsdrohungen unter Druck gesetzt wurden.
       
       Muammar al-Gaddafi selber hatte sich vor seinem Tod in einem nicht
       veröffentlichten Teil eines Interviews mit Le Figaro im März 2011 über den
       undankbaren Sarkozy beklagt, der eine internationale militärische
       Intervention gegen ihn anzettelte: „Wir haben ihm das Geld geliefert, das
       ihm es ermöglicht hat, die Wahlen (von 2007) zu gewinnen. (…) Er ist zu mir
       gekommen, als er noch Innenminister war. Er hat mich um finanzielle Hilfe
       gebeten, und er hat sie bekommen.“ Dasselbe sagte auch Ghaddafis Sohn Saif
       al-Islam. Mit dem wundersamen Auftauchen von Ghanems detaillierten
       handschriftlichen Notizen wird die für Sarkozy kompromittierende Affäre neu
       aufgerollt.
       
       ## Neues über Sarkozy
       
       Am Donnerstag erscheint zudem in Frankreich ein Buch, das – gelinde gesagt
       – ein wenig schmeichelhaftes Porträt vom ehemaligen Innenminister und
       Staatspräsidenten zeichnet. Der Autor, der ehemalige Journalist des
       rechtsextremen Blatts Minute und Kommunikationsberater Patrick Buisson,
       gehörte während fast zehn Jahren zu dessen engsten Mitarbeitern. Buisson
       war Sarkozys „graue Eminenz“ und wurde oft als dessen „Guru“ beschrieben.
       Er hat angeblich so manches gesehen und gehört, was nicht für die
       Öffentlichkeit bestimmt war.
       
       Vor allem aber hat er in diesen Jahren ständig die Gespräche von Sarkozy
       heimlich mit seinem Diktafon aufgezeichnet. Falls dieser nun eine
       Verleumdungsklage einreicht, muss er damit rechnen, dass Buisson mit seinen
       Aufnahmen vor der Justiz für die zahlreichen abfälligen Äußerungen über
       Personen oder Schilderungen von erlebten Szenen den Beweis für die Echtheit
       seiner Aussagen liefert. Wegen der heimlichen Aufzeichnung privater
       Konversationen war Buisson wegen einer Klage des Ehepaars Sarkozy-Bruni
       bereits von der französischen Justiz verurteilt worden. Seither hatte er
       Rache geschworen.
       
       Noch vor dem Erscheinungsdatum des Buchs „La Cause du Peuple“ – der Titel
       erinnert an den Titel einer maoistischen Zeitung nach dem Mai 68 – hat das
       Magazin L’Express brisante Auszüge daraus publiziert. Buisson beschreibt
       darin Sarkozy als selbstgefälligen und mehr um Zuneigung buhlenden als um
       wirklichen Erfolg bestrebten „Trader der Politik“. Über seinen Vorgänger
       Chirac habe Sarkozy gesagt: „Chirac war der mieseste Präsident der Fünften
       Republik. Ehrlich, ich habe nie einen korrupteren Typen gekannt.“
       
       Explosiv ist die Behauptung, als Innenminister habe Sarkozy 2006 bei den
       Schülerdemonstrationen vorsätzlich das Feuer von Plünderungen und
       gewaltsamen Vorstadtbanden geschürt, um seinen Rivalen Dominique de
       Villepin via Medien zu destabilisieren. Man begreift, wie peinlich solche
       Enthüllungen für Sarkozy sein müssen, der alles daran setzt, um bei den
       Vorwahlen im November als Kandidat bei den Präsidentschaftswahlen im April
       2017 nominiert zu werden.
       
       28 Sep 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.mediapart.fr/journal/international/270916/un-carnet-consignait-en-2007-les-millions-libyens-de-nicolas-sarkozy
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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