# taz.de -- Abschied von Stefan Raab: Begrab den Raab
       
       > Der Klassenclown des Fernsehens geht endlich. Unser Autor hat Stefan Raab
       > ohnehin nur mit Morphinpflaster und Haschpfeife ausgehalten.
       
 (IMG) Bild: Eine weitere löbliche Selbstreinigung im deutschen Fernsehen.
       
       Wir alle kennen den Clown in der eigenen Gruppe, das Role Model der
       notorischen Stimmungskanone. Zu allem erfindet er spontan einen Kalauer,
       stets überreagiert er dabei so ein Stück, als hielte eine implantierte
       Kokainpumpe den Spiegel des künstlichen konstant hoch über dem des ohnehin
       schon überhöhten, natürlichen Selbstbewusstseins.
       
       Er ist einem sogar grundsympathisch, wenn auch dem eigenen Wesen so fremd
       in seiner zwanghaften Unernsthaftigkeit, doch wir brauchen diese fröhlichen
       Menschen um uns herum, ein wenig werten sie ja auch uns selber auf durch
       ihr Sein.
       
       Aber: Möchte man, was zu vorgerückter Stunde durchaus einen albernen
       Kneipenabend versüßt, denn wirklich auch noch im Fernsehen sehen? Vor uns
       auf dem Couchtisch liegt die Mahnung der Gebühreneinzugszentrale. Das Auge
       tränt. Auf dem Bildschirm blödelt mit Nussknackergrinsen der Klassenclown,
       der lustige Mannschaftskamerad mit den Dauerwitzen und der durch einen
       Random-Begeisterungsgenerator gejagten Wortwahl und Betonung: Stefan Raab.
       
       Die Nervensäge. Die wenigen Male, dass mir auf Pro7 „TV Total“ oder „Schlag
       den Raab“ vor die Augenflinte lief, hielten mich nur Riesenhaschpfeife und
       Morphinpflaster vor dem fluchtartigen Umschalten zu einer Qualitätssendung
       à la „Arved Fuchs mit dem Klapprad durch die Antarktis“ auf Phoenix ab. Auf
       einmal gewann alles eine zweite, dritte, ölfte Dimension und ich konnte
       endlich herzhaft lachen. Zwar nicht über Raab, aber immerhin über die
       Mahnung der Gebührenschinder: Diese Zahlen, diese Buchstaben, diese
       Buchzahlen, diese Staben, für nichts, für gar nichts, absurd…
       
       Und nun wird sich der Spaßmacher zum Jahresende komplett aus dem
       Fernsehgeschäft zurückziehen. Ein gequälter Aufschrei geht durch die
       Lügenpresse für Oberlehrer. Seit sogar in der Welt junge Journalisten, die
       mit Internet und so Phänomenen und modern und wissen nicht mehr, was ein
       voll guter Bleistift aus echt deutscher Eiche ist, und so und den Anfang
       vom Satz hab ich schon vergessen, scheißegal, jedenfalls: [1][Die
       feuilletonistische Würdigung durch David Hugendick in der Zeit] adelt das
       Raabsche Werk gar zur Kunstform. Im ersten Moment erschrickt man fast: Ist
       der Staatsminister für Kultur gestorben? War Mozart ein Nazi? Haben wir
       irgendwas nicht mitbekommen?
       
       ## Ein phantastischer Schachzug
       
       Alles, was wir nicht verstehen, weil es derart blöd ist, dass wir denken,
       es kann nur ironisch sein, wird heute ernsthaft kommentiert und analysiert.
       Das ist der Trend. Auf andere Bereiche übertragen: Jack Daniels mit
       Diät-Cola wird als Cocktail „Homeless Wallbanger“ gehypt, die
       Plattenbauwüste Berlin-Hellersdorf wird zum Unesco-Weltkulturerbe, die
       Piratenpartei gilt als politische Gruppierung. Eine kleine Tageszeitung
       zitiert die überhöhten Reminiszenzen von Zeit und Konsorten über Bande,
       indem sie ausgerechnet einen gewiss nur neidischen Raab-Verächter seine
       Gülle über den allenfalls von Ai Weiwei übertroffenen Großkünstler
       auskübeln lässt. Was für ein phantastischer Schachzug!
       
       Günter Jauch und Thomas Gottschalk sind schon weg, nun hat sich der nächste
       für eine löbliche Selbstbereinigung der deutschen Fernsehlandschaft
       entschieden. Sie müssen ja gar nicht alle sterben. Es genügt, dass sie auf
       Gnadenbrotwiesen am Starnberger See oder im „Wer wird Millionär“-Studio
       bunte Äpfel mümmeln, bis sie vor Altersschwäche endgültig das Zeitliche
       segnen.
       
       „Einen zweiten wird‘s nicht geben“, [2][titelt Christian Buß Auf Spiegel
       Online.] Hoffentlich, möchte man im ersten Moment denken. Doch leider wird
       der fröhliche Klassenkasper ja doch nur durch den nächsten, noch weitaus
       schlimmeren Unterhaltungsork ersetzt.
       
       18 Jun 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.zeit.de/kultur/film/2015-06/stefan-raab-pro-sieben-ausstieg
 (DIR) [2] http://www.spiegel.de/kultur/tv/stefan-raab-was-das-karriereende-des-tv-total-stars-bedeutet-a-1039408.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uli Hannemann
       
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