# taz.de -- Auf der Suche nach Rios „Pride House“: Der olympische Geist schläft noch
       
       > Die Casa Nem ist nicht leicht zu finden und offenbar selten geöffnet.
       > Nach abenteuerlicher Suche finden wir ein paar hilfsbereite
       > Transgender-Frauen.
       
 (IMG) Bild: Eingangsbereich der Casa Nem
       
       Die Heimatredaktion hat mir einen Auftrag gegeben. Ich soll zum Queer House
       der Spiele. Dringend. Man muss im Netz schon ein bisschen suchen, bis man
       das „Pride House“, so heißt es in Rio, aufgetan hat. Die Adresse zu finden
       gestaltet sich noch schwieriger. Aber dann: Das Zentrum des schwulen Sports
       soll in Rios Stadtteil Lapa sein, im Kulturzentrum Casa Nem in der Rua
       Morais e Vale, ganz in der Nähe des olympischen Segelzentrums Marina da
       Gloría.
       
       Öffnungszeiten während der Spiele: täglich von 14 bis 22 Uhr, so ist zu
       lesen. Taxifahrer Orlando Pessoa, ein freundlicher, älterer Herr von
       bestimmt 75 Jahren, kurvt in Ipanema los und erreicht auch nur mit ein paar
       Staus das Zielgebiet, doch dann weiß der ältere Herr nicht mehr weiter.
       
       Er fragt diesen und jenen am Straßenrand. Nach einem heißen Tipp kurvt er
       über Kopfsteinpflaster einen Hügel hinauf, wo auch eine altertümliche
       Straßenbahn noch ihren Dienst versieht. Santa Teresa heißt das Viertel.
       Recht hübsch. Auf meinen Hinweis, hier falsch zu sein, gibt Orlando nicht
       viel. Ein Navi hat er nicht, warum auch, es gibt ja Leute, die man fragen
       kann. Rua Morais? Nie gehört.
       
       Einer weiß dann doch Bescheid. Gestenreich erklärt er den Weg. Wir kurven
       den Hügel wieder runter über Serpentinen und mit Gegenverkehr, der die
       Abfahrt nicht leichter macht. Orlando lässt mich mit einem milden Lächeln
       in einer kleinen, engen Gasse raus. Angekommen in der Rua Morais. An der
       Ecke ist ein Imbiss, viele Rollläden sind unten. Man kann in eine Werkstatt
       hineinlugen. Der Style hier: leicht versifftes Kreuzberg-Ambiente mit einem
       Hauch Neapel.
       
       ## Samstag ist Party
       
       Die Casa Nem hat an diesem Nachmittag leider zu. Draußen hängt zwar ein
       Plakat „Rio Pride House“, das darauf verweist, dass ich hier richtig bin,
       aber der olympische Geist schläft wohl noch. Auf dem Rollladen, der die
       Casa verrammelt, prangt eine Chimäre aus Mensch und Katze, die Gitarre
       spielt. Hm, was tun? Warum ist hier nichts los?
       
       Im ersten Stock schaut jemand interessiert auf den Olympiagast aus
       Deutschland. „Wann öffnet das Pride House?“, frage ich, aber da ist schon
       ein Pulk von Transgender-Frauen auf dem Weg nach unten, zurechtgemacht und
       mit opulentem Dekolleté. Sie stürmen nebenan eine Treppe herunter. Drinnen
       riecht es streng nach Putz- oder Desinfektionsmittel. Nee, das Pride House
       hat immer nur am Samstagabend auf. Jetzt sei gar nichts los. Sie heißen
       Adriana und Eve und Jana. Die Verständigung ist ein bisschen schwierig,
       weil ich kein Portugiesisch und sie kein Englisch sprechen.
       
       Adriana ist kein Olympiafan, so viel verstehe ich. Eve findet diesen Neymar
       des Bogenschießens gut, obwohl der ja gar nichts gewonnen hat, also Marcus
       Vinicius Dalmeida, und den echten Neymar natürlich auch. Jana steht auf
       Beachvolleyball. Ich solle unbedingt morgen wiederkommen, sagen sie. Dann
       sei auch Party, „yeah“. Ich habe leider schon einen Termin. Boxen. In der
       52-Kilo-Klasse. „Ciao“, sagen die Schönheiten und stöckeln davon. Ein
       Küsschen fliegt.
       
       14 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
       ## TAGS
       
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