# taz.de -- Syriza-Abgeordneter über seine Partei: „Sie hat sich selbst eine Falle gestellt“
       
       > Syriza-Mitglied Kostas Isychos hält den Kurs seiner Parteiführung für
       > falsch. Für ihn gibt es weiterhin Alternativen zur Austeritätspolitik der
       > EU.
       
 (IMG) Bild: Euclid Tsakalotos (m.), Syriza-Mitglied und Griechenlands Finanzminister, macht im Parlament keinen besonders fröhlichen Eindruck.
       
       taz: Herr Isychos, ist die Spaltung der Syriza-Partei nur noch eine Frage
       der Zeit? 
       
       Kostas Isychos: Syriza befindet sich in einer schwierigen, für eine
       radikale Linkskraft noch nie dagewesenen Situation: Sie hat sich selbst
       eine Falle gestellt und betritt den Kreis derjenigen Parteien, die nach der
       Wahl etwas anderes sagen als vor der Wahl. Parteien, die erst nach der Wahl
       den politischen Realismus entdecken, kommen jedoch nicht umhin, an
       Glaubwürdigkeit zu verlieren – zumal in einer humanitären Krise wie
       derzeit. Um auf Ihre Frage möglichst konkret zu antworten: Man kann das
       genaue Datum einer möglichen Scheidung nicht voraussagen. Sicher ist
       jedoch, dass die Linksplattform keinen Kompromiss mit dem Kreis der
       systemischen, bürgerlichen Parteien eingehen wird.
       
       Sie gehören der Linksplattform an, kritisieren die Austeritätspolitik und
       das, was Sie als „Scheidung zwischen Syriza und dem Volk“ bezeichnen.
       Vertreten Sie mit dieser Kritik die Mehrheit von Syriza oder nur eine
       Minderheit? 
       
       Schwer zu sagen, da die Parteigremien nicht tagen. Auch ein Parteitag
       müsste eigentlich angesetzt werden, bevor man sich zur Sparpolitik bekennt.
       Ich bin mir sicher, dass sich Mitglieder verletzt fühlen, doch ich hoffe,
       dass sie die Ausdauer und auch die Sturheit aufbringen, einen neuen Kurs
       einzuschlagen.
       
       Ein neuer Parteitag ist bereits angekündigt worden, oder? 
       
       Ja, aber er findet erst statt, wenn die Verhandlungen mit den Geldgebern
       abgeschlossen und die ersten Sparauflagen bereits verabschiedet worden
       sind. In der Regel hat ein derartiger Parteitag keinen besonderen Wert –
       außer vielleicht, die innerparteiliche Landschaft zu pflegen.
       
       Ist diese Aussage auch Kritik an der Syriza-Parteiführung? 
       
       Ja. Ich glaube, dass die Parteiführung die ganze Partei und ihre politische
       Programmatik der vergangenen fünf Jahre im Auge behalten müsste.
       
       Der Ministerpräsident behauptet, es gebe keine Alternative zu einer
       Vereinbarung mit den Gläubigern, weil keine alternative Finanzierungsquelle
       zur Verfügung stehe. Stimmt das? 
       
       Nein. So einfach kann ich mich nicht abfinden mit der TINA-Theorie (“There
       is no alternative“). Die stammt von Margaret Thatcher und kann von einer
       Linksregierung nicht ohne Weiteres übernommen werden. Wer Alternativen
       haben möchte, arbeitet auch intensiv, um Alternativen zu ermöglichen. Das
       hat die Syriza-Parteiführung nicht getan. Selbstverständlich war unser
       Auftrag, eine Lösung innerhalb des Euro zu finden, allerdings dürfen wir
       dabei mögliche Alternativen nicht außer Acht lassen.
       
       Sie haben immer wieder einen „produktiven Wiederaufbau Griechenlands“ als
       Alternative bezeichnet. Wie soll der konkret aussehen? 
       
       Für mich ist das die wichtigste Frage. Eine Regierung, die sich vom
       Memorandum des Sparens lossagt und ihre eigene Strategie verfolgt, sollte
       meiner Meinung nach auf Landwirtschaft, Schifffahrt, Tourismus, erneuerbare
       Energiequellen und exportorientierte, leichte Industrie setzen. Das geht
       allerdings nicht von heute auf morgen und es braucht viel
       Selbstbewusstsein.
       
       Und nun? Stellt die Regierung Tsipras die Vertrauensfrage und kommt es zu
       Neuwahlen – oder wird das Vertrauensvotum verschoben? 
       
       Die Regierung hat ihre Karten nicht offengelegt. Anscheinend sucht sie
       verzweifelt nach Möglichkeiten, weitere Sparauflagen zu verabschieden, die
       ihr von den Geldgebern als Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten
       Kredittranchen auferlegt worden sind. Dabei geraten das Volk und seine
       Bedürfnisse in den Hintergrund.
       
       19 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Papadimitriou
       
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