# taz.de -- Umdenken in der Bergmannstraße: Begegnung erst mal auf Probe
       
       > Nach der massiven Kritik an den Umbauplänen von Senat und Bezirk soll
       > Kreuzbergs Flaniermeile jetzt temporär entschleunigt werden.
       
 (IMG) Bild: Begegnungszone Bergmannstraße: Hallo erst mal, aber bitte unverbindlich
       
       Als im vergangenen März die Bürgerbeteiligung zur „Begegnungszone
       Bergmannstraße“ endete, schienen zwei Dinge klar zu sein: Erstens, die
       geplante Umgestaltung der Kreuzberger Flaniermeile stieß bei Anwohnern und
       Gewerbetreibenden auf teilweise harsche Ablehnung. Zweitens, trotz allem
       würden die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Bezirk
       Friedrichshain-Kreuzberg am Projektfahrplan festhalten: Auf der Grundlage
       der Meinungsäußerungen würde das beauftragte Planungsbüro einen Entwurf
       erarbeiten und diesen der BVV zur Abstimmung vorlegen. Dann würde gebaut.
       
       So wird es jetzt aber nicht kommen: Stattdessen gibt es erst eine
       anderthalbjährige Testphase mit „temporär installierten Begegnungsmodulen“,
       sogenannten „Parklets“, wie sie in einigen US-amerikanischen Städten zum
       Einsatz kommen. Es handelt sich um Gehweg-Erweiterungen, die mit
       Fahrradständern oder Sitzgelegenheiten ausgestattet werden können. Wo sie
       stehen werden, soll auf einer Infoveranstaltung im Oktober bekanntgegeben
       werden.
       
       „Wir wollen die Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Gewerbetreibenden
       nicht vor vollendete Tatsachen stellen, sondern dazu einladen, kreative
       Ideen für die Umgestaltung der Bergmannstraße einzubringen, die im
       Praxistest erprobt werden können“, erklärt Verkehrsstaatssekretär Christian
       Gaebler (SPD) den großen Schritt zurück. Hans Panhoff (Grüne), der
       zuständige Bezirksstadtrat, sagt es noch etwas deutlicher: Der
       Beteiligungsprozess sei „von einem intensiv und zum Teil kontrovers
       geführten Austausch von Meinungen und Standpunkten“ geprägt gewesen. „Mit
       der Testphase berücksichtigt die Verwaltung den Wunsch der Bürgerinnen und
       Bürger nach reversiblen Maßnahmen.“
       
       Das Experiment „Begegnungszone“ will die Verkehrsverwaltung an drei Stellen
       umsetzen: In der Schöneberger Maaßenstraße ist es seit vergangenem Jahr zu
       besichtigen, in der Bergmannstraße läuft der Prozess, die Gegend um den
       Checkpoint Charlie soll den Abschluss bilden. Aber die Maaßenstraße, aus
       der die Parkplätze zugunsten von Stahlmöbeln und Betonpollern verbannt
       wurden, hat jede Menge Spott geerntet – auch wenn die hinzugewonnene Fläche
       etwa kürzlich beim CSD gut angenommen wurde.
       
       ## Kein Eingeständnis
       
       Dass man in der Bergmannstraße nun vorsichtiger vorgehen will, ist laut der
       Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Petra Rohland aber
       kein Eingeständnis, dass mit der Idee etwas nicht stimmt: „Es geht uns
       darum, jede der vorgesehenen Begegnungszonen mit ihren entsprechenden
       Bedingungen zu betrachten und individuelle Lösungen zu finden.“ Das
       Ergebnis könne dann auch ganz anders aussehen als in der Maaßenstraße.
       
       Vielleicht beruhigt es ja die Wirte, Buch- und Antiquitätenhändler zwischen
       Mehringdamm und Marheinekeplatz, dass nichts von dem, was nun umgesetzt
       wird, am Ende so bleiben muss. Auf mehreren Veranstaltungen war aus ihren
       Reihen enorm polemisiert worden. Für einige schien offenbar die Insolvenz
       unvermeidlich, sollten ihre Kunden nicht mehr mit dem Auto bis vor die Tür
       fahren können. Aber auch viele andere Anwohner finden, dass die
       Bergmannstraße, so wie sie ist, eigentlich ganz gut funktioniert.
       
       Die Grünen in der BVV begrüßen den Schwenk: „Wir finden das richtig“, sagte
       Fraktionschef Jonas Schemmel zur taz, „es ermöglicht, Dinge auszutesten,
       ohne gleich den großen Wurf machen zu müssen.“ Auch kleinere Maßnahmen, die
       mehr Platz für Fußgänger schafften oder das Parken in zweiter Reihe
       unterbänden, seien hilfreich. Als größte Fraktion in der BVV haben die
       Grünen ein gewichtiges Wort mitzureden.
       
       27 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Begegnungszone
 (DIR) Friedrichshain-Kreuzberg
 (DIR) Partizipation
 (DIR) Fußgängerzone
 (DIR) Bürgerbeteiligung
 (DIR) Stadtentwicklung
 (DIR) Friedrichshain-Kreuzberg
 (DIR) Begegnungszone
 (DIR) Begegnungszone
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bezirk beschließt Fußgängerzone: Kreuzberg macht dicht
       
       Eine Fußgängerzone in der Zossener Straße soll den Durchgangsverkehr aus
       dem Kreuzberger Bergmannkiez verbannen. Ob sie eine Chance hat, ist völlig
       offen.
       
 (DIR) Bürgerbeteiligung in Berlin: Wilde Schreiduelle
       
       Egal ob Verkehrsberuhigung oder Wohnungsbau: Bürgerbeteiligung eskaliert
       häufig – zum Beispiel, weil die Menschen zu spät von den Plänen erfahren.
       
 (DIR) Straßenverkehr in Berlin: In Paris läuft's besser
       
       Mitten in der französischen Stadt sperrt die Bürgermeisterin eine viel
       befahrene Straße für Autos. Ist das auch in Berlin denkbar?
       
 (DIR) Wenn BürgerInnen diskutieren: Die Partizipation ist eine Brezel
       
       In Kreuzberg ist die Kritik zu Hause. Beim Thema „Begegnungszone
       Bergmannstraße“ lässt die Politik deshalb alle mitreden. Aber auch das hat
       seine Tücken.
       
 (DIR) Begegnungszone Bergmannstraße: Niemand mag Geschlängel
       
       Im Bürgerdialog zur Begegnungszone Bergmannstraße gibt es Kritik an den
       ersten Entwürfen – aber auch konstruktive Mitarbeit.
       
 (DIR) Umgestaltung der Bergmannstraße: Fremdeln in der Zone
       
       Am Dienstagabend geht die Bürgerbeteiligung zur „Begegnungszone“ in der
       Kreuzberger Bergmannstraße in die zweite Phase. Gegen das Projekt regt sich
       Widerstand.