# taz.de -- Präsidentschaftsvorwahlen in den USA: „Bernie, Bernie“
       
       > Für Hillary Clinton werden die Vorwahlen in New Hampshire zum Desaster,
       > Sanders liegt deutlich vorne. Bei den Republikanern gewinnt Trump.
       
 (IMG) Bild: Gewinner Bernie Sanders: „Das ist der Beginn einer politischen Revolution.“
       
       CONCORD taz | Als Hillary Clinton ihre Niederlage gegen Bernie Sanders bei
       der Vorwahl in New Hampshire schon eingestanden und [1][öffentlich via
       Twitter gratuliert hat], tönt auf ihrer Wahlparty noch Pharrell Williams’
       „Happy“ aus den Lautsprechern. Glücklich hingegen kann Clinton an diesem
       Abend wahrlich nicht sein. Zwar hatten alle Umfragen darauf hingedeutet,
       dass die Ex-Außenministerin nach ihrem knappen Sieg beim [2][Caucus in
       Iowa] bei der ersten Vorwahl im dem kleinen Bundesstaat in Neuengland am
       Dienstag kaum etwas zu gewinnen haben würde. Doch es wurde nicht nur eine
       Niederlage. Es wurde ein Desaster.
       
       Der linke Sanders, der sich selbst immer wieder als „demokratischer
       Sozialist“ bezeichnet und seine Kampagne vor allem auf den Kampf gegen die
       Wall Street, großes Geld und ein korruptes Wahlspendensystem aufbaut,
       siegte mit 60 Prozent, Clinton bekam 38,4 Prozent. Bei den Republikanern
       gewann Donald Trump mit ebenfalls beeindruckendem Vorsprung, 35,1 Prozent
       votierten für ihn. Dort folgen hinter Trump Ohios Gouverneur John Kasich
       und Ted Cruz, der Sieger Iowas.
       
       Sanders schlägt Clinton dabei in so ziemlich jeder Kategorie: [3][Erneut
       überzeugt er laut einer CNN-Umfrage] die jungen WählerInnen mit weitem
       Vorsprung. Er hat die Progressiven auf seiner Seite, aber auch die
       Moderaten. Die Verheirateten und die Unverheirateten. Bei den als
       unabhängig registrierten Wählern liegt er ebenfalls vorn. Und selbst bei
       den Frauen schlägt er Clinton. „Das ist der Beginn einer politischen
       Revolution“, ruft Sanders seinen Anhängern bei seiner Wahlparty zu. „Diese
       Begeisterung ist es, die die Demokratische Partei braucht, um im November
       zu gewinnen.“
       
       Noch nie hatten sich mehr Menschen an der Primary in New Hampshire
       beteiligt als in diesem Jahr, die Wahlbeteiligung lag bei rund 60 Prozent.
       Bei den Demokraten profitiert Sanders von dieser Bereitschaft der Bürger,
       sich politisch zu engagieren. Die Begeisterung ist während des ganzen
       Wahltags spürbar. In einem Café in Concord spielen Musiker ein
       Solidaritätskonzert für Sanders – kaum ein Gast ist dort, der nicht einen
       „Bernie“-Sticker trägt. Oder Beatrix Hallowell, die mit einem
       selbstgebastelten Schild noch spät am Nachmittag vor einem Wahllokal steht
       und für Sanders wirbt. Sie hofft, dass die Begeisterung für ihren
       Kandidaten weit über New Hampshire hinaus trägt. Nicht wenige, die
       vorbeifahren, kurbeln ihr Fenster herunter und rufen „Bernie, Bernie“.
       
       Sanders wird von einer Bewegung getragen, die ihn nicht nur für seine für
       US-Verhältnisse linken Ideen wie einer Steuer auf Börsenspekulationen,
       Abschaffung der Studiengebühren und einem Mindestlohn von 15 US-Dollar
       schätzt, sondern für seine Aufrichtigkeit. „Die Menschen wollen eine
       Veränderung“, sagt Sanders in seiner Siegesrede und seine Zuhörer jubeln.
       Seine Stimme ist angegriffen und versagt in Momenten. Die seiner Fans
       nicht. Sanders weiß, dass ihn die Masse trägt, auch finanziell, und er ist
       stolz darauf. In seine Rede baut er gleich noch einen kleinen Fundraiser
       ein: „Egal ob 10, 20 oder 50 Dollar. Bitte helft uns, das Geld zu sammeln,
       um dieses Rennen nach South Carolina und nach Nevada zu tragen.“
       
       Das sind die nächsten Stationen im Vorwahlkampf, Sanders’ Momentum könnte
       ihn auch dort beflügeln. Eigentlich rechnet sich das Clinton-Lager in
       diesen Staaten höhere Chancen aus, da die Bevölkerung vielfältiger ist als
       in New Hampshire. Unter Latinos und Afroamerikanern hat Clinton viele
       Anhänger.
       
       In ihrer Rede am Dienstagabend gibt sie sich kämpferischer als noch nach
       dem überraschend knappen Ergebnis in Iowa. Härter als jeder andere Kandidat
       wolle sie arbeiten, sagt Clinton. Und spricht geschickt schon einmal all
       die Zielgruppen an, auf die sie hofft. Sie prangert Polizeigewalt und
       Rassismus an, kommt auf die Einwanderung zu sprechen, richtet sich an die
       LGTB-Gemeinde und fordert gleiche Bezahlung für Männer und Frauen.
       
       Clinton hat in New Hampshire nur bei einer Gruppe von Wählern deutlich
       punkten können: bei denjenigen, die sich einen „wählbaren Kandidaten
       wünschen“. Sie weiß, das allein reicht nicht und räumt ein: „Ich habe
       einiges an Arbeit vor mir.“ Eine Clinton gibt nicht auf, es wäre viel zu
       früh in einem langen Auswahlprozess. Noch am Abend der Niederlage – das
       gehört zum politischen Geschäft – spielt ihre Kampagne die Bedeutung von
       New Hampshire herunter. Als Clinton mit ihrer Familie schließlich die Bühne
       verlässt, erklingt Rachel Plattens „Fight Song“. Der Popsong läuft stets am
       Ende von Clintons Wahlkampfveranstaltungen. „In mir steckt noch eine Menge
       Kampfgeist“, heißt es darin. Ein passender Slogan für die kommenden Wochen.
       
       10 Feb 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://twitter.com/HillaryClinton/status/697239997011922944
 (DIR) [2] /!5274585/
 (DIR) [3] http://www.cnn.com/election/primaries/polls/nh/Dem
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rieke Havertz
       
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