# taz.de -- Pro-Erdoğan-Demo in Köln: Rechtsrheinisches Fahnenmeer
       
       > Rund 40.000 Menschen feiern Erdoğan in Köln als großen Demokraten. Trotz
       > nationalistischer Stimmung bleiben gewalttätige Übergriffe aus.
       
 (IMG) Bild: Erdoğans Populismus fällt an diesem Tag auf fruchtbaren Boden
       
       Köln taz | Einmal im Jahr gibt es auf der Deutzer Werft, einer Betonfläche
       auf der rechten Rheinseite in Köln, eine große Kirmes. So sauber wie am
       Sonntag ist er aber selten. Die „FCK Erdoğan“-Graffiti sind von der Polizei
       entfernt worden, ebenso das Transparent gegen die „Festung Europa“ und die
       „AKP-Diktatur“, das Antifa-Aktivisten am Vorabend aufgehängt hatten. Etwa
       40.000 Menschen sind dem Aufruf der Union Europäisch-Türkischer Demokraten
       (UETD), die als eine AKP-Vorfeldorganisation gilt, gefolgt. Fast alle haben
       türkische Fahnen dabei.
       
       „Erdoğan ist ein guter Politiker“, sagt ein älterer Deutschtürke, der mit
       seiner sechsköpfigen Familie aus dem Sauerland angereist ist. Er ist stolz,
       den türkischen Präsidenten seit 1990 zu kennen. „Erdoğan hat die Wirtschaft
       nach vorne gebracht.“ Sasim Bastürk kommt aus Baden-Württemberg, er
       schwäbelt und fühlt sich diskriminiert: „Früher hieß es: die bösen Türken“,
       jetzt heißt es: „der böse Erdoğan“.
       
       Erdogan selbst lies ein Grußwort verlesen. Das Bundesverfassungsgericht
       hatte der Kölner Polizei gestattet, den Veranstaltern eine Videoschaltung
       aus der Türkei zu untersagen. „Heute ist die Türkei stärker als sie vor dem
       15. Juli gewesen war“, erklärte er. „In dieser Nacht gab es keine
       unterschiedlichen Denkweisen.“ Immer wieder beschwor er die Einheit der
       Nation, und meinte damit auch explizit die Türken, die „fernab der Heimat“,
       also in Deutschland leben. „Unser Präsident wird für euch kämpfen“,
       erklärte dann auch der türkische Sportminister Akif Cagatay Kilic in seiner
       Rede.
       
       Erdoğans Populismus fällt an diesem Tag auf fruchtbaren Boden. „Woher nimmt
       das türkische Volk seine Kraft?“, will der Moderator wissen und erhält
       „Erdoğan“ als Antwort. Als eine Liste mit den zivilen und militärischen
       Opfern des Putsches vorgelesen wird, wird jeder Name mit einem „Hier“
       begrüßt. Nur als der Ansager „Wir sind Deutschland“ skandiert, bleibt die
       Reaktion aus.
       
       Das türkische Volk habe den Putsch in einem „glorreichen Kampf für Freiheit
       und Demokratie“ verhindert. Damit seien Rechtsstaatlichkeit und
       Gewaltenteilung gesichert worden, nur die Medien würden dies anders sehen.
       „Ich schäme mich für die deutschen Medien, die gegen das Volk in der Türkei
       hetzen“, sagt dann auch der Ex-Journalist und Verschwörungstheoretiker
       Martin Lejeune. „Wir als Deutsche sollten uns auf die Seite des türkischen
       Volkes stellen.“
       
       ## Diesmal hat die Kölner Polizei die Lage im Griff
       
       Trotz der aggressiv-nationalistischen Stimmung bleiben bis zum späten
       Nachmittag gewalttätige Übergriffe aus. Insgesamt 2.700 Polizisten sollten
       mit acht Wasserwerfern die Sicherheit garantieren. Für den Kölner
       Polizeipräsidenten Jürgen Mathies war der Einsatz die erste große
       Bewährungsprobe. Er war im Januar dieses Jahres nach den
       Silvesterübergriffen ins Amt berufen worden. Am Dienstag brach er seinen
       Urlaub ab, am Freitag präsentierte er sein Sicherheitskonzept für die
       Demonstration. Falls die UETD keine Rednerliste vorlegen würde, käme „als
       letzte Maßnahme“ sogar ein Verbot der Veranstaltung infrage, erklärte er
       da.
       
       Die rechtlichen Hürden dafür sind zwar hoch, aber die Botschaft kam an:
       Diesmal hat die Polizei Köln die Lage im Griff. Am Samstag verkündete er,
       dass er nicht nur Einblick in die Rednerliste bekommen habe, sondern auch
       dass es ihm gelungen sei, einen Auftritt des türkischen Außenministers
       Mevlüt Cavusoğlu in Köln-Deutz zu verhindern. Später am Abend erklärte dann
       das Bundesverfassungsgericht dann, dass die Kölner Polizei der UETD
       untersagen darf, eine Videoschaltung aus der Türkei auf der Leinwand zu
       zeigen.
       
       In den letzten Monaten hatten in Köln immer wieder türkische Nationalisten
       demonstriert. Im April dieses Jahres kam es zu Ausschreitungen zwischen
       Anhängern der AYTK („Europäisches Neue Türken Komitee“) und linken
       türkischen und kurdischen Gruppen. Dabei hatte die Polizei die Situation
       schnell im Griff, erst bei einer Kundgebung von AKP-Anhängern vor zwei
       Wochen auf der Domplatte konnte sie nicht verhindern, dass es zu
       Übergriffen auf einen kurdischen Infostand kam.
       
       31 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Werthschulte
       
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