# taz.de -- Vatikan provoziert Kirchenaustritte: Linzer fallen vom Glauben ab
> Im österreichischen Linz treten zahlreiche Katholiken aus der Kirche aus,
> nachdem der Papst in der traditionell liberalen Diözese einen
> konservativen Weihbischof ernannt hat.
(IMG) Bild: Der Grund für die Kirchenaustritte: Bischof Gerhard Maria Wagner.
WIEN taz Seit Wochenbeginn sind 50 Katholiken in der Diözese Linz aus der
Kirche ausgetreten, etwa fünfmal mehr als in normalen Zeiten. Laut
Mitarbeitern des Bürgerservice in Linz begründen viele ihren Schritt damit,
dass der Papst den erzkonservativen Pfarrer Gerhard Maria Wagner zum neuen
Weihbischof der traditionell liberalen Diözese ernannt hat.
Wagner sieht die Jugendromane von Harry Potter als Satanismus an. Und über
die Tsunami-Opfer in Thailand sagte er seinerzeit, das komme davon, wenn
man sich auf Tropenurlaub begebe, statt zu Hause ein christliches
Weihnachtsfest zu feiern.
Der katholische Publizist Hubert Feichtlbauer zog Parallelen zur jüngsten
Aufregung um islamische Religionslehrer, die Menschenrechte und Demokratie
ablehnen: "Die Bischofsernennung zeigt, dass man nicht nur über die
islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich besorgt sein muss, in der
einige Imame es mit der Demokratie nicht sehr ernst nehmen." Selbst
Landeshauptmann Josef Pühringer, ÖVP, der sich sonst aus
Kirchenangelegenheiten heraushält, fand es empörend, dass Ratzinger die
Vorschläge der Diözese ignoriert habe: "Das deutet darauf hin, dass in Rom
von der Diözese ein Bild herrscht, das meines Erachtens nicht der Realität
entspricht."
Besonders in den Kreisen katholischer Reformer ist die Empörung groß. Der
ÖVP-Altpolitiker Erhard Busek, der erst vor Kurzem eine auf Reformen
drängende katholische "Laieninitiative" gegründet hat, nahm kein Blatt vor
den Mund: "Die Summe der Eindrücke aus Rom ist schrecklich." Wagners
Ernennung entgegen den Wünschen des oberösterreichischen Klerus sei "eine
Ohrfeige für die lokale Kirche". Er scheint vielen Katholiken aus dem
Herzen zu sprechen: Die Website der Laieninitiative verzeichnete einen
sprunghaften Anstieg der Zugriffe.
Wiens Kardinal Christoph Schönborn, der vor kurzem die päpstliche
Rehabilitierung des antisemitischen Bischofs Richard Williamson kritisiert
hat, ging diesmal auf Tauchstation. Er mische sich grundsätzlich nicht in
Angelegenheiten anderer Diözesen ein, ließ er seinen Sprecher ausrichten.
Wagners Ernennung hat aber auch Befürworter, allen voran den extrem
traditionellen Salzburger Weihbischof Andreas Laun, der Homosexualität für
eine heilbare Krankheit hält. "Die Polarisierung ist in Oberösterreich nur
eingetreten, weil eine ganze Reihe von Priestern und Laien dem Papst nicht
gehorcht", gab dieser in der Tageszeitung Die Presse zu Protokoll, um dann
zu fragen: "Soll der Papst einen ernennen, von dem er weiß, dass er ihm
wieder nicht gehorcht? Das ist eine Zumutung!"
Die Mitte der 1990er Jahre gegründete Reformplattform "Wir sind Kirche"
plant bereits eine Protestaktion für den 22. März, wenn Wagner im Linzer
Mariendom feierlich zum Bischof geweiht werden soll.
5 Feb 2009
## AUTOREN
(DIR) Ralf Leonhard
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