# taz.de -- Ökopartei im Richtungsstreit: Sind Grüne „Merkels Klatschverein“?
       
       > Die Grüne Jugend wirft der Partei vor, sich der Kanzlerin anzubiedern.
       > Konservatismus sei in Baden-Württemberg erfolgreich, aber nicht im Bund.
       
 (IMG) Bild: Ministerpräsident Kretschmann schätzt Angela Merkel - wie viele andere Grüne auch
       
       Berlin taz | Die Grüne Jugend ist nicht für ihre ausgeprägte Neigung zur
       Diplomatie bekannt. Die Junggrünen verstehen sich als links, progressiv und
       sie haben keine Angst vor Zuspitzung. Kurz vor den Landtagswahlen in
       Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt meldet sich die
       Jugendorganisation nun mit scharfer Kritik an der eigenen Partei zu Wort.
       
       Merkels „Wir schaffen das“ zu verteidigen, dürfe nicht dazu führen, die
       Unterschiede zwischen den Parteien zu verwischen und „Merkels Klatschverein
       auf der Oppositionsbank zu spielen“, heißt es einem Antrag des Vorstands
       der Grünen Jugend zum Bundeskongress der Organisation. „Mit Bauchpinseleien
       der Kanzlerin durch die Opposition gewinnt man kein Vertrauen in die
       Demokratie und erst recht nicht den Kampf gegen den Rechtspopulismus.“
       
       Mit dieser Kritik zielt die Grüne Jugend auf Baden-Württembergs
       Ministerpräsident Winfried Kretschmann, aber auch auf die Bundespartei und
       ihre Oppositionsarbeit. Die Grünen im Bund hatten in den vergangenen
       Monaten auf eine scharfe Profilierung verzichtet, um Kretschmann einen
       erfolgreichen Wahlkampf zu ermöglichen.
       
       Von Teilen der Grünen werde immer wieder der Konsens in Krisenzeiten
       beschworen, heißt es in dem Antrag. Mit diesem Kurs sei auch eine
       Abmilderung der Oppositionsrolle, eine eher verhalten geübte Kritik an der
       Regierung und „vor allem eine Anbiederung an die Bundeskanzlerin“
       einhergegangen. Kretschmann betont gerne, Konsens sei für ihn in Krisen
       „ein Wert an sich“.
       
       ## Stagnation in Umfragen
       
       Die Junggrünen weisen auf die Stagnation der Bundesgrünen in den Umfragen
       hin. Nach der Wahl 2013 hatten sich die Grünen vorgenommen, die bürgerliche
       Mitte stärker anzusprechen. Seither liegen sie in Umfragen bei 10 Prozent.
       
       Es werde deutlich, dass ein konservativerer grüner Kurs nur in
       Baden-Württemberg Wahlerfolge bringe, „auf Bundesebene aber nicht wirklich
       überzeugt“, heißt es in dem Antrag. Insofern wehre man sich gegen jegliche
       Versuche, die Wahlergebnisse im Südwesten heranzuziehen, um eine
       konservativere Politik als neue Erfolgsstrategie zu legitimieren.
       
       Die Grüne Jugend nimmt auch Bezug auf Tübingens Oberbürgermeister Boris
       Palmer. Einzelne Grünen-Politiker hätten versucht, sich mit
       „rechtspopulistischen, realitätsfernen Äußerungen“ zu profilieren. „Solche
       Vorstöße verurteilt die Grüne Jugend aufs Schärfste.“ Palmer hatte sich in
       Interviews für eine härtere Flüchtlingspolitik und die Sicherung der
       EU-Außengrenzen mit bewaffneten Grenzern ausgesprochen.
       
       Als Beispiel für missglückten Konservatismus hebt der Antrag des
       Jugendvorstands die Asylkompromisse hervor, denen Kretschmann und andere
       von Grünen mitregierte Länder 2014 und 2015 zugestimmt hatten. „Damit haben
       einige Grüne eine Politik mitgetragen, die das Grundrecht auf Asyl
       einschränkt und rechtspopulistische Forderungen erfüllt.“
       
       Den Antrag mit der Überschrift „Progressives Grün statt Liebäugeln mit dem
       Konservatismus“ will der Vorstand auf dem 46. Bundeskongress der Grünen
       Jugend beschließen lassen. Dieser findet vom 18. bis zum 20. März in
       Dortmund statt. Es gilt als wahrscheinlich, dass der Antrag angenommen
       wird.
       
       11 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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