# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Aufruf zur verdeckten Manipulation
       
       > Sportler begehren gegen das Antidopinggesetz auf. Richtig so, denn zur
       > Dopingbekämpfung taugt es wenig. Ihre Argumente sind allerdings dürftig.
       
 (IMG) Bild: Ein unübersichtlicher Medizinschrank kann schon reichen – mehr Fantasie braucht es nicht.
       
       Gesetzestexte mögen sich trocken und sperrig lesen. Im Fall des
       [1][Entwurfs des Antidopinggesetzes], der am Freitag erstmals im Bundestag
       verhandelt werden soll, kann man sich aber sicher sein, dass in ihm jede
       Menge Unterhaltungswert steckt.
       
       Betty Heidler, die einstige Weltmeisterin im Hammerwerfen, sowie
       Diskus-Olympiasieger Robert Harting haben diese Woche darauf unbeabsichtigt
       aufmerksam gemacht. Mit der Einführung der Besitzstrafbarkeit von
       Dopingmitteln, klagten sie, seien Manipulationen Tür und Tor geöffnet. Die
       internationale Konkurrenz muss den deutschen Athleten die Dopingmittel nur
       noch in die Sporttasche stecken, um sie außer Gefecht zu setzen.
       
       Möglich ist das schon. Umgekehrt betrachtet wird die neue Gesetzeslage aber
       auch etliche mehr oder minder gut ausgedachte Geschichten ermöglichen und
       befördern, wie verbotene und leistungsfördernde Mittel unbemerkt den Weg
       ins Badezimmer deutscher Sportler finden konnten.
       
       Die Ansprüche an die Fantasie sind nun nicht mehr so turmhoch. Künftig
       müssen nicht mehr Wege skizziert werden, die etwa in der Zahnpasta und dann
       im eigenen Körper enden. Es reicht der unübersichtliche Medizinschrank. Und
       dann muss in einem staatlichen Verfahren, bei dem die Unschuldsvermutung
       gilt, den Athleten erst einmal das Gegenteil, die Absicht des
       Betrugsversuchs bewiesen werden. Das geplante Antidopinggesetz bietet den
       Athleten also durchaus auch Chancen.
       
       Zur Dopingbekämpfung wird der Entwurf wenig taugen. Das liegt jedoch nicht
       daran, wie Harting glauben machen will, dass das Gesetz nur mit
       internationaler Reichweite seine Wirkkraft entfalten könnte. Die Hoffnung
       auf eine Universallösung ist unrealistisch und deshalb zum Scheitern
       verurteilt. Eigeninitiativen machen durchaus Sinn. Sie sind aber nur reines
       Blendwerk, wenn sie wie im deutschen Fall gekoppelt werden mit
       Leistungsforderungen, die als verdeckter Aufruf zur Manipulation verstanden
       werden können.
       
       ## Mehr Spitzenplätze mit weniger Doping
       
       Innenminister Thomas De Maizière erklärte jüngst, dass für eine Sportnation
       wie Deutschland die schlechten Medaillenbilanzen zuletzt nicht mehr
       akzeptabel seien. Schließlich würden die Athleten ja mit reichlich
       Steuergelder subventioniert werden. Mehr Spitzenplätze mit weniger Doping,
       lautet seine Forderung.
       
       Der Entwurf des Antidopinggesetzes verkommt so zur Symbolpolitik. Dafür
       spricht auch, dass die Regierung elementare Rechtsgrundsätze wie die
       Unschuldsvermutung außer Acht lässt, indem sie im Gesetz die
       Sportgerichtsbarkeit erstmals verankern will. Denn vor den
       Verbandsgerichten gilt die Beweislastumkehr. Athleten müssen ihre Unschuld
       nachweisen. Grobe handwerkliche Fehler, die im Eifer unterlaufen sind, die
       Botschaft einer Nulltoleranzpolitik zu vermitteln.
       
       Dem organisierten Sport hat man damit einen Bärendienst erwiesen. DOSB-Chef
       Alfons Hörmann warnte schon vor Sammelklagen von Athleten. Denen stößt
       insbesondere der Schutz der Sportschiedsgerichtsbarkeit im Gesetz auf.
       Viele halten diese schon lange für verfassungswidrig.
       
       22 May 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.bundestag.de/presse/hib/2015_05/-/375000
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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