# taz.de -- Heinz Hilgers vom Kinderschutzbund ist pessimistisch: "Kinderarmut bleibt großes Problem"
       
       > 400 Euro Grundsicherung für jedes Kind - und zugleich bessere Betreuungs-
       > und Bildungsangebote fordert Heinz Hilgers vom Kinderschutzbund.
       
 (IMG) Bild: Im Kinder- und Jugend-Projekt "Die Arche" gibt es Hausaufgabenhilfe.
       
       taz: Herr Hilgers, wie beurteilen Sie die aktuellen Vorschläge der Union
       und SPD gegen Kinderarmut? 
       
       Heinz Hilgers: Ich kann leider keine gute Botschaft bringen. Trotz
       verbesserter Wirtschaftslage wird Kinderarmut ein großes Problem bleiben.
       Gerade die ärmeren Schichten und auch die Migranten haben nach wie vor eine
       relativ hohe Kinderzahl - während die Mittelschicht und das
       Bildungsbürgertum kaum Kinder bekommt.
       
       Werden arme Kinder, etwa von Hartz-IV- und Sozialhilfeempfängern, derzeit
       angemessen unterstützt? 
       
       Im Moment bekommen Kinder 60 Prozent des Bedarfs von Erwachsenen. Diese
       Regelung ist Unsinn und furchtbar ungerecht. Das ist respektlos gegenüber
       den realen Bedürfnissen von Kindern. Die Kinder brauchen nicht 60 Prozent
       von dem Anteil an Zigaretten und Alkohol, sondern Kinder brauchen zwei- bis
       dreimal im Jahr Kleidung und mehrfach Schuhe, Turnschuhe, Sandalen und
       mehr. 60 Prozent sind Willkür, ohne Respekt vor dem, was ein Kind wirklich
       braucht.
       
       Im Gespräch sind eine direkte Erhöhung von Kindergeld und indirekte
       Maßnahmen, etwa ein besseres Betreuungsangebot für Kindern. Können Familien
       nicht bares Geld besser gebrauchen als einen Mischmasch von Maßnahmen? 
       
       Ich würde nicht gegeneinander ausspielen. Es geht doch im Kern darum, dass
       wir Hilfe zur Selbsthilfe leisten und die Kinder zugleich befähigen, später
       ein selbstbestimmtes Leben zu führen - und zwar ein anderes, als sie es oft
       in ihrer Familie führen. Das heißt, soziale Gerechtigkeit bei der
       finanziellen Förderung und bessere Bildungsangebote für Familien gehören
       zusammen.
       
       Was halten Sie von der Unions-Idee vom Betreuungsgeld für Eltern, die
       Kinder zu Hause aufziehen? 
       
       Gerade die Kinder, die aus Problemfamilien kommen oder aus armen Familien,
       brauchen ein anregendes Umfeld in der Kindertagesstätte und der Schule. In
       vielen Familien wird, wenn Besuch kommt, nicht einmal der Fernseher
       ausgeschaltet. Da kommt die Kommunikation mit den Kindern zu kurz. Gerade
       diese Kinder würden wegen des Betreuungsgeldes zu Hause gehalten werden.
       Ich bin dafür, dass man den Eltern mehr Geld gibt - aber dann bitte allen.
       
       Entspricht das der Idee der SPD, alle Familien gleich über einen fixen
       Kinderfreibetrag zu entlasten? Das wurde ja als Systemwechsel angepriesen. 
       
       Was die SPD gefordert hat, sind ja Vorschläge innerhalb des gegenwärtigen
       Systems. Meine Forderung ist eine Grundsicherung von rund 400 Euro im Monat
       für jedes Kind. Dazu müssen wir ein umfassendes Erziehungs-, Bildungs- und
       Betreuungsangebot anbieten als ergänzende Hilfen. Dieses Betreuungsangebot
       muss von der Geburt an bis zum Ende der Schulzeit reichen - und wir
       brauchen dort: Qualität, Qualität und nochmals Qualität.
       
       Die Kindergrundsicherung soll das Kindergeld ablösen? 
       
       Ja, ich fordere ein Grundeinkommen, egal ob es für Kinder von
       Sozialhilfeempfängern oder von Millionären ist. Das würde gleichzeitig auch
       das Sozialgeld für Kinder und etwa Bafög ersetzen. Was Sie da an
       Bürokratieeinsparungen hätten, ist gigantisch. Ich sehe ja ein, dass man
       solche radikalen Änderungen nicht von heute auf morgen machen kann. Aber
       ich finde es schade, dass man sich diesen Polarstern nicht als Ziel gesetzt
       hat. Von daher hätte es mich gefreut, wenn die SPD mehr Mut gefasst hätte.
       
       17 Jun 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicole Janz
       
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