# taz.de -- Bremer Patientenberatung schließt: Das Ende eines Vorbildes
       
       > Die Unabhängige Patientenberatung Bremen macht dicht. Stattdessen
       > übernimmt eine kommerzielle Firma bald auch in Bremen diese Aufgabe.
       
 (IMG) Bild: Eine unabhängige Patientenberatung würde abraten, vom Aderlass. Hier dargestellt von James Gilray (1805, London)
       
       BREMEN taz | Die [1][Unabhängige Patientenberatung Bremen (UPB)] muss nun
       doch zum Ende des Jahres schließen. Das Büro wird aufgelöst, den vier
       Mitarbeiterinnen wurde gekündigt. Dafür eröffnet zu Jahresbeginn eine neue
       Beratungsstelle der [2][Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD)].
       Die wiederum wird ab 2016 von der [3][profitorientierten Firma Sanvartis]
       getragen, die Call-Center für Krankenkassen betreibt und auch für Pharma-
       und Medizinproduktehersteller arbeitet.
       
       Es sei „ausgesprochen bedauerlich“, dass die UPB nun zugunsten von
       Sanvartis aufgeben müsse, so Heidrun Gitter, Präsidentin der Ärztekammer
       und Vorsitzende des Trägervereins. Dabei war Bremen bei der
       Patientenberatung 1998 Vorreiter – anderswo gab es solche Beratungsstellen
       erst 2006.
       
       Bislang wird die bundesweite Patientenberatung von den Verbraucherzentralen
       und dem Sozialverband VDK betrieben, ab 2016 sollte die Bremer
       Beratungsstelle in das Netzwerk integriert werden. Nun kommt alles anders –
       weil Sanvartis den Auftrag bekommen hat. Bezahlen müssen die
       Patientenberatung die Krankenkassen. Der Auftrag dafür wird bislang alle
       fünf Jahre neu vergeben, nun gibt es für sieben Jahre neun statt bisher
       fünf Millionen Euro.
       
       An dem Zuschlag für Sanvartis hatte es viel Kritik gegeben. Die UPD dürfe
       nicht zu einem „krankenkassennahen Call-Center verkommen“, sagte etwa die
       Ärztekammer, auch Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) sieht die
       Vergabe „nach wie vor kritisch“. Sie erwarte von Sanvartis, „dass
       Neutralität und Unabhängigkeit gewährleistet sind“, so Quante-Brandt. Und
       von der Bundesregierung, dass sie „eine strenge Qualitätskontrolle“
       sicherstelle. Aus Sicht des Patientenbeauftragten des Bundes, Karl-Josef
       Laumann (CDU) ist die „Einflussnahmen Dritter auf die Beratung
       ausgeschlossen“.
       
       Weil die von vielen gelobten Mitarbeiterinnen der Bremer Beratungsstelle
       nicht an diese Unabhängigkeit glauben, hatten sie alle „kein Interesse, für
       Sanvartis zu arbeiten“, sagt die Geschäftsführerin Elisabeth Goetz, eine
       Ärztin für Anästhesie.
       
       Getragen wurde die Bremer Institution vom Gesundheitsressort, dem Magistrat
       Bremerhaven, der Krankenhausgesellschaft, der Ärzte- sowie der
       Psychotherapeutenkammer – und den Krankenkassen. Die kamen für ein Viertel
       des Jahresetats von etwa 200.000 Euro auf. „Für die Finanzierung von
       Doppelstrukturen gab es keine rechtliche Grundlage“, heißt es bei der
       Ärztekammer. Die Entscheidung sei „nicht leichtfertig“ getroffen worden, so
       die Ärztekammer, die immer noch an der Unabhängigkeit der neuen
       Patientenberatung zweifelt. Die Linke will das Ende der UPB nochmal im
       Landtag debattieren – und hat eine Anfrage für die Fragestunde eingereicht.
       
       Zwar sei „geprüft“ worden, die UPB zu erhalten, heißt es aus dem
       Gesundheitsressort. Das hätte allerdings nur funktioniert, wenn die
       Krankenkassen diese Doppelstruktur mit bezahlt hätten. Die aber sehen dafür
       keine Veranlassung. Eine Sprecherin des Verbandes der Ersatzkassen verweist
       auf das „valide Ausschreibungsverfahren“, das Sanvartis für sich
       entschieden habe, und die „hohen Ansprüche“ darin. Ein eigenes System in
       Bremen war „nicht finanzierbar“, sagt die Sprecherin des
       Gesundheitsressorts.
       
       Die UPB hat bisher rund 4.000 Personen im Jahr beraten, in bis zu 6.000
       Gesprächen. Zu den vier MitarbeiterInnen gehörten eine Ärztin, eine
       Juristin, eine Sozialpädagogin und eine Krankenschwester. Oft begleiteten
       sie auch längere Behandlungsprozesse.
       
       Wer wann und wo genau in der neuen Bremer Beratungsstelle der UPD arbeiten
       wird ist noch unklar. Sanvartis verspricht zudem kostenfreie telefonische
       Beratung, werktags von acht bis 22 Uhr und samstags bis 18 Uhr, kostenfrei
       auch von Mobiltelefonen unter der bisherigen Hotline 0800 / 011 77 22.
       
       23 Nov 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.patientenberatung-bremen.de/
 (DIR) [2] http://www.patientenberatung.de/
 (DIR) [3] http://www.sanvartis.de/site-p/presse/detail/archive/2015/september/article/ab-2016-modernes-angebot-einer-unabhaengigen-und-kostenlosen-beratung-fuer-patienten.html?tx_ttnews%5Bday%5D=21&cHash=e8f941ec309a6d24b0d7308a97207cd7
       
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