# taz.de -- Logan-Symposium in Berlin: Eine Elite, die sich genügt
       
       > Das Treffen einiger der renommiertesten Journalisten und Hacker der Welt
       > ist eine Enttäuschung. Ihr Hauptproblem: Sie haben keine Fragen mehr an
       > sich.
       
 (IMG) Bild: Irgendwann wird noch Edward Snowden zugeschaltet – dann ist ja alles gut.
       
       Berlin taz | Nun ist es also soweit. Es reicht also. Es reicht, wenn
       Wikileaks-Gründer Julian Assange und Whistleblower Edward Snowden
       zugeschaltet werden. Es reicht, wenn der Starjournalist Seymour Hersh eine
       Rede hält. Es reicht, wenn fünf Leute vorne auf der Bühne stehen und sagen,
       was sie so machen. Und dann wieder fünf und dann nochmal fünf.
       
       Zwei Tage lang sind beim sogenannten [1][Logan-Symposium] in Berlin einige
       der renommiertesten Hacker und Journalisten der Welt zusammengekommen. Das
       Programm liest sich hervorragend – und es mangelt der Veranstaltung nicht
       an namenhaften Untersützern. Der Spiegel unterstützt die Veranstaltung,
       auch die [2][taz Panter Stiftung] ist mit im Boot.
       
       Und tatsächlich bietet das Gästeprogramm eine Zusammenstellung packender,
       spannender Menschen. Leute, die Weltgeschichte geschrieben haben. Menschen,
       die in kleinen, exklusiven Rechercheprojekten bahnbrechendes tun.
       Journalisten wie der Ghanaer Anas Aremeyaw Anas, die zwar äußerst
       unpünktlich sind, aber in ihrem Heimatländern mit ihren Enthüllungen
       Politik machen. Es ist ein Geschenk an die Stadt Berlin, diese Konferenz
       nach Deutschland zu bringen.
       
       Aber irgendwann, im Planungsstab, muss dann wohl etwas schiefgelaufen sein.
       Denn die Gäste genügen sich selbst. Sie erzählen sich. Sie beklatschen
       sich. Sie stellen sich kaum eine Frage – und vor allem kennen sie keine
       Kontroverse. Zumindest nicht hier. Es ist nun schon einige Zeit her, dass
       durch Edward Snowdens Enthüllungen eine Debatte in Gang kam, die kurz den
       Eindruck erweckte, als könne sich etwas ändern. Als wäre es möglich, aus
       dem Internetnutzer ein politisches Subjekt zu machen, wie damals, in den
       kleinen und großen Revolutionen: Leute, Nutzer, die sich bewusst darüber
       werden, dass ihre Art, das Internet zu benutzen, eine große politische
       Frage ist – und vielleicht nicht nur eine Frage der Befreiung, sondern auch
       eine Frage der Unterdrückung.
       
       ## Depression stellt sich ein
       
       Längst aber hat sich eine Depression eingestellt. Die Aufregung um die
       globale Massenüberwachung ist verflogen. Immer wieder wurde die Frage
       gestellt, was aus den verlorenen Schlachten zu lernen ist, wichtiger aber
       noch: was nun zu tun ist. Hier, bei dieser Logan-Konferenz, sollten darauf
       eigentlich Antworten zu erwarten sein. Die Wikileaks-Familie ist hier, die
       großen Snowden-Unterstützer und eine Reihe wichtiger und kluger Köpfe. Es
       ist ein Forum, das politische Sprengkraft entfalten könnte.
       
       Doch nicht nur ist der Ort in Berlin falsch gewählt, ein steriles
       Konferenzzentrum am Alexanderplatz, alles andere als der attraktive
       Hacker-Chic, der die Hauptstadt sonst ausmacht. Auch gibt es kaum einen
       Streit und wirklich kaum eine Frage. Eine politische Analyse der Jetztzeit?
       Fehlanzeige. Eine Selbstkritik der eigenen Methoden? Nein.
       
       Die Elite – oder sagen wir, um sie zu schonen: die Avantgarde – der
       digitalen Recherche hat vergessen, politische Fragen zu stellen. Denn sie
       genügt sich, sich vereint zu wissen. Ihr Motto: „Challenge Power“. Das ist
       zwar eine gute Idee, aber ein schlechtes Konzept. Es genügt nicht, sich nur
       zu vereinen, wenn es keinen Streit darüber gibt, worum es geht – und wie.
       Denn sind es nicht gerade die Investigatorinnen und Investigatoren, die an
       ihren kritischen Fragen gemessen werden? Nein, die Konferezen, das war ein
       Schaulaufen schöner Projekte, ein Händeschütteln und ein Glückwunsch sagen.
       Aber wenn diese kluge Garde aufhört, sich kritisch mit sich selbst zu
       befassen, dann ist das ein bisschen wenig und etwas schade.
       
       12 Mar 2016
       
       ## LINKS
       
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