# taz.de -- Engagement für Flüchtlinge: Flucht, Sekt und Zweifel
       
       > Drei Bremer erhalten den Civis Medienpreis für einen Flüchtlingsfilm. Nun
       > klingen sie ernüchtert - und haben einen neuen Mitbewohner.
       
 (IMG) Bild: Dafür gabs den Civis: Preisträger beim Schnitt ihres Films.
       
       Bremen taz | Die Gala-Bühne im EU-Parlament haben die drei Bremer
       Jugendlichen eigenmächtig geentert, um den bedeutenden Civis Medienpreis
       abzuholen. Eine kleine Rebellion gegen das Protokoll des Festakts, denn
       ihren Preis für den Kurzfilm über den Flüchtling Tarek Chalabi hätte
       eigentlich nur eine Produktionsfirma entgegennehmen dürfen. Offiziell wurde
       das betreuende Medienbüro „vomhörensehen“ ausgezeichnet, gemacht haben den
       Film aber die Jugendlichen.
       
       Heute, drei Wochen später, klingen die drei etwas ernüchtert. „Natürlich
       freuen wir uns“, sagt Paulo Mazurkiewicz. Aber ein bisschen befremdlich sei
       es schon gewesen auf der Party in Brüssel mit den internationalen
       Medienprofis zu feiern, sagt Mazurkiewicz, „bei Sekt und Kaviar“.
       
       Flüchtlinge seien da nicht mehr Thema gewesen - obwohl viele der
       preisgekrönten Filme davon handeln. Der Civis Medienpreis dreht sich um
       Integration in Europa. Die Auszeichnung wird den Jugendlichen bei ihren
       anstehenden Bewerbungen helfen: sie alle wollen in die Filmbranche.
       
       Ihr Video ist kein Protestfilm und sie verstehen sich nicht als
       Polit-Aktivisten. Auf einem Workshop des Bremer Jugendrings haben sie sich
       mit Europa auseinandergesetzt. Wegen der Toten im Mittelmeer habe sich das
       Thema Flucht aufgedrängt. Im Flüchtlings-Café der Initiative „Help a
       Refugee“ fanden sie dann ihren Interview-Partner.
       
       Zu sehen ist Tarek Chalabi erst am Ende des knapp siebenminütigen Films.
       Vorher spricht er nur, während Schlagworte ins Bild geschrieben und mit
       Animationen unterlegt werden. Chalabi erzählt vom Krieg in Syrien, von
       Folter und Gewalt - und wie er in einem sinkenden Boot über das Mittelmeer
       gefahren ist.
       
       Seine Erzählung ist dramatisch, aber eben doch vertraut: „Eine von 4,8
       Millionen Geschichten in Europa“, ist am Ende zu lesen. Die Spannung
       zwischen Einzelschicksal und massenhafter Katastrophe hat die Jury
       beeindruckt: „Inhaltlich wie formal überzeugend“ hätten die Jugendlichen
       das Thema erfasst - „ohne Klischees“, so das Urteil. Heute wird der Film
       von Schulklassen diskutiert. In Berlin und Bremen ist er sogar in Kinos
       gelaufen.
       
       „Wir wollen Flüchtlingen in den Medien ein Gesicht geben“, sagt Finn-Halvar
       Peters - und die Menschen aufklären, für mehr Verständnis werben. Dass sie
       damit bis ins EU-Parlament kommen, wo andere die Ursache des Problems
       sehen, beschäftigt auch die Jugendlichen: „Klar könnten die mehr machen“,
       sagt Peters. Wütende Schuldzuweisungen sind ihm aber zu einfach. Wenn
       überhaupt, so sagt er, dann läge die Schuld doch eher bei den Medien.
       
       Und Tarek Chalabi? Der ist gerade bei Mazurkiewicz eingezogen, weil es in
       der Flüchtlingsunterkunft in der Steinsetzerstraße nicht mehr auszuhalten
       war. Ihm da rauszuhelfen, war offenbar eine Selbstverständlichkeit.
       Aktivisten aber, das wollen sie immer noch nicht sein.
       
       2 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan-Paul Koopmann
       
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