# taz.de -- Meinungsfreiheit in Vietnam: Fünf Jahre Haft für Blogger
       
       > Der Blogger Nguyen Huu Vinh wurde zu einer Haftstrafe verurteilt. Während
       > des Prozesses, gab es vor dem Gerichtsgebäude in Hanoi Proteste.
       
 (IMG) Bild: Vietnams prominenter Blogger Nguyen Huu Vinh, genannt „Der Quatscher“, vor Gericht in Hanoi
       
       BERLIN taz | Der promintente vietnamesische Blogger Nguyen Huu Vinh,
       genannt Anhbasam (“Der Quatscher“), ist am Mittwoch in Hanoi zu fünf Jahren
       Haft verurteilt worden. Seine Mitarbeiterin Nguyen Thi Minh Thuy erhielt
       eine Gefängnisstrafe von drei Jahren. Die beiden sind seit Mai 2014
       inhaftiert. Die Staatsanwaltschaft hatte sogar jeweils ein Jahr längere
       Haftstrafen gefordert.
       
       Das Volksgericht der Stadt Hanoi befand die beiden des „Missbrauchs
       demokratischer Freiheiten“ nach Artikel 258 des vietnamesischen
       Strafgesetzbuches für schuldig. Dies kann mit bis zu sieben Jahren Haft
       geahndet werden und wird von den Behörden immer wieder benutzt, um
       regierungskritische Blogger mundtot zu machen.
       
       „Das ist ein hartes Urteil,“ kommentierte Vu Quoc Dung, Geschäftsführer der
       Deutschen Sektion der Menschenrechtsorganisation Veto! Human Rights
       Defenders‘ Network. „Es zeigt, das Vietnam ein Feind der Presse-und
       Meinungsfreiheit bleibt.“
       
       Vinh und seiner Mitarbeiterin wurden 24 Artikel in zwei „illegalen“ Blogs
       vorgeworfen. Sie erklärten sich für unschuldig, auch seien die Beiträge gar
       nicht von ihnen.
       
       ## Entlastungszeugin nicht zugelassen
       
       Doch das Gericht interessierte das nicht. Eine Entlastungszeugin, die
       erklärte, zwei der Artikel stammten von ihr, wurde nicht zugelassen.
       Vielmehr zog das Gericht das Verfahren innerhalb nur weniger Stunden durch.
       „Die Beweislage war sehr dünn und löchrig,“ sagt Dung.
       
       Zur Unterstützung der Angeklagten hatten sich vor dem weiträumig
       abgesperrten Gerichtsgebäude in Hanoi rund einhundert Demonstranten
       versammelt. „Das ist sehr ungewöhnlich,“ meint Dung. Die Anwesenheit vieler
       Intellektueller und Bürgerrechtler zeige das Ansehen von Vinh und die
       Beliebtheit der von ihm betriebenen Blogs.
       
       Die Polizei ließ den Protest zunächst gewähren. Doch später löste sie die
       Kundgebung auf und nahm zwei Personen vorübergehend fest.
       
       Anträge auf Prozessbeobachtung der deutschen Botschaft wie des
       CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Patzelt waren nach dessen Aussage
       abgelehnt worden. Immerhin hatten je ein Beobachter der USA, Australiens,
       Kanadas und der EU Zugang zum Gerichtssaal.
       
       Patzelt gehört dem Bundestagsausschuss für Menschenrechte und humanitäre
       Hilfe an und war früher Bürgermeister von Frankfurt/Oder. Er ist im Rahmen
       eines Bundestagsprogramms für Bürgerrechtler in aller Welt Vinhs Pate und
       reiste eigens für dessen Prozess nach Hanoi.
       
       Der taz erklärte Patzelt telefonisch, dass er schon vor zwei Monaten die
       Prozessbeobachtung beantragt hatte und bis zum Vorabend des Prozesses trotz
       wiederholter Nachfragen immer wieder hingehalten worden sei: „Die Ablehnung
       wurde dann mit Platzmangel begründet, dabei waren im Gerichtssaal laut
       EU-Vertreter noch Plätze frei.“
       
       ## Vietnam ist nicht die DDR
       
       Patzelt blieb dann an der Polizeiabsperrung bei den Demonstranten. „Ich
       bewundere den Mut dieser Leute, sie scheuen kein Risiko,“ berichtete er.
       Doch wunderte er sich nicht nur über deren große Zivilcourage, sondern
       auch, dass die autoritär herrschende KP doch relativ viel zulasse. „Das
       hätte es in der DDR nicht gegeben,“ so Patzelt.
       
       Das Verfahren nannte der Abgeordnete „manipuliert“ und „nicht
       rechtsstaatlich“: „Den Vorwurf des ‚Missbrauchs demokratischer Freiheiten‘
       konnte mir kein offizieller Gesprächspartner definieren.“ Diese hätten
       vielmehr stets betont, es ginge um die Einhaltung der Gesetze. Doch niemand
       thematisiere, dass die Gesetze problematisch seien, so Patzelt.
       
       Medien werden in Vietnam von der KP kontrolliert und zensiert. Immer wieder
       werden Blogger verhaftet, wenn sie Kritik üben. „Wir fordern die
       Freilassung der beiden, denn sie haben nur von ihrem Recht auf Presse- und
       Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht,“ erklärt Dung von Veto!. Er verweist
       darauf, dass Vietnam Mitglied der UN-Menschenrechtskommission sei, aber mit
       solchen Prozessen gegen internationales Recht verstoße.
       
       Der verurteilte Vinh ist Mitglied der vietnamesischen KP. Der Sohn eines
       früheren Ministers und Botschafters in der Sowjetunion war früher Offizier
       der Staatssicherheit, bevor er seine eigene Detektei gründete und zu
       bloggen begann.
       
       23 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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