# taz.de -- Friedensgespräche für Syrien in Genf: Opposition will nun doch mitreden
       
       > Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura hat die Friedensgespräche für
       > eröffnet erklärt. Das Assad-Regime stimmt Hilfslieferungen in belagerte
       > Orte zu.
       
 (IMG) Bild: Vor dem Völkerbundpalast in Genf: MedienvertreterInnen warten darauf, dass die Gespräche losgehen
       
       GENF/MOSKAU/ROM ap/rtr | Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura hat die
       Friedensgespräche für Syrien offiziell für eröffnet erklärt. Wie er am
       Montag nach einem Treffen mit Gesandten der größten syrischen
       Oppositionsgruppe am UN-Amtssitz in Genf verkündete, wird er sich am
       Dienstag zu weiteren Gesprächen mit Vertretern der syrischen Regierung
       zusammensetzen, die er schon am Freitag getroffen hatte. Die Führung um
       Machthaber Baschar al-Assad stimmte währenddessen neuen Hilfslieferungen in
       belagerte Orte wie das hungernde Madaja zu.
       
       Sein erstes Ziel sei es, die Gespräche am Laufen zu halten, sagte De
       Mistura. Zugleich mahnte er an, dass diese Runde anders verlaufen müsse als
       frühere, die scheiterten. An die 17 Staaten, die im November 2015 unter
       Führung der USA und Russlands in Wien einen Fahrplan für ein Ende des
       Konflikts ausgearbeitet hatten, appellierte De Mistura, mehr für einen
       Waffenstillstand in dem Bürgerkriegsland zu tun.
       
       Die Gespräche hatten eigentlich bereits am Freitag begonnen. Doch das
       wichtigste Oppositionsbündnis, das Hohe Verhandlungskomitee (HNC),
       erklärte, nicht verhandeln zu wollen, bis die syrische Regierung das
       Bombardement von belagerten Rebellengebieten beende. Am Montag trafen sich
       dann aber doch Vertreter dieser Gruppe mit De Mistura. Ihre Toppriorität
       sei es, dass die „beispiellose“ Bombardierung der von Rebellen
       kontrollierten Vororte von Damaskus durch das syrische Regime aufhöre,
       sagte Komiteemitglied Farah Atassi.
       
       HNC-Sprecher Salem al-Mislet übte nach dem Gespräch mit De Mistura scharfe
       Kritik an Russland, das seit September in Syrien Luftangriffe fliegt, um
       Präsident Baschar al-Assad zu stützen. „Es ist das Regime, das das syrische
       Volk tötet“ sagte er in Anspielung auf Moskau. Seit Russland seinem
       Verbündeten Assad militärisch hilft, konnte dessen Armee in den vergangenen
       Wochen Dutzende Städte und Orte erobern. „Das Regime in Russland wird einen
       neuen Hitler produzieren“, warnte er.
       
       ## Schlaftabletten zum Stillen des Hungers
       
       De Mistura nahm das Eintreffen der HNC-Delegation in Genf zum Anlass, die
       Friedensverhandlungen offiziell zu eröffnen. Die Gespräche mit Vertretern
       der Assad-Regierung und der Opposition sollen dem seit fast fünf Jahren
       tobenden Bürgerkrieg ein Ende setzen und den Weg für einen politischen
       Neuanfang ebnen. In dem blutigen Konflikt wurden bisher mehr als 250.000
       Menschen getötet. Unter anderem soll eine Übergangsregierung eingesetzt
       werden, die binnen 18 Monaten Neuwahlen organisiert.
       
       Die syrische Regierung stimmte laut UN-Angaben neuen Hilfslieferungen in
       die belagerten Orte Madaja, Fua und Kfarja zu. Berichten zufolge leiden
       Hunderte Zivilisten in den drei Gemeinden unter fehlenden Nahrungsmitteln,
       manche sind demnach bereits verhungert, weil humanitäre Lieferungen bis vor
       rund drei Wochen blockiert worden waren.
       
       Berichte über verhungernde Bewohner hatten das Augenmerk in den vergangenen
       Wochen vor allem auf Madaja gelenkt, das seit Monaten von den Truppen von
       Präsident Baschar al-Assad belagert wird und wo bis zu 40 000 Menschen ohne
       Essen und Strom ausharrten. Mitarbeiter von Hilfsorganisation berichteten,
       sie hätten ausgehungerte Menschen in Madaja gesehen, die Skeletten
       ähnelten. Kinder hätten kaum reden oder gehen können. Eltern hätten ihren
       Kindern Schlaftabletten gegeben, um ihren Hunger zu stillen. Fua und Kfarja
       wiederum sind schiitische Dörfer, die von Rebellen umstellt sind. Manche
       sollen hier Gras essen, um zu überleben.
       
       ## Russland schickt neue Kampfjets ins Kriegsgebiet
       
       Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat die syrische Regierung
       aufgefordert, die Friedensgespräche in Genf durch eine humanitäre Geste zu
       erleichtern. „Wir erwarten, dass das Regime am Anfang der Verhandlungen
       wenigstens ein Zeichen setzt“, sagte Steinmeier am Dienstag in Rom, wo sich
       die aus rund 20 Staaten bestehende Kerngruppe der Anti-IS-Koalition zu
       Beratungen trifft. Nötig seien vertrauensbildende Maßnahmen. Dazu zähle,
       dass die Regierung in Damaskus humanitären Zugang zu denjenigen gewähre,
       „die eingeschlossen sind in Syrien, die sich zwischen den Frontlinien
       befinden und keinen Zugang zu Nahrung und medizinischen Hilfsmitteln
       haben“.
       
       Zugleich äußerte Steinmeier Verständnis dafür, dass es der Opposition
       schwerfalle zu verhandeln, während die Truppen des Regimes die Gebiete
       unter oppositioneller Kontrolle bombardierten und es dort weiter Tote gebe.
       
       Unterdessen hat Russland für seinen Militäreinsatz in Syrien Kampfflugzeuge
       der jüngsten Generation in das Bürgerkriegsland geschickt. Eine nicht
       genannte Zahl von Su-35-Jets sei auf den Luftwaffenstützpunkt Hemeimim
       verlegt worden, teilte ein Sprecher des russischen
       Verteidigungsministeriums am Montag mit. Russische Medien berichteten von
       vier Jets. Offenbar sollen sie die Bomber eskortieren und den Abschuss
       eines russischen Kriegsflugzeuges wie im vergangenen November durch die
       Türkei verhindern.
       
       Russland hatte solche Flugzeugeskorten eingeführt, nachdem ein Bomber an
       der syrisch-türkischen Grenze am 24. November von einem türkischen Kampfjet
       abgeschossen worden war. Moskau drohte daraufhin, jegliche künftige
       Bedrohungen für seine Kriegsflugzeuge mit Kampfjets und Langstreckenraketen
       von Hemeimim aus abzuwehren. Der abgeschossene Bomber hatte sich nach
       türkischer Darstellung zuvor im türkischen Luftraum befunden und auf
       Warnungen nicht reagiert.
       
       2 Feb 2016
       
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