# taz.de -- Tanz-Premiere in Bremen: Das kann doch jeder!
       
       > Das Tanzwerk hat mit neun Laien und Choreograf Rolf Hammes eine
       > Performance erschaffen, die von großen Stummfilmen inspiriert ist.
       
 (IMG) Bild: Das Laien-Ensemble tritt als „abgefuckte Revue-Kompanie“ auf.
       
       BREMEN taz | Am Anfang steht ein bisschen Hybris. In großen Lettern. „Jeder
       Mensch kann tanzen!“ Das ist ihr Prinzip, hier im Tanzwerk Bremen. Also
       machen sie Bühnenprojekte für Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen, mit
       und ohne Migrationshintergrund, für Junge und Alte. Eines von ihnen hat am
       heutigen Samstag Premiere: Die Performance „Als die Bilder laufen lernten“
       des Choreografen Rolf Hammes.
       
       Fast eineinhalb Jahre hat der Produzent mit seinen neun TänzerInnen
       allwöchentlich an dieser Collage gearbeitet und dafür das Genre Stummfilm
       „erforscht“, wie Hammes das nennt. „Wir haben viel auf YouTube
       herumgewildert und ordentlich in den Bilderfluten gebadet“, erzählt er.
       
       Und natürlich haben sie erst mal all die alten Klassiker geguckt: Charlie
       Chaplins „Der große Diktator“ und „Moderne Zeiten“ beispielsweise, Buster
       Keaton, Dick & Doof, Fritz Langs Metropolis. Die haben schon Samir Akika
       und sein Ensemble Unusual Symptoms zu einer Inszenierung inspiriert, dem
       Stück „Funny, how?“, dass 2012 im Theater Bremen lief.
       
       ## Keine Bühne, keine Subventionen
       
       Hammes macht das „ehrenamtlich“, wie er sagt, weil sein Teilzeit-Job im
       Lagerhaus gar nicht reicht, um solch abendfüllende Produktionen zu
       entwickeln. Trotzdem ist sie nur heute zu sehen. Warum? „Das ist eine reine
       Geldfrage“, sagt Hammes, das 1994 gegründete Tanzwerk hat keine eigene
       Bühne und bekommt auch keine Subventionen. „Wir spielen das nicht wieder
       rein“, so der Produzent, mehr als ein Abend ist da also nicht drin.
       Vielleicht wird die Produktion im Herbst nochmal auf ein Festival in Bremen
       eingeladen.
       
       Alle TänzerInnen hier – zumeist sind es Frauen – hier sind Laien, und doch
       ist Hammes einer, der auch in der Probe am späten Freitagabend noch
       professionelle Ansprüche an sein Ensemble stellt. „Die Augen, die Augen“,
       ruft Hammes dann, wild gestikulierend, „und denkt an die Körperspannung!“
       
       Manche der Akteure, Hannelore, 76, etwa, tanzen schon sehr viele Jahre im
       Tanzwerk. Andere, wie Adriana, haben auch schon bei Projekten in anderen
       Städten getanzt. Doch es gibt auch solche, die erst im Laufe der Produktion
       dazugekommen sind oder kaum Vorerfahrung haben. „Wir finden für jeden
       etwas“, sagt Hammes.
       
       ## Assoziativ angelegt
       
       Und so tanzen in dieser Inszenierung Leute auf der Bühne Salsa, die sowas
       noch nie vorher gemacht haben. Das Ensemble entwickelt oftmals eine
       erstaunlich große Bühnenpräsenz, auch wenn sich die TänzerInnen natürlich
       schwer tun, auch noch alle synchron zu tanzen. Deshalb treten sie auch als
       „abgefuckte Revue-Kompanie“ auf, wie Hammes das nennt, als eine Truppe,
       „die irgendwie funktionieren muss“.
       
       Eine durchgängige Geschichte erzählt ihr eher assoziativ angelegtes Stück
       nicht. Vor allem aber versuchen die Szenen nicht, das im Stummfilm gesehene
       einfach nur wiederzugeben. „Es war eine große Weltreise, sowohl physisch
       als auch emotional, sagt Hammes.
       
       Es geht um Glamour und Wahnsinn, Zartes und Anrührendes, komisches,
       Abstruses und Dramatisches. Gestisch und mimisch ist die Performance eine
       große Herausforderung, sagt der Choreograf: „Viele sind es nicht so
       gewohnt, in die Gefühlsebene einzusteigen und das auf der Bühne
       herauszustellen.“
       
       ## Tot auf der Bühne
       
       Sehr gut gelungen ist das beispielsweise bei einer Rauf- und Kampfszene zu
       der Musik von „My name is Prince“, die damit endet, dass alle tot auf der
       Bühne liegen. Oder dort, wo die Inspiration unverkennbar ist, weil schon
       Chaplin wunderbar an der kapitalistischen Maschinerie verzweifelte.
       
       Hammes und sein Ensemble haben diese rotierende Gleichförmigkeit und die
       Entfremdung von der eigenen Arbeit wunderbar umgesetzt – vermutlich auch
       aus dem eigenen Erleben heraus.
       
       Samstag, 18. Juni, 18 und 20.30 Uhr, Schaulust im Güterbahnhof, Tor 48
       
       18 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Zier
       
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