# taz.de -- Neuer Lehrplan für Berliner Schulen: Keiner für alle
       
       > Trotz heftiger Gegenwehr der CDU will die SPD offenbar an einem
       > gemeinsamen Lehrplan für alle Schulformen festhalten.
       
 (IMG) Bild: Unbestritten: Das ABC muss jeder lernen
       
       Es dürfte ein Koalitionskrach mit Ansage werden. Im Dezember will die
       Senatsverwaltung für Bildung den neuen Rahmenlehrplan für die Berliner und
       Brandenburger SchülerInnen vorstellen – und aller Voraussicht nach daran
       festhalten, dass es auch künftig keinen separaten Unterrichtsplan für die
       Gymnasien geben soll.
       
       Ein Sprecher von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) bestätigte am
       Mittwoch entsprechende „Zwischenergebnisse“ aus den Arbeitsgruppen, die
       derzeit mit der Erarbeitung des neuen Lehrplans beschäftigt sind. Ab
       2017/18 soll er die bisherigen Lehrpläne ablösen.
       
       Für die CDU ist der Einheitslehrplan für die Klassen 1 bis 10 – bisher
       wurden Grundschule, Sekundarstufe I und Sonderschulen getrennt betrachtet –
       ein rotes Tuch. Sie fürchtet vor allem den schwindenden Stellenwert der
       Gymnasien. Zuletzt hatten die Berliner Christdemokraten auf einem Kleinen
       Parteitag im Frühjahr, als bereits ein erster Entwurf des neuen Lehrplans
       vorgestellt wurde, heftig gegen eine „Gleichmacherei“ der Schulformen
       protestiert.
       
       Auch die Vereinigung der Oberschuldirektoren des Landes Berlin (VOB), eine
       Interessenvertretung der Gymnasialschulleiter, will lieber zweigleisig
       fahren: Ein Einheitslehrplan „konterkariere“ das Berliner Zweisäulenmodell
       aus Sekundarschule und Gymnasium.
       
       ## Angst vor Beliebigkeit
       
       Der Verband Sonderpädagogik rang sich im März zwar lobende Worte für den
       Willen zur „Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen“ ab – denn der
       Rahmenlehrplan für den Förderschwerpunkt Lernen an Sonderschulen soll
       künftig entfallen. Doch in den meisten Fächern seien die Standards nun zu
       hoch angesetzt, der Schwerpunkt sei zu wenig auf die berufliche Bildung
       gelegt. Konkret bemängelte man etwa die Reduzierung der Stunden für das
       Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik an sonderpädagogischen Schulen.
       
       „Die Argumentation der Senatsverwaltung, es könne laut Berliner Schulgesetz
       nur einen Lehrplan geben, der Inhalte schulartenübergreifend regelt, ist
       einfach falsch“, sagt VOB-Vorsitzender Ralf Treptow. „Das Schulgesetz
       spricht ganz klar vom Plural, von Lehrplänen.“ Ja, schon, heißt es aus der
       Senatsverwaltung. Aber der Plural beziehe sich darauf, dass es weiterhin
       eigene Pläne für die gymnasiale Oberstufe und den sonderpädagogischen
       Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“ gebe.
       
       Ein Lehrplan für alle, sagt hingegen Mathelehrer Treptow, könne Inhalte nur
       wenig konkret festschreiben: „Da haben die einzelnen Schulen viel Freiraum.
       Im Prinzip wird also nicht vereinheitlicht, sondern genau das Gegenteil
       erreicht.“
       
       ## Linke: Keine Extrawurst für Gymnasien
       
       Unsinn, heißt es dazu aus der Ecke der Linken. „Sicher haben die Schulen
       eine gewisse Verantwortung – aber eben auch einen aus unserer Sicht ganz
       klar gesetzten Rahmen, mit Beliebigkeit hat das nichts zu tun“, sagt die
       bildungspolitische Sprecherin Regine Kittler. „Zudem würde eine Extrawurst
       für die Gymnasien ja suggerieren, es gibt einen Weg erster und zweiter
       Klasse zum Abitur.“
       
       Alles zumindest ein bisschen neu dagegen im Fach Sexualkunde: „Bildung für
       sexuelle Selbstbestimmung“ soll als Lerninhalt aufgenommen werden. Brauchen
       wir nicht, heißt es da aus der CDU. Auch das sieht man bei der Linken
       anders: „Solange ich auf Schulhöfen immer noch ‚schwul‘ als gängige
       Beleidigung höre, sehe ich da durchaus noch Aufklärungsbedarf“, sagt
       Linken-Abgeordnete Kittler.
       
       SPD-Landeschef Jan Stöß hatte die bildungspolitischen Parteitage der CDU im
       März als „Wahlkampfgetöse“ abgetan. Lange wird er sich die Ohren wohl nicht
       mehr zuhalten können.
       
       29 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Klöpper
       
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