# taz.de -- Champions-League-Halbfinale der Frauen: Frankfurt klagt, Wolfsburg klotzt
       
       > Frauenfußballvereine haben weniger Geld als Klubs, die auch Männerfußball
       > anbieten. Frankfurt und Wolfsburg streiten sich, ob das ein Nachteil ist.
       
 (IMG) Bild: Gegen Rosengard hat's gereicht: Jubelnde Frankfurterinnen im Viertelfinale der Champions League
       
       Frankfurt/Wolfsburg taz | Für Dietmar Ness ist es fast unmöglich, im
       Vorfeld eine Position zu beziehen. Der wichtigste deutsche Spielerberater
       des Frauenfußballs vertritt vom VfL Wolfsburg und 1. FFC Frankfurt schlicht
       zu viele Protagonisten, um vor dem Aufeinandertreffen im Halbfinale der
       Women’s Champions League Partei zu ergreifen. Fünf Spielerinnen vom
       Gastgeber Wolfsburg und allein acht aus Frankfurt haben sich ihm
       anvertraut, weshalb sich Ness für das deutsche Duell im AOK-Stadion
       (Sonntag 19.15 Uhr, live, Eurosport) nur wünscht, „dass sie ihre beste
       Leistungen abrufen können – egal was passiert und wer dann im Finale
       steht“.
       
       Jedenfalls führt der deutsche Frauenfußball eine stolze Tradition fort:
       Seit Umbenennung dieses Wettbewerbs 2009 schaffte es immer ein deutsches
       Team ins Endspiel. Erst der FCR Duisburg, 2010, und 2011 Turbine Potsdam,
       dann der 1. FFC Frankfurt sowie 2013 und 2014 der VfL Wolfsburg. Zuletzt im
       Vorjahr war wieder der 1. FFC Frankfurt an der Reihe. „Ein
       Champions-League-Finale zieht hohe Aufmerksamkeit und hohe Sichtbarkeit“,
       sagt Ness, „und ich weiß von meinen Spielerinnen, wie wichtig auch ihnen
       die Königsklasse geworden ist.“ Auch wenn Strahlkraft und Vermarktung nicht
       annähernd mit dem männlichen Pendant zu vergleichen sind. Wer das Finale am
       26. Mai in der italienischen Kleinstadt Reggio Emilia, gut 150 Kilometer
       südöstlich von Mailand gelegen, gewinnt, wird mit vergleichsweise
       bescheidenen 250.000 Euro Prämie belohnt.
       
       Die sportlichen Aspekte stehen sowieso im Vordergrund. Wie im Vorjahr muss
       Frankfurt die Champions League gewinnen, um sich international zu
       qualifizieren, denn der zweite Platz in der Bundesliga ist außer Reichweite
       geraten. Wolfsburg hat seinen Vorsprung unter der Woche auf vier Punkte
       ausgebaut. „Wir sind durch diese Spiele jetzt nicht der Favorit“, glaubt
       VfL-Trainer Ralf Kellermann, „es wird eine Partie auf Augenhöhe.“
       
       FFC-Kollege Matt Ross beruft sich hingegen auf den Außenseiterstatus: „Wir
       in Australien lieben die Underdogmentalität.“ Außerdem habe man 180 Minuten
       Zeit, um eine „flexible Strategie“ zu entwickeln. „Es ist noch nichts
       entschieden, wer anders denkt, denkt falsch“, erklärt auch
       Nationalspielerin Simone Laudehr trotzig.
       
       ## „Professionalität wird immer wichtiger“
       
       Doch bei FFC-Manager Siegfried Dietrich ist immer öfter herauszuhören, dass
       sich die Kräfteverhältnisse zu Ungunsten der Frankfurterinnen verschoben
       haben. Das Investment einiger Topmännerklubs liege deutlich jenseits der
       Möglichkeiten der am besten vermarkteten Frauenfußballvereine, „bei denen
       jeder Euro mit hohem Aufwand selbst verdient werden muss“, stellte Dietrich
       auf der DFB-Webseite in einem Doppelinterview mit dem beim VfL Wolfsburg
       für den Frauenfußball zuständigen Geschäftsführer Thomas Röttgermann
       heraus. Sein Kollege widersprach: „Für mich sind die Lizenzvereine eine
       echte Chance und eine Bereicherung. Ich glaube, dass sie ein anderes Maß an
       Professionalität bringen, die immer wichtiger wird.“ Er gehe von einem
       verträglichen Miteinander zwischen profilierten Frauenfußball- und
       professionell arbeitenden Lizenzvereinen aus, die beides anbieten: Männer-
       und Frauenfußball.
       
       Fakt ist, dass vor allem die Personalpolitik bei den Niedersachsen besser
       geglückt ist als bei den Hessen, bei denen die Zugänge überhaupt nicht
       funktionieren. Sowohl die kanadische Nationalspielerin Sophie Schmidt als
       auch die australische WM-Teilnehmerin Emily van Egmond ließen bislang ihre
       Bundesligatauglichkeit vermissen. Und die aus Wolfsburg gekommene
       japanische Vizeweltmeisterin Yuki Ogimi scheint völlig isoliert. So sind in
       Frankfurt drohende Ausfälle wie die von Kapitänin Kerstin Garefrekes
       (Anriss zweier Außenbänder im Sprunggelenk) und Spielmacherin Dzsenifer
       Marozsán (Wadenprellungen) kaum aufzufangen.
       
       Letztere sei nicht zu ersetzen, räumt Ross ein: „Sie sieht auf dem Platz
       Lücken, die andere nicht sehen.“ Ihr Fehlen könnte bereits auf eine
       schwierige Zukunft des amtierenden Champions-League-Siegers hinweisen. Der
       Weggang der 24-jährigen Nationalspielerin ist nur noch nicht offiziell
       verkündet. Ihr Berater heißt Dietmar Ness, der sich am 1. Mai, dem Tag der
       Halbfinal-Rückspiele, statt nach Frankfurt lieber nach Paris begibt, um die
       Partie zwischen den kräftig investierenden französischen Topklubs PSG und
       Olympique Lyon zu begutachten. Einer von beiden dürfte Marozsans künftiger
       Arbeitgeber sein.
       
       24 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
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