# taz.de -- Zivilcourage mit Folgen: „Unser Handeln war alternativlos“
       
       > Die Brüder Reiner und Ralf Bender übersprühten in Limburg Hakenkreuze.
       > Jetzt müssen sie für die Reinigung zahlen.
       
 (IMG) Bild: Auch wenn‘s ein Hakenkreuz wäre: Übermalen kann teuer werden.
       
       taz: Herr Bender, was ist am 27. März 2013 passiert? 
       
       Reiner Bender: Ich war in Limburg unterwegs und habe am Straßenrand eine
       Vielzahl antisemitischer und nazistischer Hetzschriften sowie Hakenkreuze
       bemerkt. Weil ich querschnittsgelähmt bin, kann ich aber nicht so leicht
       aus dem Auto aussteigen. Also habe ich meinen Bruder angerufen. Wir haben
       dies dann dem Ordnungsamt gefaxt und es gebeten, die menschenverachtenden
       Schmierereien zu entfernen. Leider ist daraufhin nichts passiert, also
       haben wir – nach zweieinhalb Wochen – beschlossen, die Hakenkreuze und
       Hetzschriften selbst wegzukratzen, und wo das nicht ging, zu übersprühen.
       Dabei hat uns die Polizei erwischt.
       
       Dafür sind Sie zu knapp [1][1.000 Euro Strafe] verurteilt worden. Das
       Landgericht hat das Urteil jetzt bestätigt. Sie sind Grundschullehrer. Wie
       erklären sie das Urteil Ihren SchülerInnen? 
       
       Das ist überhaupt nicht zu erklären. Es ist ein einziger Irrsinn. Die Stadt
       Limburg hat auf unseren Hinweis nicht reagiert und jetzt macht sie uns, die
       wir in Ersatzvornahme einer untätig gebliebenen Ordnungsbehörde die
       Nazischmierereien entfernt haben, zu Schuldigen, um eigenes Versagen nicht
       eingestehen zu müssen.
       
       Welche Reaktionen haben Sie aus der Bevölkerung erfahren? 
       
       Viele Menschen unterstützen uns, einige haben uns sogar Geld gespendet.
       Aber es gibt eben auch einen Bodensatz, der sich durch das Urteil in seinem
       menschenverachtenden Handeln bestätigt fühlt. Irgendjemand hat dann auch
       kurz nach dem Amtsgerichtsurteil Hakenkreuze auf mein Auto gemalt. Die
       Polizei hat uns geraten, unser Bewegungsprofil ständig zu verändern und
       gewisse Sicherheitsvorkehrungen rund um unser Haus vorzunehmen.
       
       Wenn Sie das nächste Mal an einem Hakenkreuz vorbeikommen, fahren Sie dann
       weiter? 
       
       Natürlich nicht. In der Zwischenzeit ist das auch schon häufiger
       vorgekommen: Zum Beispiel am Holocaust-Gedenktag des letzten Jahres. Wir
       haben ein Hakenkreuz dann eben mit einem Stück Papier überklebt. Wieder
       haben wir es sofort gemeldet, doch dauerte es einige Wochen und bedurfte
       des wiederholten Aufforderns, bis endlich das Hakenkreuz durch das
       Ordnungsamt der Stadt Limburg entfernt wurde.
       
       Haben Sie das Gefühl, etwas verändert zu haben? 
       
       Ja das glaube ich schon. Wir jedenfalls konnten gar nicht anders handeln.
       Wir hätten uns sonst mitschuldig gemacht. Die antisemitischen und
       nazistischen Hetzschriften sowie die Hakenkreuze zu entfernen oder zu
       übersprühen war – wenn ich die Kanzlerin mal zitieren darf – alternativlos.
       
       27 Nov 2015
       
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