# taz.de -- Die Wahrheit: Merkels geheime Mitte
       
       > Die Bundeskanzlerin nutzt ihre alten Kontakte als DDR-Reisekader zu den
       > Kommunisten des Südens und testet eine neue CDU in Portugal.
       
 (IMG) Bild: Ein entlarvendes Wahlplakat der CDU in Portugal.
       
       Beim Thema Griechenland war Bundeskanzlerin Angela Merkel tagelang
       ungewöhnlich wortkarg. Die wenigen Politikbeobachter, denen die
       Schweigsamkeit der sonst so beredeten Pfarrerstochter spanisch vorkommt,
       sehen entweder Müdig- oder Höflichkeit am Werk, wenn die 60-jährige
       Vorsitzende der Christlich Demokratischen Union (CDU) mal wieder ihrem
       Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) das Reden überlässt – und selbst schön die
       Klappe hält.
       
       Diese Einschätzung ist ein typisches Beispiel dafür, wie sehr die
       „Kanzlerin aus dem Osten“ auch in ihrer dritten Amtszeit nach wie vor
       unterschätzt wird. Dabei muss man kein Merkelologe sein um zu kapieren,
       dass die gewiefte Christdemokratin aus dem Örtchen Templin im ehemaligen
       DDR-Bezirk Neubrandenburg sehr genau weiß, warum sie das Verkünden von
       Hiobsbotschaften und das Blöde-Anmachen-von-EU-Partnern lieber ihrem
       sozialdemokratischen Deputy überlässt.
       
       Tatsächlich hat Merkel schon lange vor dem unrühmlichem Ende ihres
       Ex-Wunschpartners FDP (1949–2013) begonnen, über Alternativen zu den bisher
       in Deutschland denkbaren Regierungsbündnissen nachzudenken. Dass die
       ehemalige leitende „Jugendfreundin“ der kommunistischen Jugendorganisation
       Freie Deutsche Jugend (FDJ), letztere war in der alten Bundesrepublik
       (1949–90) verboten, dabei nach links schielt, ist angesichts der Bemühungen
       der bayerischen CDU-Regionalorganisation CSU um rechte Wähler nur logisch.
       
       Gut unterrichtete Kreise in der Bundeshauptstadt wissen, dass die
       langjährige FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda und Reisekaderin
       Merkel seit dem Ende des Kalten Krieges immer wieder im EU-Mitgliedsstaat
       Portugal auftaucht – so zuletzt in zehn Städten an der Algarve, wo sich ihr
       Konterfei auf einem Wahlplakat zusammen mit dem portugiesischen
       Ministerpräsidenten Coelho wiederfand. Darunter stand: „Eine Regierung die
       Deutscher als die Deutsche ist“. Das falsche Deutsch hatte Merkel Coelho
       vermutlich persönlich in die Feder diktiert.
       
       Aber so ein Ministerpräsident ist schnell weg, und da Angela Merkel
       perspektivisch denkt, hat sie sich früherer Kontakte erinnert. Was in
       Deutschland nämlich die Wenigsten ahnen: Über alte FDJ-Seilschaften ist
       Merkel seit Jahrzehnten mit Uralt-Funktionären der Kommunistischen Partei
       Portugals auf Du und Du. Die beobachten die Karriere ihrer „Genossin der
       Herzen“ im fernen Berlin seit 1990 nicht nur mit aufgerissenen Mündern;
       Merkels vielfach diskutiertes „Schielen nach grün“ erregte auch früh das
       taktisch-strategische Interesse der marxistisch-leninistisch geschulten
       Altstalinisten.
       
       Noch vor dem Fall der Berliner Mauer hatten westdeutsche Ex-K-Grüppler, die
       in den späten 1970ern bei den Grünen untergetaucht waren, geheime Gespräche
       der portugiesischen KP mit den dortigen Grünen initiiert. „Hanoj, mija han
       halt a weng g’redet“, berichtet eine Quelle in der Stuttgarter
       Staatskanzlei, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Ähnlich
       Wischiwaschi gibt man sich in den Bürgermeistereien von Freiburg und
       Tübingen. Und die hessische Landesregierung? Sagt keinen Ton.
       
       Dabei weiß selbst das Internet, dass die portugiesische Partei
       „Demokratische Einheits-(sic!)koalition“ in der dortigen Lokalsprache
       „Coligação Democrática Unitária“ heißt – und abgekürzt „CDU“. Nicht nur ihr
       Logo (s. Foto), auch das Programm des bestehenden Bündnisses aus
       autoritären Steinzeitkommunisten, prinzipienlosen Grünen und Liberalen, die
       über ein Rückgrat aus Kautschuk verfügen, ähnelt dem berühmten
       (sozialistischen!) „Ahlener Programm“ der gleichnamigen deutschen Partei
       wie ein Ei dem anderen.
       
       Intern funktioniert das „CDU 2.0“ genannte Projekt mittlerweile so
       reibungslos, wie die (sozialistische) Einheitspartei in Merkels guter,
       alter DDR: „Seit der Gründung des Wahlbündnisses sind die Parteien nie
       wieder einzeln angetreten“, so die investigative Internet-Plattform
       Wikipedia. Und: „Die Kommunistische Partei ist die führende […]und erlangt
       auch den Großteil der Abgeordnetenplätze.“ Wen das nicht an die berüchtigte
       DDR-"Volkskammer“ erinnert, der hat entweder keine Fantasie oder keine
       Ahnung von Geschichte – oder gehört selbst zu Merkels geheimer Truppe.
       
       Bei Wahlen ist die CDU 2.0 zwar trotz des griffigen Slogans „CDU
       unbedingt!“ (s. Foto) noch nicht so erfolgreich, als dass das Projekt nach
       Deutschland exportiert werden könnte. Doch das wird sich angesichts des
       absehbaren Scheiterns jeder anderen politischen Option aufgrund des von
       Merkel betriebenen Austeritätskurses bald ändern. Damit wäre die Kanzlerin
       am Ziel: Ohne eine neue Marke erfinden zu müssen verfügt sie dann über eine
       Partei, die das gesamte politische Spektrum abdeckt – von ganz links bis
       ganz rechts. Womit andere, konkurrierende politische Organisationen im
       vereinten Deutschland objektiv so überflüssig sind, wie sie es in der DDR
       waren.
       
       8 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rüdiger Rossig
       
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