# taz.de -- Kommentar Volksentscheid Berlin: Wowereit muss dazulernen
       
       > Den Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof ist gescheitert. Aber Berlins
       > Regierender Bürgermeister hat dennoch verloren.
       
 (IMG) Bild: Direkte Demokratie an der Wahlurne. Die Wähler haben den Überblick behalten.
       
       Klaus Wowereit, den Volkstribun, gibt es seit heute nicht mehr. Zwar ist
       die Niederlage des Regierenden Bürgermeisters bei Berlins erstem
       Volksentscheid nicht vollständig, denn die nötigen 25 Prozent der
       Stimmberechtigten haben die Schließungsgegner nicht in die Wahlkabine
       locken können. Trotzdem hat das von CDU, FDP und Wirtschaftsverbänden
       dominierte Volksbegehren eines seiner wichtigsten Ziele erreicht: Die
       Berliner haben eine Abstimmung über die Nutzung einer Immobilie zum Votum
       über Wowereit gemacht. Dies gelang nicht nur, weil der Wahlkampf der
       Flughafenbefürworter perfide war; Schuld trägt auch der Regierungschef.
       
       Die Tempelhof-Kampagne hätte nicht diese Wucht entfalten können ohne
       Wowereits demonstrative Gleichgültigkeit gegenüber dem Wählerwillen. In der
       Politik genügt es nun mal nicht, auf die Einhaltung von Verträgen zu
       pochen. Wowereit hat sein einst enormes Gespür für Stimmungen verloren.
       Seine Popularität war jedoch die einzige Trumpfkarte des Berliners beim
       Machtkampf in der Bundes-SPD. Ohne sie ist Wowereit in der landesweiten
       Wahrnehmung nur ein exzentrischer Provinzfürst, der Volksentscheide erst
       einführt, ihre Ergebnisse dann aber ignoriert.
       
       Vor einer vollständigen Niederlage bewahrt haben Wowereit jene Berliner,
       die sich nicht haben verrückt machen lassen. Also jene 40 Prozent der
       Wähler, die für die Schließung gestimmt haben, obwohl der Senat immer
       wieder gesagt hat, er werde das Abstimmungsergebnis ignorieren. Und obwohl
       CDU und Wirtschaftsverbände ihnen aus Eigeninteresse vorgaukelten, es gehe
       um die Luftbrücke und die Alternative "Weltstadt oder Provinz".
       
       Dieser Volksentscheid zeigt auch: Direkte Demokratie lässt sich nur
       instrumentalisieren, wenn es zuvor keine öffentliche Sachdebatte gegeben
       hat. Für Regierungen bedeutet das: Sie müssen für ihre Vorhaben noch mehr
       werben, Bürger überzeugen, immer wieder - auch als Schutz vor dem eigenen
       Sturz. Wowereit wird dies lernen müssen, soll seine Karriere nicht mit
       Mitte fünfzig enden. Begreift er das nicht, läutet der gescheiterte
       Volksentscheid doch noch Wowereits Abstieg ein. Und wieder wäre er selbst
       schuld.
       
       27 Apr 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Matthias Lohre
       
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