# taz.de -- Kommentar Srebrenica-Urteil: Unterlassene Hilfeleistung
       
       > Es gab einen Freispruch für die Niederlande im Srebrenica-Prozess. Doch
       > moralisch-politisch und selbst juristisch ist für das Land damit auf
       > Dauer noch nichts ausgestanden.
       
       Noch 13 Jahre nach dem Krieg in Bosnien und Herzegowina fällt es den
       Niederlanden schwer, einen Schlussstrich unter das Kapitel Srebrenica zu
       setzen. Mit dem gestrigen Urteil eines Zivilgerichts in Den Haag wird das
       Land zwar zunächst von den Vorwürfen freigesprochen, direkt mitschuldig am
       Massaker von Srebrenica zu sein. Doch moralisch-politisch und selbst
       juristisch ist damit auf Dauer noch nichts ausgestanden.
       
       Natürlich ist der Hinweis auf die Befehlskette innerhalb der UN ein starkes
       Argument. Das UN-Oberkommando überließ die UN-Schutzzone Srebrenica am 11.
       Juli 1995 ihrem Schicksal, beorderte die schon aufgestiegenen
       Nato-Flugzeuge zurück, die serbische Stellungen bombardieren sollten.
       General Bernard Janvier und der UN-Sondergesandte Asushi Akashi sind die
       bisher nicht belangten Hauptverantwortlichen für die katastrophale Haltung
       der UN in Srebrenica. Die leicht bewaffneten Niederländer waren auf sich
       allein gestellt.
       
       Trotzdem haben die Niederländer eine politisch-moralische Mitschuld. Die
       ins UN-Lager geflüchteten, verängstigten Zivilisten wurden von den
       niederländischen UN-Soldaten gnadenlos in die Arme der serbischen
       Soldateska getrieben und die hatten schon angefangen, wahllos Leute zu
       erschießen. Es stellt sich daher die Frage nach Zivilcourage und
       antifaschistischem Bewusstsein, auf das die Niederländer so stolz zu sein
       vorgeben. Die Bilder vom niederländischen General Karreman, der dem
       serbischen Kriegsverbrecher Ratko Mladic freundlich zuprostet, ist Symbol
       dafür. Und die politische Führung unternahm nichts, die UN doch noch zum
       Handeln zu bewegen. Immerhin gab die niederländische Regierung ihr Versagen
       zu und trat kurz nach den Ereignissen zurück. Auch kritisiert der von der
       Regierung in langen Jahren erstellte Bericht über die Ereignisse in
       Srebrenica das eigene Verhalten scharf. Jetzt wäre es angebracht, sich dem
       Tatbestand der "unterlassenen Hilfeleistung" zu stellen. Selbst wenn dann
       Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden könnten. Das
       Revisionsverfahren ist die beste Gelegenheit, sich dem zu stellen.
       
       11 Sep 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
       
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