# taz.de -- Europäischer Menschenrechtsgerichtshof: Junkie bekommt Recht
       
       > In bayerischen Knästen erhalten Häftlinge nur in absoluten Ausnahmefällen
       > Methadon. Aus Straßburg gibt es deshalb eine Rüge.
       
 (IMG) Bild: JVA Kaisheim: Hier saß der Kläger ein
       
       Freiburg taz | Die Gabe von Ersatzdrogen an Strafgefangene darf nicht
       leichtfertig abgelehnt werden. Das stellte jetzt der Europäische
       Gerichtshof für Menschenrechte in einem Fall aus Bayern fest.
       
       Wolfgang W., geboren 1955, ist heroinabhängig, seit er 17 ist. Von 1991 bis
       2008 bekam er im Rahmen eines Substitutionsprogramms Methadon als
       Ersatzdroge. Dann wurde er wegen Drogenhandels festgenommen und zu einer
       mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Im bayerischen Gefängnis Kaisheim wurde
       die Methadonbehandlung gegen seinen Willen unterbrochen. Stattdessen musste
       er einen „kalten Entzug“ ohne Ersatzdrogen machen. Dieser wurde aber
       alsbald beendet, weil W. „nicht therapiewillig“ war und heimlich doch
       Methadon konsumierte.
       
       Zurück im Gefängnis beantragte W. 2011 eine Substitutionsbehandlung gegen
       seine chronischen Schmerzen. Die Behandlung wurde aber abgelehnt; nach drei
       Jahren in Haft könne er keine Entzugserscheinung mehr haben. Der
       Anstaltsarzt empfahl ihm, die Chance zu nutzen, endlich von den Drogen
       wegzukommen. Bayerische Gerichte bestätigten die Entscheidung. Das
       Bundesverfassungsgericht lehnte eine Beschwerde W.s ohne Begründung ab.
       Nach seiner Haftentlassung 2014 stellte ein Arzt fest, dass W. im Gefängnis
       Methadon und Kokain konsumiert hatte und nahm ihn sofort wieder in ein
       Substitutionsprogramm auf.
       
       Der Gerichtshof für Menschenrechte stellte nun zwar nicht fest, dass W. im
       Gefängnis einen Anspruch auf Drogensubstitution gehabt hätte. Allerdings
       hätte dies in dem Fall gründlicher geprüft werden müssen. Im Ergebnis sei
       W. unmenschlich behandelt worden.
       
       Bayern lehnt die Substitution im Strafvollzug nicht generell ab, ist aber
       viel skeptischer als die anderen deutschen Bundesländer. Primäres Ziel sei
       die „Drogenabstinenz“. Im März 2016 waren nur 35 bayerische Häftlinge in
       Substitutionsprogrammen.
       
       1 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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