# taz.de -- Informationsfreiheit in China: Apple zensiert sich selbst
       
       > Ist es vorauseilender Gehorsam oder weise Voraussicht? Der
       > US-Elektronikhersteller Apple hat seine Nachrichten-App „News“ in China
       > gesperrt.
       
 (IMG) Bild: China überwacht die Kommunikation seiner Bürger
       
       Berlin taz | Das US-Unternehmen Apple hat Medienberichten zufolge offenbar
       seine Nachrichten-App „News“ in China abgeschaltet. Wie die [1][“New York
       Times“ (NYT)] unter Berufung auf „eigene Quellen, die mit der Situation
       vertraut seien“ berichtet, soll der im kalifornischen Cupertino beheimatete
       Elektronikhersteller den Zugriff für Nutzer aus dem chinesischen Netz
       eigenhändig gekappt haben. Dem Artikel zufolge habe man so der Zensur durch
       chinesische Behörden zuvor kommen wollen. Apple hat sich dazu noch nicht
       geäußert.
       
       Anfang Oktober hatte der Start-up-Gründer Larry Salibra einen
       [2][Screenshot seines Handys samt Bildunterschrift] getwittert, in dem er
       feststellte: „Apple News schaltet sich ab, wenn man vom chinesischen
       Festland aus Online geht.“ Auf [3][seinem Blog erklärte Salibra], er habe
       zwar einen US-Account bei Apple, arbeite aber regelmäßig in China. In
       Hongkong funktioniere die Anwendung, aber sobald man aber das chinesische
       Festland betrete, erscheine die von ihm getwitterte Fehlermeldung.
       
       In China gelten besonders restriktive Vorgaben zur Verbreitung von
       Informationen. Unternehmen, die Nachrichten bereitstellen, müssen sich bei
       der chinesischen Zensurbehörde, der größten Behörde des Landes,
       registrieren und ihre Veröffentlichungen genehmigen lassen. Zusätzlich
       kontrollieren Zensoren bei Internetanbietern Inhalte und sperren
       nicht-regierungskonforme Aussagen. Die Zensurbehörde betreibt unter anderem
       ein [4][Firewallsystem namens „Goldener Schild“], das das chinesische Netz
       vom restlichen Internet trennt und Daten von Außen filtert, zensiert oder
       blockiert.
       
       Andere US-Dienste wie Facebook, Google oder Twitter werden ebenfalls durch
       den „Goldenen Schild“ abgeschirmt. Die staatliche Zensur macht es
       ausländischen Firmen zunehmend schwerer, im Land Geschäfte zu machen. So
       lagerte Google beispielsweise vor einigen Jahren seine chinesische Websuche
       nach Hongkong aus, um der Zensur zu entgehen.
       
       ## Der chinesische Markt ist attraktiv für Elektronikhersteller
       
       China ist mit seinen 1,37 Milliarden Einwohnern einer der wichtigsten
       Märkte für Elektronikhersteller und nach den USA für Apple der
       zweitinteressanteste Absatzmarkt. [5][Allein im dritten Quartal 2015]
       setzte das Unternehmen umgerechnet 11,5 Milliarden Euro um und verkaufte
       dort erstmals mehr Smartphones als in den USA.
       
       Sowohl der Unternehmer Salibra als auch die New York Times vermuten, man
       wolle sich durch diesen Schritt mit dem kommunistischen Land gut stellen.
       
       Mit dem im September 2015 veröffentlichten Betriebssystem iOS 9, kam auch
       die vorinstallierte App „News“ dazu. Sie soll dem Nutzer Nachrichten aus
       dem WWW zusammen suchen, die speziell auf die persönlichen Interessen
       zugeschnitten sind. Aus selbst ausgewählten Quellen werden in der App
       Artikel vorgeschlagen. Auch kann die Anwendung eigenständig relevante
       Nachrichten vorschlagen, ähnlich wie bei Facebook.
       
       Derzeit ist das Programm ausschließlich in den USA verfügbar. In
       Großbritannien und Australien läuft eine Testphase, in Deutschland ist es
       gar nicht verfügbar. Dies lässt sich jedoch umgehen, indem man im
       Betriebssystem des „i“-Produkts die Regionseinstellung auf „US“ umstellt.
       
       Erst im vergangenen Monat hatte das kalifornische Unternehmen einige Apps
       aus seinem Angebot nehmen müssen, die größtenteils in China Verwendung
       fanden. Sicherheitsforschern des chinesischen Online-Händlers „Alibaba“ war
       aufgefallen, dass bis zu 40 Programme aus dem App-Store mit Schadsoftware
       verseucht waren. Staatliche Quellen sprachen sogar von über 350 betroffenen
       Apps. Schätzungen zufolge waren mehrere hundert Millionen Nutzer von dem
       Cyberangriff betroffen.
       
       12 Oct 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.nytimes.com/2015/10/12/technology/apple-is-said-to-deactivate-its-news-app-in-china.html?_r=0
 (DIR) [2] https://twitter.com/larrysalibra/status/649807140488540160
 (DIR) [3] https://www.larrysalibra.com/how-apple-censors-news-in-china/
 (DIR) [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Projekt_Goldener_Schild
 (DIR) [5] https://www.apple.com/de/pr/pdf/q3fy15datasum_2.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Brand
       
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