# taz.de -- Die Wahrheit: Heimkehr der Gangster
       
       > Neues aus Neuseeland: Australien will kriminelle Kiwis loswerden und nach
       > Aotearoa abschieben. Das schafft böses Blut zwischen den Nachbarn.
       
       Vor Jahren lästerte der frühere neuseeländische Premierminister Robert
       Muldoon über die vielen Kiwis, die sein Land für ein besseres Leben in
       Australien verließen: Durch diesen Exodus würde sich der
       Intelligenzquotient in beiden Ländern heben. Jetzt kommt die Retourkutsche
       von „drüben“, und sie ist kein Scherz. Australien will all die Neuseeländer
       abschieben, die im Zuge dieser IQ-Anhebung kriminell geworden sind.
       
       Bis zu tausend Straffällige schickt Australiens neuer Premier Malcolm
       Turnbull demnächst auf den Weg in die alte Heimat, damit sie ihm nicht mehr
       auf der Tasche liegen. Ein Riesenschreck für unser kleines braves Land:
       Darunter sind nicht nur Mitglieder der berüchtigten Biker-Gang Bandidos,
       sondern Drogendealer, Mörder und Vergewaltiger. Volkes Stimme jault auf:
       Die dürft ihr gern behalten! Schließlich sind sie ja bei euch erst zu
       Gangstern geworden, in dem großen bösen Land, das – wir wollen wirklich
       nicht darauf rumreiten, aber es muss doch mal wieder betont werden dürfen –
       einst von Strafgefangenen besiedelt wurde.
       
       So gesehen gäbe es die Supermacht Australien gar nicht – ohne Abschiebung
       von Kriminellen. Wie etwa die elfjährige Mary Wade, die aus dem
       viktorianischen England auf den roten Kontinent verschifft wurde, weil sie
       einem anderen Kind ein Kleid stahl. Diese Schwerverbrecherin ist die
       Vorfahrin von Kevin Rudd – dem ehemaligen Australienpremier, der sich bei
       den Aborigines offiziell entschuldigte. Da kann man mal sehen, dass das
       ganze unerfreuliche Prozedere ein paar Generationen später doch noch zur
       Resozialisierung führen kann.
       
       Nur mit dem Verfahren selbst hakt es noch etwas. Viele kriminelle Ex-Kiwis
       leben seit ihrer Kindheit auf der anderen Seite der Tasmanischen See und
       können sich an ihr Geburtsland kaum noch erinnern. So wie der 56-jährige
       Querschnittsgelähmte, der vor ein paar Wochen zwangsdeportiert wurde. Mit
       nur 200 Dollar in der Tasche und einem Übernachtungsgutschein für eine
       Woche, aber keinerlei Freunden oder Familienkontakten fand er sich komplett
       verstört und gottverlassen am Flughafen Auckland wieder.
       
       Besonders übel trifft es jene, die in Nacht-und-Nebel-Aktionen von
       Rollkommandos in Abschiebelager für Asylsuchende gebracht werden. Manche
       müssen wochenlang auf der berüchtigten Christmasinsel im Südpazifik
       ausharren, wo die Bedingungen unmenschlich sind.
       
       Diese schäbige Behandlung vom großen Bruder nebenan war zu viel des
       Schlechten. Man ist tief verletzt. Plötzlich spritzt das Gift aus allen
       Kommentaren. Kiwis berichten, wie übel sie „drüben“ behandelt werden – als
       Menschen zweiter Klasse. Wenn Australien billige Bauarbeiter braucht, dann
       seien die armen Nachbarn willkommen, aber dableiben dürften sie nicht.
       Darauf verzichten wir!
       
       Malcom Turnbull hat uns gerade einen Besuch abgestattet. Da wurde auch die
       Knackifrage erörtert. Ein fairer Vorschlag: Ab sofort deportieren wir all
       die Possums nach Australien, die sich in Aotearoa als Schädlinge
       breitgemacht haben.
       
       21 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anke Richter
       
       ## TAGS
       
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