# taz.de -- Carminho über die Fado-Renaissance: „Besinnen auf das Wesentliche“
       
       > Der Fado-Gesang galt in Portugal als antiquiert. Auch durch die
       > Wirtschaftskrise sei er wieder populär geworden, sagt Carminho, die heute
       > in Hamburg singt.
       
 (IMG) Bild: Freut sich am Comeback ihrer Kunst: Fado-Sängerin Carminho.
       
       taz: Carminho, vor zehn Jahren hieß es noch bei den Jüngeren in Portugal
       der Fado sei das Genre der alten Generation. Das scheint sich zu ändern.
       Sie haben ein junges Publikum. Wie kommt das? 
       
       Carminho: Es gab immer Zyklen im Fado, Hochzeiten, aber auch Jahre, wo der
       Fado nicht so populär war, wo er stigmatisiert wurde und in ihn etwas
       reingedeutet wurde. Der Fado galt zeitweise als antiquiert und es gab viele
       Stimmen, die behaupteten, dass die Diktatur in Portugal den Fado für ihre
       Zwecke eingesetzt habe.
       
       War dem so? 
       
       Ich kann das zu wenig beurteilen, weiß aber, dass die Generation meiner
       Eltern, die sehr revolutionär war, dafür eintrat viele Dinge im Land mit
       der Nelkenrevolution von 1974 zu ändern.
       
       Aber der Fado war bis vor zehn Jahren bei der Jugend unpopulär - früher
       sind sie Karten für Fado-Shows doch kaum losgeworden, oder? 
       
       Als ich 12, 13 Jahre alt war, galt es nicht gerade als aufregend Fado zu
       singen. Meine Freunde konnten mich nicht verstehen, machten Scherze über
       mich. Das war eine schlimme, eine wirklich harte, dürre Phase des Fado. Ich
       war komplett außen vor.
       
       Heute scheint der Fado wieder populär zu sein – wie kam es zur Renaissance
       des portugiesischen Blues? 
       
       Dazu beigetragen hat die ökonomische Krise, die wir durchmachen. Die ist
       hart, viele Menschen leiden, aber sie führt auch dazu, dass sich die Leute
       neu orientieren. Portugal hat sich lange Jahre in einer Mainstream-Kultur
       bewegt. Viel ging um Konsum, es musste das Neueste, Schnellste, Intensivste
       sein. Das ist vorbei: der ökonomischen Krise folgte ein Besinnen auf das
       Wesentliche. Das hat einen Umkehrprozess eingeleitet. Die Menschen
       entdecken alte Techniken, lernen alte Kacheln, den eigenen Wein und das
       eigene Gemüse wieder wertschätzen. Es wird etwas Neues geschaffen, mit
       Bezug zur Tradition und das hat ein neues Selbstbewusstsein geschaffen.
       
       Kam es so auch zur Renaissance des Fado? 
       
       Ja, denn heute wird wiederentdeckt, was Teil der Tradition, der Identität
       ist. Dazu gehört der Fado und heute kommen Leute aus dem Theater,
       Schriftsteller, Poeten, Studenten in die Fado-Häuser.
       
       Sie haben die Grenzen des Fados ähnlich wie Mariza und andere gedehnt,
       fusionieren ihn mit Folklore und anderen Rhythmen. War das überfällig? 
       
       Fado ist heute, er ist aktuell, entwickelt sich weiter, ist nicht
       stehengeblieben und ich lebe heute, will Musik von heute machen, mich
       weiterentwickeln und nicht in den engen Grenzen von Gestern verharren. Ich
       will ausdrücken, was mir heute einfällt und wichtig ist – im Fado.
       
       Kleiner Saal in der Laeiszhalle, Hamburg, 3. März 2016, 20 Uhr
       
       3 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Knut Henkel
       
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