# taz.de -- Die Linke schwächelt in Meck-Pomm: Überholen geht anders
       
       > Der Wahlkampf der Linken wirkte inhaltsleer. Kein Wunder, während ihrer
       > letzten Regierungszeit als PDS konnte sie kaum Erfolge verbuchen.
       
 (IMG) Bild: Linke Loser? 2011 hatten sie in MV noch 5,2 Prozent mehr Wähler
       
       Die Linke, so ist in ersten Analysen zur Landtagswahl in
       Mecklenburg-Vorpommern zu lesen, habe ein Problem mit ehemaligen Anhängern.
       Die würden jetzt lieber eine rechtspopulistische Partei wie die AfD wählen.
       „Eines scheint klar: Die alte linke Strategie des Unten gegen Oben verfängt
       nicht so gut wie das Innen gegen Außen“, schreibt etwa der Tagesspiegel.
       Deshalb habe die Linke in Mecklenburg-Vorpommern ihr schlechtestes Ergebnis
       aller Zeiten eingefahren: 13,2 Prozent – 5,2 Prozent weniger als 2011.
       
       Aber das ist nur die halbe Wahrheit. In Mecklenburg-Vorpommern hat die
       Linke auch sich selbst geschlagen. [1][Ihr Spitzenkandidat war Helmut
       Holter.] Im Wahlwerbespot der Partei lief er durch Städte und an Stränden
       entlang, reihte mit norddeutschem Phlegma Detailkritik an der großen
       Koalition und Phrasen aneinander. Am Schluss des Spots fuhr er im Auto auf
       einer leeren mecklenburgischen Autobahn: „Tempo macht man auf der
       Überholspur – und die ist bekanntlich links. Fahren Sie doch einfach mit.“
       Holter wirkte, als wolle er im Koalitionsvertrag mit der SPD zwei
       Spiegelstriche verändern. Protestwähler holt man so nicht ab. Solche, die
       sich kein Auto für die Überholspur leisten können, schon gar nicht.
       
       Die Linke hat sich aber nicht nur von einer Werbeagentur einen dummen Spot
       verkaufen lassen, sondern auch so Politik gemacht. Von 1998 bis 2006 war
       die Linke (damals noch als PDS) in einer Koalition mit der SPD, Holter
       damals Arbeitsminister und stellvertretender Ministerpräsident. Nun sind
       auf Landesebene die Gestaltungskompetenzen begrenzt. Das Vorzeigeprojekt
       der PDS nach acht Jahren Regierungsbeteiligung war dementsprechend ein
       kleiner Öffentlicher Beschäftigungssektor.
       
       Entscheidender sind die Mitwirkungsmöglichkeiten der Länder über den
       Bundesrat. Die PDS hatte damals, wie in Koalitionen auf Landesebene üblich,
       im Bundesrat eine Enthaltung vereinbart, falls es keine Einigung mit der
       SPD gibt. Die erste rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder wäre bei der
       Senkung der Unternehmenssteuern im Jahr 2000 ohne Mehrheit gewesen.
       
       Holter ließ sich die Zustimmung für die Finanzierung von ein paar
       Landesprojekten durch den Bund abkaufen. Kurz darauf stimmte der damalige
       Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) bei der Einführung der
       Riester-Rente entgegen der Vereinbarung mit der PDS im Bundesrat zu. Die
       PDS moserte daraufhin ein bisschen, kündigte die Koalition aber nicht auf.
       Die Linke konnte daher im jetzigen Wahlkampf kaum auf Erfolge aus ihrer
       Regierungszeit verweisen.
       
       23 Prozent aller Stellen waren 2014 in Mecklenburg-Vorpommern unter dem
       heutigen Mindestlohn bezahlt. Wer einen solchen Job hat, wird in fast allen
       Fällen eine Rente auf Grundsicherungsniveau erhalten. Die Linkspartei hat
       in ihrer Regierungszeit die Absenkung des Rentenniveaus hingenommen. Aber
       nach den Wahlerfolgen der AfD vom Frühling brach Sigmar Gabriel in der SPD
       eine Debatte über ein höheres Rentenniveau vom Zaun. Wer in
       Mecklenburg-Vorpommern Angst vor Altersarmut hat, setzt daher vielleicht
       lieber auf den Schreck, den die AfD bei den etablierten Parteien entfaltet,
       als auf Holters Linke. Das ist, bei aller irrationalen Furcht vor
       Flüchtlingen, die hinter dem AfD-Wahlerfolg steht, das Rationale an einer
       Wahlentscheidung für die AfD.
       
       5 Sep 2016
       
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