# taz.de -- Die Wahrheit: Atemlos in Konstanz
       
       > Wenn die Tarantino-Rocker aus „From Dusk till Dawn“ live am Bodensee
       > spielen, sind Sardellenromantik und luftabschnürendes Tanzen angesagt.
       
 (IMG) Bild: Bisschen Haare, keine Haare, lange Haare. Vielfalt bei den Bandidos.
       
       Diesen Song wollte ich live erleben, seit ich ihn im Kino sah. Ich besaß
       sogar eine CD der Band. Wahrscheinlich als Einziger hier. Aber die anderen
       449 dicht Gedrängten waren auch wegen dieses Stücks in den Kulturladen
       Konstanz gekommen, eine ehemalige Kaserne. Wir hatten die
       schwimmbadähnliche, enge Konzerthalle betreten und standen nun in waberndem
       Rauch. Geil. Wie früher! Wer es gut gelüftet und kühl haben wollte, musste
       in den abgetrennten Raucherbereich.
       
       Fast pünktlich begann die Band. US-Rock. Gitarren, Kult, Legende! Das
       Schwimmbad gefüllt bis zum Bersten. Sardellenromantik. Wir waren zwar nicht
       in Öl eingelegt, aber unsere Leiber glänzten trotzdem. Schweiß floss. Die
       ersten in der Badeanstalt begannen sich mit Schwimmbewegungen über dem
       stetig steigenden Wasser zu halten. Ich erwartete jeden Augenblick einen
       Kurzschluss. Es sah aus, als seien hier noch Leitungen über Putz verlegt.
       
       Mexikanische Sauna am Bodensee. Finnen hätte sich wohl gefühlt, aber See
       und Rhein waren zu weit, um sich zwischendurch abzukühlen. Denn dann würde
       man womöglich das eine Lied verpassen. Die Schwitzenden kannten doch nur
       diesen Song der Band, die in Urbesetzung gekommen war. Tito & Tarantula.
       Tito himself, Peter Atanasoff und Johnny Vatos, dazu Allysa, Marcus und
       Lolita. Nah wie nie. Näher gibt es das höchstens im Kino.
       
       Super Musik, vom ersten bis zum letzten Ton. Leider warteten alle nur auf
       „After Dark“, das sie aus dem Kino kannten, aus „From Dusk till Dawn“, mit
       Clooney und Tarantino als durchgeknalltem Brüderpaar. Die Konstanzer waren
       höflich, aber sie warteten. Außer denen, die wegen Atemnot schon draußen im
       Sauerstoffzelt lagen.
       
       Und dann kam er, der Song, für den Badener und Badende angereist waren.
       Dafür sind einst das Wah-wah-Pedal und der Vibrato-Hebel erfunden worden.
       Im Film gibt es die legendäre Szene, bei der alle Protagonisten zum
       Showdown im Tabledance-Schuppen Titty Twister landen. Zu „After Dark“ tanzt
       Salma Hayek als Go-go-Girl mit gelber Schlange einen atemberaubend
       erotisch-ironischen Tanz, an dessen Höhepunkt Tarantino den Whisky von
       ihren Zehen schlürft.
       
       Tito und seine Tarantulas spielten ein ewig langes Solo. In der ersten
       Reihe tanzte eine Frau im kleinen Schwarzen. Tito rief ihr zu: „Wanna dance
       Salma?“ Er zog sie auf die Bühne, und sie tanzte lasziv wie Salma, nur ohne
       Schlange. Konstanz hielt den Atem an wie Tarantino im Film.
       
       Bei der ersten Zugabe versuchte meine Freundin, noch einmal zu atmen, dann
       fiel sie um. Ich hob sie auf und trug sie hinaus wie Steve Martin einst
       Rachel Ward in „Tote tragen keine Karos“. Ich absolvierte das volle
       Programm: Mund-zu-Mund-Beatmung, Herzmassage, Luftröhrenschnitt. Sie kam zu
       sich, schaute mir in die Augen und hauchte: „Wanna dance Salma!“ Dann
       fuhren wir zur Tanke, kauften eine Flasche Whisky, legten „After Dark“ auf
       – und während sie tanzte, schraubte sie den Deckel auf.
       
       23 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Gieseking
       
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