# taz.de -- EMtaz: Hooligans in Frankreich: 37 Verletzte bei Ausschreitungen
       
       > Gewalt und Ausschreitungen überschatten die EM: Rund um die Partie
       > England gegen Russland gab es schwere Krawalle. Ein Engländer schwebt in
       > Lebensgefahr.
       
 (IMG) Bild: Die Ausschreitungen in Marseille erinnerten an die WM 1998
       
       Marseille/Nizza afp/dpa | Nach den massiven Ausschreitungen mit brutaler
       Gewalt beim Spiel zwischen England und Russland in Marseille sind die
       Europäische Fußball-Union UEFA und die EM-Organisatoren gefordert. Kurz vor
       Ende der Partie (1:1) am Samstagabend stürmten augenscheinlich russische
       Anhänger auf englische Fans los, die in benachbarten Blöcken saßen, und
       prügelten wild auf diese ein. Dabei flüchteten die Attackierten sogar über
       Zäune bis in den Innenraum des Stade Vélodrome.
       
       Ausschreitungen auf der Straße und im Stadion, ein Fan in Lebensgefahr und
       Dutzende weitere Verletzte haben bereits das Wochenende überschattet. In
       Marseille gab es den dritten Tag in Folge schwere Fan-Krawalle, ein
       englischer Fan schwebte am Sonntag weiter in Lebensgefahr. In Nizza gab es
       Auseinandersetzungen zwischen örtlichen Jugendlichen und nordirischen Fans
       mit mehreren Verletzten.
       
       Vor der Partie England gegen Russland zogen Fangruppen nach stundenlangem
       Alkoholkonsum marodierend durch Marseille, warfen mit Stühlen und Flaschen
       und verhöhnten sich gegenseitig. Am Alten Hafen kam es dann zu schweren
       Krawallen, an denen englische, russische und französische Fans beteiligt
       waren. Die Polizei setzte Tränengas ein. Nach sieben Festnahmen am Freitag
       wurden am Samstag mindestens sechs Randalierer festgenommen.
       
       Die französische Nachrichtenagentur AFP zählte am frühen Sonntagmorgen
       schon 35 Verletzte. Ein britischer Fußball-Fan schwebt nach Angaben von
       Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve in Lebensgefahr. Dem Mann
       wurden nach Polizeiangaben offenbar Schläge mit einer Metallstange am Kopf
       zugefügt. Helfer versuchten den blutverschmierten Mann wiederzubeleben,
       bevor er in ein Krankenhaus gebracht wurde. Polizeipräfekt Laurent Nunez
       bezeichnete seinen Zustand als lebensbedrohlich.
       
       1.200 Polizisten im Einsatz 
       
       Ein englischer Fan sagte, etwa hundert Russen hätten „aus dem Nichts
       heraus“ angegriffen. Der 23-jährige Engländer Danny Hart sagte, es sei
       keine gute Idee gewesen, das Spiel auf 21.00 Uhr anzusetzen: „Bis dahin
       waren alle völlig besoffen.“
       
       Weitere Zusammenstöße rund um das Stadion etwa eine Stunde vor dem Spiel
       wurden schnell unterbunden. Neben dem in Lebensgefahr schwebenden Engländer
       gab es nach neuen Polizeiangaben drei weitere Schwerverletzte. Etwa 1200
       Polizeibeamte waren in der südfranzösischen Hafenstadt im Einsatz.
       
       Später im Stadion stürmten nach dem 1:1 zwischen England und Russland
       russische Fans in den englischen Fanblock. Anhänger beider Seiten schlugen
       und traten einander. Weitere Zusammenstöße gab es nach Mitternacht im Alten
       Hafen.
       
       Die UEFA kündigte an, vor möglichen weiteren Schritten „relevante
       Informationen“ von der Disziplinarabteilung des Verbands abzuwarten. Dem
       Augenschein nach waren die verschiedenen Fangruppen nur unzureichend
       voneinander getrennt gewesen. „Es ist jetzt Aufgabe des lokalen
       Organisationskomitees, die Vorfälle zu analysieren“, sagte Alexej Sorokin,
       Chef-Organisator der WM 2018 in Russland, der Deutschen Presse-Agentur.
       
       Auch in Nizza gab es Zusammenstöße 
       
       Der Chef der nationalen Abteilung zur Hooliganismus-Bekämpfung, Antoine
       Boutonnet, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die französische Polizei habe
       auf die Krawalle richtig reagiert. Eine „schnelle und wirksame Intervention
       der Ordnungskräfte hat es erlaubt, die Vorfälle einzudämmen“, sagte er.
       Einen großen Anteil an der Fan-Gewalt habe ein übertriebener Alkoholkonsum.
       
       Auch im südfranzösischen Nizza gab es Zusammenstöße. Nach Angaben eines
       nordirischen Polizeibeamten, der nordirische Fans begleitete, begannen am
       Samstagabend 20 bis 30 örtliche Jugendliche, die ausländischen Fans mit
       Flaschen zu bewerfen. „Einige Flaschen wurden zurückgeworfen, einige
       Schläge ausgeteilt“, sagte er. Schließlich hätten französische Polizisten
       eingegriffen.
       
       Die zuständige Präfektur bestätigte die Vorfälle. Jugendliche aus Nizza
       hätten die nordirischen Fans in der Fußgängerzone Cours Saleya provoziert.
       Daraufhin sei eine Schlägerei ausgebrochen. Sieben Menschen wurden
       verletzt, einer davon trug ein Schädeltrauma davon.
       
       Nizzas Bürgermeister Christian Estrosi verurteilte die Ausschreitungen im
       Kurznachrichtendienst Twitter. Nordirland sollte am Sonntagabend in Nizza
       gegen Polen in der Gruppe C spielen, zu der auch die deutsche
       Nationalmannschaft gehört. Zu dem Spiel in der südfranzösischen Stadt
       reisten schätzungsweise 10.000 nordirische Fans an sowie mehrere tausend
       Polen. Deutschlands Auftaktspiel gegen die Ukraine stand am Sonntagabend im
       nordfranzösischen Lille an.
       
       Bilder erinnerten an die Ausschreitungen bei der WM 1998 
       
       Im Vorfeld der EM hatte die Gefahr durch Anschläge im Mittelpunkt gestanden
       und nicht die Gewalt von Hooligans. Frankreichs Innenminister Bernard
       Cazeneuve versicherte nun in einer Erklärung, die Sicherheitskräfte hätten
       die Gefahr durch gewaltbereite Fans „voll berücksichtigt“ – „genauso wie
       andere Bedrohungen, insbesondere terroristische“.
       
       Der europäische Fußballverband Uefa verurteilte die Krawalle „scharf“. Die
       Gewalt gehe von Leuten aus, die „nichts beim Fußball zu suchen“ hätten,
       sagte ein Sprecher. Der frühere englische Stürmerstar Gary Lineker
       twitterte mit Blick auf seine Landsleute: „Eine absolute Blamage für das
       Land.“
       
       Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Anhänger beider Teams mit großer
       Brutalität mit Stühlen, Metallstangen und anderen Gegenständen aufeinander
       losgingen. Randale englischer Fans hatte es in Marseille schon während der
       Weltmeisterschaft 1998 gegeben. Damals lieferten sich zumeist betrunkene
       Anhänger der „Three Lions“ über zwei Tage hinweg heftige
       Auseinandersetzungen mit einheimischen Jugendlichen und tunesischen Fans.
       Dutzende Menschen wurden verletzt.
       
       12 Jun 2016
       
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