# taz.de -- Verbraucherschützer warnen: Migranten finanziell oft falsch beraten
> Zuwanderer werden besonders oft ausgetrickst, weil sie eher persönlichen
> Kontakten vertrauen als neutralen Profis.
(IMG) Bild: Falscher Handytarif? Infoblätter auf Türkisch und Russisch sollen helfen.
BERLIN taz Sie klagen besonders oft über Kredite, die sie ruinieren. Über
Handytarife, die sich als überteuert entpuppen. Oder über eine unnütze
Versicherung, die sie sich aufschwatzen ließen. MigrantInnen werden
"überproportional häufig übervorteilt", ermittelte jetzt eine Studie des
"Verbraucherzentrale Bundesverbands".
Allein mit schlechteren Sprachkenntnissen lässt sich das nicht erklären.
Gravierender wirkt sich laut Studie der Hang aus, Geschäfte über
persönliche Kontakte abzuwickeln. Dies lässt sich etwa aus den Daten von
Schuldnerberatungen ablesen. Sehr viele Migranten suchen sie auf, weil sie
von Landsleuten oder den eigenen Verwandten reingelegt wurden. Außerdem
ziehen Zuwanderer bei Finanzfragen eher einen Bankberater zu Rate, als sich
bei Stiftung Warentest und Co. zu informieren. "Vom Berater wird eine
persönliche Beziehung erwartet, ein Anspruch auf Unabhängigkeit wird nicht
gestellt", so Tatiana Lima Curvello, Autorin der Studie. In diesem Punkt
spielen Sprachprobleme dann doch eine Rolle. Sie erhöhen die Scheu, sich an
unbekannte Berater zu wenden.
Das heißt auch: Sehr zum Frust der Verbraucherzentralen ist ihre Hilfe nur
selten gefragt. Dabei findet sich gerade unter Zuwanderern manche Familie,
die unparteiischen Rat dringend nötig hätte. Etwa weil sie mit knappen
Mitteln haushalten muss oder sich schwertut, das Kleingedruckten im
Knebelvertrag zu verstehen. Viktor Hahn, Koordinator in einem Büro für
interkulturelle Arbeit in Essen, hat unter den Spätaussiedlern eine Gruppe
ausgemacht, die besonders gefährdet ist, sich zu ruinieren: Menschen
mittleren Alters, die als Erwachsene nach Deutschland kamen. Unter ihnen
fänden sich viele "Statussymbolkonsumenten", so Hahn. Mit der Übersiedlung
hätten sie oft den Status, der mit dem Beruf verbunden war, verloren. Um
das Gefühl wiederzuerlangen, etwas erreicht zu haben, setzen sie häufig auf
materielle Güter - ein eigenes Haus oder wenigstens einen
Flachbildfernseher.
Bleibt die Frage, wie neutrale Berater Zuwanderer besser erreichen könnten.
Laut Studie sind sie über Broschüren nur schwer zu erreichen. Dass also das
Faltblatt "Telefon- und Handyrechnung", das die Verbraucherzentralen jetzt
auf Türkisch und Russisch verteilen, wirklich viel ändert, ist nicht zu
erwarten. Mehr Erfolg versprechen laut Studie Strategien, die auf
"Multiplikatoren innerhalb der Community" setzen - also auf Mundpropaganda.
30 Oct 2007
## AUTOREN
(DIR) Cosima Schmitt
## TAGS
(DIR) Migration
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Telefontarife für Migranten: Vorsicht, Ethnotarif!
Handykonzerne bieten spezielle Tarife für Migranten an. Dabei nutzen sie
gezielt die Sprachschwäche ihrer Kunden aus, um an Geld zu kommen.