# taz.de -- Urteil gegen Frankreichs Staatsbahn: Wegen Diskriminierung verurteilt
       
       > Jahrzehntelang sind marokkanische Arbeiter schlechter behandelt worden
       > als ihre Kollegen bei SNCF. Nun haben sie einen historischen Erfolg
       > errungen.
       
 (IMG) Bild: Das Urteil gegen SNCF kann nun als Präzedenzfall in anderen Staatsunternehmen angewandt werden.
       
       PARIS taz | Ehemalige marokkanische Mitarbeiter der französischen
       Staatsbahn SNCF haben vor dem Pariser Arbeitsgericht wegen Diskriminierung
       durch den Arbeitgeber einen historischen Erfolg errungen. Am Ende einer
       mehr als 10 Jahre lang dauernden und höchst ungewissen Prozedur haben die
       Richter den 832 Klagenden Recht gegeben. Jeder von ihnen soll zur
       Wiedergutmachung rund 200.000 Euro erhalten.
       
       Dieser Gerichtsentscheid zur Vergangenheitsbewältigung dürfte die
       Bahngesellschaft immerhin rund 150 Millionen kosten. Vor allem aber könnte
       das Urteil als Präzedenzfall auch in anderen Staatsunternehmen zur
       Anwendung kommen.
       
       Vorerst aber wollten die „Chibanis“ – wie diese „Weißhaarigen“ auf Arabisch
       genannt werden – im Gerichtssaal ihren Triumph auskosten: „Vive la
       République, vive la France, vive la justice!“, riefen die bei der
       Urteilsverkündung anwesenden Senioren. Zu Tränen gerührt meinte einer von
       ihnen, es sei ja nicht bloß um Geld, sondern um die Gerechtigkeit und seine
       Menschenwürde gegangen. Wie rund 2.000 seiner marokkanischen Landsleute war
       er in den 70ern von der SNCF angeheuert worden, um im Eiltempo neue
       Bahnstrecken zu bauen und Gleise zu warten.
       
       Die Marokkaner hatten grundsätzlich keine Chance für einen beruflichen
       Aufstieg bei der SNCF, und als Ausländer waren sie von den Lohnkategorien
       des öffentlichen Dienstes ausgeschlossen. Diese Ungleichheit wirkt sich bis
       heute auf Altersrenten aus. Nach mehreren Jahrzehnten treuer Dienste für
       die französische Bahn beziehen heute die „Chibanis“, von denen viele im
       Verlauf ihrer „Karriere“ eingebürgert wurden, eine Altersrente von
       lediglich 350 Euro.
       
       Für die SNCF war die ungleiche Behandlung eine logische Folge der
       Unterscheidung zwischen ausländischen Hilfskräften mit privatrechtlichen
       Verträgen und den französischen Bahnarbeitern. Nach langer Beratung kam das
       Gericht dagegen zum Schluss, dass dies keineswegs „normal“ war, sondern
       eine Diskriminierung darstellte. Vor einigen Jahren hatten die betroffenen
       Marokkaner bereits vor Gericht erreicht, dass sie wie ihre französischen
       Kollegen ab 55 in Frührente gehen konnten. In der Vergangenheit hatte
       Frankreich bei den ausländischen Kriegsveteranen aus Afrika späte
       Wiedergutmachung für die zum Teil krasse Ungleichheit der Renten geleistet.
       
       21 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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