# taz.de -- Kommentar Schere zwischen arm und reich: Was vom Aufschwung übrig bleibt
> Trotz sinkender Arbeitslosigkeit und Konjunkturbelebung: Die Löhne in
> Deutschland halten nicht mit den Lebenshaltungskosten mit. Das Gerede vom
> Aufschwung erweist sich als Wintermärchen.
Es war einmal ein Land, dessen Menschen waren wie verzaubert vor Glück. Sie
glaubten, der wirtschaftliche Aufschwung würde Wohlstand und Auskommen für
alle bringen, denn immerfort wurde diese Botschaft verkündet. Doch als sich
das letzte fette Jahr dem Ende näherte, merkten die Menschen, das nur die
Reichen reicher und die Armen ärmer geworden waren.
Leider wird es auch beim derzeitigen Aufschwung für viele nur bei einem
Wintermärchen bleiben. Schon jetzt geben über 80 Prozent aller Deutschen in
Umfragen an, sie persönlich hätten nichts von der jüngsten
Konjunkturbelebung gespürt. Dabei ist immerhin die Arbeitslosigkeit in
diesem Jahr spürbar zurückgegangen - und sei es durch Zeitarbeiter oder
Minijobber.
Am chronisch klammen Konsumenten hat das aber nichts geändert, denn trotz
Aufschwung halten die Löhne nicht mit den Lebenshaltungskosten Schritt. Das
reale Einkommen der Verbraucher ist durch steigende Preise für Energie und
Lebensmittel seit Herbst 2005 sogar leicht gesunken. Den entscheidenden
Rückschlag hat in diesem Jahr aber die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16
auf 19 Prozent bewirkt.
Davon hat sich der Konsum bis heute nicht erholt. Monat für Monat meldete
der Einzelhandel rückläufige Umsätze. Selbst die Debatte um Managergehälter
und Mindestlöhne trug nicht dazu bei, für ein klein wenig soziale Wärme zu
sorgen. Wenn es nach der Union geht, soll es in Deutschland - als einem der
letzten EU-Länder - ohnehin keinen Mindestlohn geben. Sie setzt lieber auf
parasitäre Geschäftsmodelle von Unternehmen, die Hungerlöhne zahlen und für
deren Profite die Allgemeinheit aufkommt.
Wenig weihnachtliche Stimmung verbreitet auch die alberne Diskussion über
Lohngrenzen für Manager. Die große Koalition weiß sehr wohl, wie sie den
Streit ein für alle Mal beenden könnte: durch eine Vermögenssteuer, die
diesen Namen verdient. Und eine Erbschaftssteuer, die wenigstens auf dem
Niveau vergleichbarer Industrieländer liegt. Doch so viel Gerechtigkeit
wird auch diesmal wieder ein frommer Weihnachtswunsch bleiben. Denn für das
nächste Jahr sagen Konjunkturforscher voraus, dass der Aufschwung schon
wieder zum Erliegen kommt.
24 Dec 2007
## AUTOREN
(DIR) Tarik Ahmia
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