# taz.de -- IS im Nordirak in der Defensive: Kurden erobern Sindschar zurück
       
       > Nach zweitägigen Gefechten treten die Kämpfer des IS offenbar den Rückzug
       > an. Ein Massengrab mit Leichen von Jesidinnen wird gefunden.
       
 (IMG) Bild: Kurdische Kämpfer sammeln sich in Sindschar.
       
       Istanbul taz | Die Eroberung von Sindschar im Nordirak durch Kurden und
       ihre Verbündeten ist ein wichtiger militärischer Etappensieg über den
       Islamischen Staat (IS). Ihr kommt auch eine symbolische Bedeutung zu, steht
       der Name doch für die Gewalt der Dschihadisten gegenüber der religiösen
       Minderheit der Jesiden. Am Samstag wurde am Stadtrand von Sindschar ein
       weiteres Massengrab entdeckt, in dem vermutlich die Leichen von 78
       Jesidinnen liegen.
       
       Am Freitag, dem zweiten Tag der Offensive, gelang es den kurdischen
       Kämpfern, Sindschar einzunehmen. Kurdische Fernsehsender zeigten ein Bild
       der Verwüstung: In ganzen Stadtteilen waren die Straßen gesäumt mit
       zerbombten Häusern, ausgebrannten Autowracks und eingestürzten Strommasten.
       
       Im Vorfeld der Bodenoffensive hatten US-Kampfjets mutmaßliche IS-Stellungen
       in der Stadt bombardiert. Unterstützt von weiteren Luftangriffen rückten
       dann am Donnerstag mehr als 7.000 Peschmerga, Kämpfer des kurdischen
       Teilstaats im Nordirak, von Norden und Osten auf Sindschar vor. Von der
       syrischen Seite im Westen stießen Einheiten der kurdischen Arbeiterpartei
       Kurdistans (PKK) und ihres syrischen Ablegers YPG vor. Angesichts dieser
       Übermacht traten die IS-Kämpfer offenbar den Rückzug an.
       
       Die Offensive rund um Sindschar ist Teil einer seit Längerem geplanten
       Großoffensive auf das Kernland des IS zwischen Rakka in Syrien und Mossul
       im Irak, den beiden Hauptstädten der Extremisten. Die USA haben in jüngster
       Zeit auch etliche Angriffe auf Rakka geflogen. Nach Angaben syrischer
       Aktivisten wurde am Donnerstag der berüchtigte IS-Mörder „Jihadi John“
       getötet. Der Extremist sei um 23 Uhr 40 durch einen Drohnenangriff auf
       seinen Wagen getötet worden, erklärte die Aktivistengruppe „Rakka is Being
       Slaughtered Silently“ via Twitter. Dazu publizierten die IS-Gegner eine
       Karte, die den angeblichen Ort des Raketeneinschlags zeigt. Offiziell
       bestätigt wurde dies zunächst nicht. Nach Erkenntnissen des britischen
       Geheimdienstes handelt es sich bei „Jihadi John“ um Mohammed Emzawi, einen
       Briten, der aus Kuwait stammt.
       
       IS-Mörder Jihadi John offenbar getötet 
       
       Ein Wendepunkt im Kampf gegen den IS wäre die Tötung von „Jihadi John“
       kaum, zumal unklar ist, welche Rolle er in der IS-Hierarchie spielte. Sie
       wäre aber ein Hinweis, dass die Aufklärungsarbeit der USA und ihrer
       Verbündeten Fortschritte macht. Dies dürfte in den Reihen des IS für Unruhe
       sorgen.
       
       Militärisch wichtiger ist die Einnahme von Sindschar. Die Stadt liegt an
       der strategisch wichtigen Verbindungsroute zwischen Rakka und Mossul. Im
       August vorigen Jahres mussten die Kurden hier eine demütigende Niederlage
       einstecken, als Peschmerga von der Partei des Regionalpräsidenten Masud
       Barzani vor den IS-Kämpfern die Flucht ergriffen. Damit überließen sie
       Zehntausende von Jesiden schutzlos den Extremisten. Tausende von Jesiden
       wurden verschleppt, Hunderte von Frauen versklavt und vergewaltigt.
       
       Die Peschmerga hätten einen historischen Sieg errungen, sagte Barzani am
       Freitag auf einem Hügel über der Stadt. Die Einheiten der PKK und der YPG,
       die den Jesiden im vergangenen Jahr zu Hilfe geeilt waren und die auch
       jetzt an vorderster Front kämpften, erwähnte er nicht. Zwischen den
       Fraktionen schwelt ein erbitterter Machtkampf, der dazu geführt hatte, dass
       die Offensive nicht schon früher beginnen konnte. Am Freitag hissten beide
       Seiten ihre Fahnen in Sindschar. Die Leidtragenden sind einmal mehr die
       Jesiden, von denen noch viele vermisst werden.
       
       15 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Inga Rogg
       
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