# taz.de -- Flüchtlinge in Berlin: „Erholsam für die Seele“
> Khalid Abdulhamid flüchtete aus Syrien nach Deutschland und übersetzt nun
> zwischen Helfern und Flüchtlingen vor dem Lageso und im alten Rathaus
> Wilmersdorf.
(IMG) Bild: Flüchtete aus Syrien, hilft Flüchtlingen hier: Khalid Abdulhamid
taz: Herr Abdulhamid, Sie helfen bei der Versorgung der Flüchtlinge vor dem
Lageso, haben auch bei der Einrichtung eines Flüchtlingsheims im alten
Wilmersdorfer Rathaus mit angepackt. Warum tun Sie das?
Khalid Abdulhamid: Anfangs wusste ich gar nicht, was vor dem Amt los ist.
Dann haben mich Freunde gefragt, ob ich dort nicht dolmetschen könnte, und
ich bin hingegangen. Dann habe ich mir Vorwürfe gemacht, dass ich nicht
früher geholfen habe. Und ich glaube, ehrenamtliche Hilfe ist vielleicht
ermüdend für den Körper, aber erholsam für die Seele. Also habe ich damit
angefangen.
Was tun Sie vor Ort?
Ich übersetze Arabisch und Englisch zwischen den HelferInnen und den
Flüchtlingen. Mein Deutsch ist noch ein bisschen zu schlecht. Manchmal
frage ich auch selbst arabische Flüchtlinge, was sie brauchen, und versuche
das dann für sie zu organisieren. Gestern habe ich Essen verteilt. Manchmal
gebe ich den Leuten ein paar Informationen über das Leben hier. Aber ich
bin ja selbst erst seit Kurzem in Deutschland.
Was sehen Sie beim Helfen?
Viele freundliche Deutsche!
Überrascht Sie das?
Mich nicht. Aber viele der Flüchtlinge sind überrascht. Sie hatten gehört,
dass viele Deutsche – vor allem junge Männer – Flüchtlinge nicht mögen.
Jetzt wundern sie sich über die vielen, gerade jungen Leute, die spenden
oder dort mithelfen. Aber davon abgesehen hat man dort natürlich auch sehr
traurige Erlebnisse. Ich habe eine junge arabische Frau getroffen, die
schwanger war und auf dem Weg hierher eine Fehlgeburt erlitten hat. Sie
hatte seither nicht einmal die Gelegenheit, ihre blutigen Kleider zu
wechseln. Und es war ihr dann auch noch peinlich, hier einen männlichen
Dolmetscher nach frischer Unterwäsche zu fragen. So etwas zu erleben ist
furchtbar. Ich bin selbst Journalist und kannte solche Geschichten vorher.
Aber es ist anders, wenn man so direkt damit konfrontiert ist.
Sie haben auch in jordanischen Flüchtlingslagern geholfen. Was sind
Ähnlichkeiten und Unterschiede?
Man kann das nicht vergleichen. Deutschland ist ein viel wohlhabenderes
Land. Jordanien ist bei der Flüchtlingshilfe auf internationale
Unterstützung angewiesen. Hier kommen unglaublich viele Spenden. Kürzlich
habe ich zwischen vielen Lebensmittelspenden eine Gitarre gefunden. Das
fand ich toll: Da hat jemand daran gedacht, dass auch Flüchtlinge nicht nur
Essen und Trinken brauchen, sondern auch andere Bedürfnisse wie eben Musik
haben. Und dann gibt er oder sie seine Gitarre. Hier scheint jeder gerade
darüber nachzudenken, was er tun kann. Ein wichtiger und guter Unterschied:
Hier gibt es keine Zelte für Flüchtlinge. Das ist gut.
Sie sind selbst geflüchtet, haben den Krieg in Syrien miterlebt, Ihre
Familie ist noch dort. Wie geht es Ihnen emotional damit, diese Hilfe hier
zu leisten?
Ich habe zwei eigentlich widersprüchliche Gefühle: Erstens bin ich
glücklich, weil ich hier etwas tun kann, also Deutschland und den Deutschen
etwas von der Hilfe, die sie mir als Flüchtling gegeben haben, zurückgeben
kann. Und zweitens bin ich traurig. Denn die Leute, die vor dem Lageso
ankommen, haben einen schweren Weg hinter sich. Und was sie dann dort
erleben – also ich meine damit, wie sie in und von der Behörde aufgenommen
und behandelt werden –, das ist überhaupt nicht gut. Was vor dem Lageso
geschieht, ist natürlich toll.
Werden Sie weitermachen?
Ja, und ich möchte mit meinem Verein Salam-Kulturclub versuchen, auch noch
mehr Syrer, die schon länger hier sind, dafür zu gewinnen mitzuhelfen.
18 Aug 2015
## AUTOREN
(DIR) Alke Wierth
## TAGS
(DIR) Lageso
(DIR) Flüchtlinge
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