# taz.de -- Mieses Betriebsklima beim FC Schalke: Intrigen und Eitelkeiten 04
       
       > Die Stimmungsmache gegen Trainer André Breitenreiter zeigt wieder einmal:
       > Die Arbeitsbedingungen auf Schalke sind, nun ja, schwierig.
       
 (IMG) Bild: Ein Anachronismus im modernen Fußball: Schalke 04
       
       Gelsenkirchen taz | Das Gesicht von André Breitenreiter wirkte weder
       verzweifelt noch verärgert, nur sehr, sehr resigniert, als er am
       Donnerstagnachmittag einen Satz sagte, den man immer wieder hört am
       vielleicht seltsamsten Fußballstandort der Bundesligagegenwart. „Das gehört
       anscheinend zu Schalke 04 dazu“, erklärte der Trainer der ambitionierten
       Gelsenkirchener.
       
       Dieser Klub ist ein Anachronismus in einer Fußballwelt, die mehr und mehr
       vom Geist der Aufklärung durchdrungen ist. Vernunft, Wissenschaft und
       Rationalität spielen überall eine immer wichtigere Rolle, während auf
       Schalke mit Aufsichtsratschef Clemens Tönnies eine Art Monarch herrscht, in
       dessen Reich mittelalterliche Intrigen und zerstörerische Eitelkeiten das
       Alltagsklima verseuchen.
       
       In dieser Woche wurde André Breitenreiter vorgeworfen, er verliere mehr und
       mehr den Rückhalt im Unternehmen. „Intern gibt es massive Kritik, und die
       zieht sich durch alle Bereiche des Vereins“, hatte ein TV-Reporter
       vermeldet. Breitenreiter räumte nun sogar ein, „dass diese Behauptung im
       Einzelfall zutreffen kann, man kann es nicht immer jedem Recht machen“. Er
       spreche „Dinge offen an, damit kann nicht jeder umgehen“, sagte der
       Trainer.
       
       Aber welche Führungskraft in einem mittelständischen Unternehmen ist schon
       bei allen Mitarbeitern beliebt? Und seit wann ist es ein valides Kriterium
       zur Bewertung eines Fußballtrainers, wie groß seine Sympathiewerte auf der
       Geschäftsstelle und unter einigen Ersatzspielern ist?
       
       ## Slomka, Magath, Stevens
       
       Breitenreiter bezeichnete die Behauptungen daher als „eine Art
       Rufschädigung, zumal die Dinge in keinster Weise belegt werden“ und hielt
       dagegen: „Ich habe großes Feedback erhalten, nicht nur aus der Mannschaft,
       auch von vielen Mitarbeitern, dass ich mich nicht verbiegen lassen soll.“
       
       Die Posse zeigt mal wieder eindrucksvoll, wie trainerfeindlich die
       Arbeitsbedingungen in diesem Klub sind, in dem vermutlich auch Thomas
       Tuchel als verkopft, unherzlich und überehrgeizig gebrandmarkt worden wäre,
       wenn er sich vor eineinhalb Jahren mit den Schalkern geeinigt hätte. Mirko
       Slomka wurde hier einst in einer ganz ähnlichen Atmosphäre entlassen, trotz
       beachtlicher sportlicher Erfolge.
       
       Felix Magath ist laut Spiegel gar [1][als „Besatzungsmacht“ empfunden
       worden], als Quelle für diesen Begriff wurden damals übrigens ebenfalls
       „Mitarbeiter“ genannt. Selbst Huub Stevens, der Jahrhunderttrainer,
       verhedderte sich im Gestrüpp der königsblauen Interessen und Eitelkeiten,
       bevor er 2012 entlassen wurde.
       
       ## Seltsame Hysterie, schlechte Bilanz
       
       Vieles deutet darauf hin, dass es weniger ein Mangel an sozialer Kompetenz
       ist, der den Trainern auf Schalke zum Verhängnis wird, als eine
       Unternehmenskultur, in der immer dann große Widerstände entstehen, wenn
       eine Führungskraft andere Prioritäten setzt als die Pflege des sozialen
       Friedens.
       
       Erst wird gemunkelt, was für ein Unsympath da doch zu Gange sein, auf der
       nächsten Eskalationsstufe erzählt man sich konkret, wer sich aus welchen
       Gründen schlecht behandelt fühle. Dann kommt der sportliche Misserfolg, und
       irgendwelche Journalisten erklären, dass es „zwischenmenschlich arge
       Probleme“ gebe, wie es der Sky-Reporter Anfang der Woche gemacht hat.
       
       Das persönliche Verhältnis der Berichterstatter zu dem jeweiligen Trainer,
       spielt in diesem Zusammenhang übrigens auch eine Rolle. Wie fast überall
       gibt es auf Schalke Journalisten, die sich irgendwie für einen Teil des
       Vereins halten, die sich nach der Anerkennung der Verantwortlichen sehnen.
       Trainer und Funktionäre, die ihre fast immer vorhandene Geringschätzung
       gegenüber den Störenfrieden von der Presse allzu offen zeigen, begeben sich
       in die Gefahr, dass ihnen das in Momenten des Misserfolgs heimgezahlt wird.
       
       Das viel größere Schalker Problem ist in der seltsamen Hysterie dieser
       Woche fast ein wenig aus dem Fokus geraten. Die Mannschaft [2][ist zu
       erfolglos] und entwickelt sich in den letzten Monaten nur sehr langsam
       weiter. Sollten die Schalker [3][am Samstag in Darmstadt] nicht gewinnen,
       ist Breitenreiters vorläufige Bilanz noch schlechter als die seines
       Vorgängers Roberto Di Matteo, der als entsetzlicher Trainerfehlgriff gilt.
       
       30 Jan 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-73290189.html
 (DIR) [2] /Bundesliga-Sonntagsspiele/!5271429
 (DIR) [3] http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/spieltag/1-bundesliga/2015-16/19/2855103/spielvorschau_sv-darmstadt-98-98_fc-schalke-04-2.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Theweleit
       
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