# taz.de -- Mediziner über Tumorbekämpfung: Sport hilft gegen Krebs
       
       > Wer sich sportlich bestätigt, unterstützt körpereigene Abwehrmechanismen
       > bei der Tumorbekämpfung, sagt Sportmediziner Wilhelm Bloch.
       
 (IMG) Bild: Aktive Patienten können besser mit den Nebenwirkungen der anstrengenden Chemotherapie umgehen.
       
       taz: Herr Bloch, Bewegung und gesunde Ernährung sind wichtige Bausteine der
       Krebsprävention. Doch hilft Sport auch während einer Krebstherapie? 
       
       Wilhelm Bloch: Der präventive Einfluss eines gesunden Lebenswandels auf die
       Krebsentstehung ist schon länger akzeptiert. Inzwischen wissen wir, dass
       sich Sport auch positiv auf den Krankheitsverlauf auswirkt. Fitte Patienten
       verkraften die anstrengende Chemotherapie oder große Operationen deutlich
       besser. Deshalb haben wir an der Deutschen Sporthochschule
       Trainingsprogramme entwickelt, die gleich nach der Krebsdiagnose beginnen
       und die Patienten auf die anstrengende Therapie vorbereiten.
       
       Welche positiven Auswirkungen hat Sport für die Krebspatienten? 
       
       Aktive Patienten können besser mit den Nebenwirkungen der anstrengenden
       Chemotherapie umgehen und erholen sich nach schweren Operationen deutlich
       schneller. Sie können ihr Körpergewicht und die Muskelmasse besser halten.
       Ihr Stoffwechsel wird häufiger angeregt. Sport reduziert auch
       Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Auch eine Fatigue, die
       chronischen Erschöpfung bei Krebs, tritt seltener auf. Unsere
       Untersuchungen zeigten außerdem, dass fitte Patienten mehr Abwehrzellen für
       die natürliche Tumorbekämpfung besitzen. Studien haben diese positiven
       Effekte bereits für Brust-, Darm- und Prostatakrebs gezeigt. Erste
       vergleichbare Ergebnisse gibt es auch bei Leukämie.
       
       Tut der Sport auch der Psyche gut? 
       
       Ja. Unsere Probanden berichten immer wieder, dass der Sport ihrem Alltag
       neue Struktur und Abwechslung gibt und hilft, auf andere Gedanken zu
       kommen. Mit der Leistungsfähigkeit steigt oft auch das Selbstbewusstsein.
       Außerdem trifft man beim Sport oft Gleichgesinnte, mit denen man sich
       austauschen kann.
       
       Wie werden die Trainingspläne entwickelt und was beinhalten sie? 
       
       Die Bandbreite der Krebserkrankungen ist groß. Wir haben junge Patientinnen
       mit Brustkrebs, aber auch viele Senioren mit zusätzlichen, chronischen
       Erkrankungen. Deshalb müssen die Trainingspläne sehr individuell von
       Sportmediziner entwickelt werden. Sie beinhalten bis zu fünf
       Trainingseinheiten pro Woche. Zum Beispiel leichtes Gerätetraining im
       Fitnessstudio, dazu Ausdauersportarten wie Radfahren, Walking oder
       Aquajogging. Wichtig ist eine intensive Begleitung durch Mediziner und
       Sportwissenschaftler, um Überlastungen zu verhindern.
       
       Wie intensiv darf das Training sein? 
       
       Das ist eine wichtige, noch nicht endgültig beantwortete Forschungsfrage.
       Im Moment setzen wir auf regelmäßiges und moderates Training. Das heißt,
       wir gehen nicht komplett an die Leistungsgrenze der Patienten. Bei der
       Auswahl der Sportarten orientieren wir uns an der Fitness und den Vorlieben
       der Erkrankten. Mittelfristig wollen wir aber Orientierungshilfen für die
       Erstellung von individuellen Trainingsplänen für verschiedene
       Krankheitsbilder und ihre Erfolgskontrolle entwickeln. Dabei geht es nicht
       nur um die Dosis, sondern auch die Art der Bewegung.
       
       Wird während der gesamten Krebstherapie trainiert? Immerhin galt während
       der Chemotherapie die Schonung der Patienten lange als wichtiger Grundsatz. 
       
       Unser Konzept sieht ein Training während der gesamten Krebsbehandlung vor,
       auch während der Chemotherapie. Natürlich gibt es für die Patienten direkt
       nach der Behandlung auch Ruhetage zur Regeneration. Danach wird das
       Training aber wieder aufgenommen. Es hat sich gezeigt, dass die Patienten
       so die Chemotherapie deutlich besser vertragen und sich schneller wieder
       besser fühlen – sowohl körperlich als auch physisch.
       
       Macht es einen Unterschied, ob die Patienten schon vor der Diagnose
       sportlich waren oder ob sie erst danach mit regelmäßigem Training beginnen? 
       
       Das ist eine wichtige Fragen, auf die wir noch keine abschließende Antwort
       gefunden haben. Es deutet sich an, dass es Unterschiede gibt. Grundsätzlich
       profitieren aber alle Patientengruppen von sportlicher Aktivität während
       der Krebsbehandlung.
       
       Sollten die Patienten auch nach einer erfolgreichen Therapie aktiv bleiben? 
       
       Auf jeden Fall, und nicht nur weil viel Bewegung jedem Menschen gut tut.
       Studien haben gezeigt, dass Sport auch das Risiko für das Wiederauftreten
       von Tumoren senken kann.
       
       Wie verbreitet sind die begleitenden Sportangebote für Krebspatienten? 
       
       Gerade an den großen Klinikstandorten gibt es inzwischen eine Vielzahl von
       Angeboten mit entsprechender sportmedizinischer und -therapeutischer
       Begleitung. Von einer flächendeckenden Verbreitung würde ich aber noch
       nicht sprechen. An vielen kleineren Kliniken fehlt das nötige
       therapeutische Know-how für die Erstellung der Trainingspläne oder
       schlichtweg das Wissen, um die positiven Effekte für die Krebspatienten.
       Ich denke, das wird sich aber in den nächsten Jahren deutlich ändern, auch
       durch mehr aussagekräftige Studien.
       
       Welche offenen Forschungsfragen gibt es noch? 
       
       Wir haben die heilenden Effekte des Sports bereits empirisch gezeigt. Auch
       die Rehabilitationsprozesse in unserem Körper verstehen wir immer besser.
       Daraus lassen sich schon sehr genaue Schlüsse ziehen. Weitaus weniger klar
       ist das „Warum“. Was Trainingsreize im Körper genau auslösen, haben wir
       noch nicht bis in kleinste Detail verstanden, gerade im Hinblick auf die
       positiven Auswirkungen für das Immunsystem. Das sind wichtige Fragen der
       Grundlagenforschung. Für den täglichen Umgang mit den Patienten versuchen
       wir außerdem, die optimale Dosierung der Belastung bei verschiedenen
       Krankheiten zu finden und suchen nach Parametern, die uns verraten, wie gut
       das Training während einer Chemotherapie oder nach einer Operation
       anschlägt.
       
       13 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Birk Grüling
       
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