# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: taz? Burmester? Obacht!
       
       > Passen Sie auf, wenn ich einen Text schreibe. Und passen Sie noch mehr
       > auf, wenn die ARD über Olympia-Abstimmungen berichtet.
       
 (IMG) Bild: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Und der Vater auch
       
       Hallo, taz-Medienredaktion! Hallo, taz-LeserInnen, allen voran die der
       ersten Stunde!
       
       Dass ich mich diese Woche auch an diejenigen wende, ohne die ich nichts
       wäre, ist ein Ergebnis der Reaktionen auf einen Text, der letzte Woche in
       der taz.nord erschien. Und der mich Folgendes den Leserinnen und Lesern,
       besonders denen der ersten Stunde, mitteilen lassen möchte: Ich schreibe im
       kommenden Jahr erst seit 20 Jahren für die taz und bin damit im Vergleich
       zu Ihnen noch ein Frischling. Doch tun Sie gut daran, augenblicklich mit
       meinem Namen folgende Geisteszustände zu verbinden: Obacht! Und eine
       gesunde Portion Zweifel.
       
       Denn wie schon mein erster Artikel für dieses Blatt, den ich für die
       geschätzte Kollegin Rönneburg auf der Wahrheitsseite schreiben durfte und
       der vielversprechenderweise zu einigen Abo-Kündigungen führte, so treibe
       ich es auch heute noch gern – sagen wir mal – bunt. Wenn Sie also zwei Tage
       vor der Trauerfeier für einen wie Helmut Schmidt einen Bericht von mir über
       ebendiese Feierlichkeiten lesen, noch dazu einen, in dem Zehnjährige
       Menthol-Zigaretten rauchend die Trauerroute säumen und „Opfer polyamouröser
       Männer“ und „Weinende Sekretärinnen e. V.“ aufeinander einhauen, dann seien
       Sie so nett und haben Sie Zweifel! Zweifel daran, ob das sein kann. Ob das
       wohl stimmt.
       
       Und empören Sie sich nicht gegenüber der Chefredaktion bezüglich mangelnder
       journalistischer Sorgfaltspflicht, weil eine „vorgeschriebene“ Geschichte
       „zu früh“ gedruckt wurde. Die Denk-Kombi ist ganz einfach und ist auch für
       taz-LeserInnen der ersten Stunde gut anwendbar: taz – Burmester – Obacht!
       
       ## Sprachrohr der hanseatischen Blazerträger
       
       Auch bei der Redaktion ARD-aktuell, die der NDR verantwortet, würde ich
       gern etwas Riechsalz in die Hirnregionen der Redakteure und Redakteurinnen
       von „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ streuen. Bei denen muss dringend das
       Bewusstsein dafür geweckt werden, was es heißt, unabhängig berichten zu
       sollen, und dass in diesem Zusammenhang Sprache nicht etwas ist, das man
       mal eben hinausschludert.
       
       Obschon das Sprachrohr der hanseatischen Blazerträger, das Hamburger
       Abendblatt, sich zusammen mit der Mopo und Radio Hamburg zum Kämpfer für
       Olympia erklärt hatte, hat sich die Bevölkerung gegen das Gehopse in der
       Stadt entschieden. „In einem denkbar knappen Rennen“, wie
       „Tagesthemen“-Moderatorin Pinar Atalay verkündete.
       
       Abgesehen von der Tatsache, dass das Ergebnis bis Minute 2:45 nicht genannt
       wurde und auch dann nur im Hintergrund auf einer Tafel zu sehen war, sind
       3,4 Prozentpunkte Unterschied nicht das, was man „denkbar knapp“ nennen
       muss. Und bei tagesschau.de hieß es: „Das Referendum ist gescheitert.“ Was
       nicht nur die Pro-Olympia-Haltung der Schreibenden offenbart – der Satz ist
       grandios dummer Blödsinn. Ein Referendum ist schlicht eine Abstimmung. Und
       kann demnach nicht scheitern.
       
       ## Noch ein bisschen Resthirn
       
       Nachdem Pinar Atalay sich noch dazu hinreißen ließ, vom „Olympia-Märchen“
       zu faseln, frage ich mich, was als Nächstes an unreflektiertem Schwachsinn
       in den Sprachgebrauch von Nachrichtenleuten übergehen mag. Dass ein Himmel
       aussieht, als habe Gott ihn mit dem Pinsel gemalt? Dass die Streicher für
       zauberhafte Stimmung beim Empfang gesorgt hätten?
       
       Immerhin war der Reporter vor Ort, Björn Staschen, noch nicht von allen
       guten Geistern verlassen und hat den klugen Gedanken geäußert, dass die
       Annahme des Bürgermeisters, die Anschläge von Paris hätten zu dem Ergebnis
       beigetragen, nicht zutreffend sei, da viele Bürger vorher per Briefwahl ihr
       Veto abgegeben hätten. Danke für ein wenig Restverstand bei der
       Hauptnachrichtensendung! Für den Rest der Garde eine XXL-Portion Riechsalz
       bestellend zurück nach Berlin!
       
       2 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Silke Burmester
       
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