# taz.de -- Kreativer Protest: Schüler stürmen die Humboldt-Uni
       
       > Mehrere tausend SchülerInnen demonstrieren in Berlin gegen
       > Bildungsnotstand, Lehrermangel und schlechte Ausstattung. Einige hundert
       > wollen mal eine Uni von innen sehen - und randalieren im Foyer der HU.
       
 (IMG) Bild: Wollen fürs Leben lernen: Protestierende Schülerinnen
       
       Es war nicht nur der unerwartete Andrang. Die Schülerdemo am Mittwoch wurde
       anfangs von einem eher kleinen Polizeiaufgebot begleitet. Doch das änderte
       sich während des Umzugs. Denn bei der Zwischenkundgebung der Demo gegen die
       Bildungsmisere am Bebelplatz stürmten mehrere tausend DemonstrantInnen das
       Hauptgebäude der Humboldt-Uni - und ließen es teils verwüstet zurück.
       
       Die Aktion sei "nicht geplant" gewesen, sagt Niklas Wuchenauer vom
       Landesschülerbeirat, habe auf der Demo aber überwiegend "positive Resonanz"
       gefunden. Weniger positiv aufgenommen wurde, dass in der HU neben
       Fensterscheiben und Postfächern ausgerechnet eine Ausstellung über jüdische
       Unternehmer und die Pogrome von 1938 zerstört wurde. Darüber müsse später
       noch diskutiert werden, forderte ein erschütterter Demonstrant später von
       einem Lautsprecherwagen aus. Auch der ReferentInnenrat der Uni, der als
       Vertretung der Studierenden zu der Demo mit aufgerufen hatte, kritisierte
       die Zerstörung der Ausstellung.
       
       Die Mehrheit der SchülerInnen demonstrierte jedoch friedlich - wenn auch
       bei vielen die Wut über ein Bildungssystem, das unter der Sparwut der
       Politik langsam zusammenbricht, deutlich spürbar war. Schon vor dem
       offiziellen Start hatten sich auf dem Molkenmarkt so viele TeilnehmerInnen
       versammelt, dass die Polizei auch die Kreuzung sperrte, um genug Platz für
       alle zu haben. 10.000 zählten die Veranstalter, auf 6.000 kam die Polizei.
       Ein Bündnis von SchüleraktivistInnen und linken Gruppen hatte zu der
       Protestdemo aufgerufen, die Teil einer bundesweiten Aktion war. In 29
       weiteren Städten demonstrierten bundesweit 80.000 SchülerInnen gegen
       Bildungsnotstand, Lehrermangel und schlechte Ausstattung ihrer Schulen.
       
       "Wie ein Gefängnis" sehe ihre Schule aus, berichteten etwa OberschülerInnen
       aus Prenzlauer Berg: Das Gebäude sei marode, die Klassenräume
       heruntergekommen, die Klassen viel zu groß, und Lehrer gebe es zu wenig.
       Unter solchen Bedingungen fühle man sich einfach nicht wohl an der Schule,
       klagten sie: "Das muss man doch aber, wenn man lernen will." Auch
       GrundschülerInnen beteiligten sich an der Demo - mit klar formulierten
       Motiven: "Bei uns fällt zu viel Unterricht aus, und dann bekommen wir
       ständig neue Lehrer", klagen zwei Sechstklässler aus Lichtenberg. Außerdem
       sei der Unterricht oft zu langweilig. Inspiration für Prostestplakate
       fanden viele in der "be Berlin"-Kampagne des Senats: "Sei gebildet. Sei
       gefördert. Sei Privatschüler" lauteten Plakattexte oder auch "Sei Lehrer,
       sei glücklich, sei Hamburg".
       
       Zufrieden mit der Beteiligung äußerten sich die Veranstalter. Auf der
       politischen Ebene seien zwar zunächst vermutlich keine allzu großen Erfolge
       zu erwarten, so Schülervertreter Wuchenauer. "Aber wir haben die Sicht der
       Schüler deutlich in die Öffentlichkeit tragen können." Zudem solle die Demo
       ein Auftakt für weitere Veranstaltungen sein - die erste am
       Freitagnachmittag in der Pankower "Helle Panke", wo über weitere
       Protestaktionen nachgedacht werden soll.
       
       In der Humboldt-Universität wird derweil noch ermittelt, wie viel
       Sachschaden die BesucherInnen angerichtet haben. Festnahmen,
       Personenüberprüfungen oder Anzeigen gab es bei der Demo laut Polizeiangaben
       nicht.
       
       12 Nov 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alke Wierth
       
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