# taz.de -- Kampagne gegen Werbelügen: "Irreführung bis zur Zahnfäule"
       
       > Wer lügt am dreistesten? Das fragt der Verbraucherverband Foodwatch - und
       > stellt fünf Produkte zur Wahl. Alles Lebensmittel, die besonders gesund
       > oder erlesen sein sollen.
       
 (IMG) Bild: Produkte am Pranger: Lebensmittel, deren Werbung Foodwatch irreführend findet.
       
       Joghurt, "der Abwehrkräfte activiert". Mit solchen Verheißungen wird der
       "pro-biotische" Joghurt "Actimel" als etwas besonderes beworben. Zu recht?
       
       Keineswegs, lautet das Urteil der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch.
       Sie hält die Werbung des Herstellers für "activen Etikettenschwindel".
       
       Die stark im Fernsehen beworbenen Joghurtdrinks gehören zu den fünf
       Kandidaten, die Foodwatch nun im Internet zur Wahl für den "Goldenen
       Windbeutel" stellt. Verliehen wird der Preis für die "dreisteste Werbelüge
       eines Lebensmittelherstellers". Ausgewählt wurden die Produkte von einer
       fünfköpfigen Jury, darunter Journalisten, eine Fernsehköchin und ein
       Werbefachmann. Wählen sollen jetzt die VerbraucherInnen selbst.
       
       "Die Lebensmittelindustrie wird irreführende Werbung nur dann aufgeben,
       wenn Ross und Reiter genannt werden und sich die Verbraucher wehren", sagt
       Anne Markwardt, die die Foodwatch-Kampagne leitet. Und Irreführung gehört
       oftmals zum Konzept.
       
       Zum Beispiel beim oben erwähnten Joghurt: Die nicht unbedingt preiswerten
       Trinkjoghurts sollen, so verspricht es die Werbung, das Immunsystem
       stärken. Doch diese Wirkung ist kein Privileg der "pro-biotischen" Sorten.
       "Auch herkömmlicher Naturjoghurt kurbelt das Immunsystem an, und zwar
       wesentlich preisgünstiger", argumentiert Foodwatch.
       
       Die EU hat solchen Formen von Werbung Ende 2006 eigentlich durch die so
       genannte Health-Claims-Verordnung strenge Grenzen gezogen:
       Gesundheitsbezogene Angaben dürfen demnach nur verwendet werden, wenn dies
       auch streng wissenschaftlich belegbar ist.
       
       Doch in diesem Fall greift die Richtlinie nicht: Dass "pro-biotischer"
       Joghurt tatsächlich die Abwehrkräfte fördert, steht ja außer Frage. Nur tut
       das eben jeder andere Joghurt auch.
       
       Geregelt sind in der Verordnung bislang außerdem nur wenige Begriffe.
       "Gesund" etwa kann unbehelligt davon noch jedes Lebensmittel genannt
       werden. Eine Erweiterung der von der Verordnung erfassten Begriffe ist
       immerhin geplant.
       
       "Die Gesetze ermöglichen es, Verbraucher in die Irre zu führen", sagt
       Foodwatch-Sprecher Martin Rücker der taz. "Das machen die Hersteller, um
       ihre Produkte besser absetzen zu können." Es handele sich demnach um
       "legale Verbrauchertäuschung."
       
       Die Kritik von Foodwatch richtet sich aber nicht nur gegen
       gesundheitsbezogene Behauptungen. Ein Pesto zum Beispiel, das nach
       Herstellerangaben "nur aus besten Zutaten" besteht und Pinienkerne sowie
       hochwertiges Olivenöl enthalten soll, fällt den Verbraucherschützern
       ebenfalls unangenehm auf: Pinienkerne und Olivenöl sind nur in kleinen
       Alibi-Mengen enthalten, billigere Ersatzzutaten sind Hauptbestandteil des
       Produkts. Das Bertolli-Pesto ist eine "Mogelpackung", urteilt Foodwatch.
       
       Weiterhin stehen ein "Genießerkuchen" der Marke Bahlsen und Kindergetränke
       von Bauer und Eckes zur Wahl. "Irreführung bis zur Zahnfäule" wirft die
       Kampagne dem "Frucht-Tiger" von Eckes vor. Das Produkt enthält
       zahnschmelzschädigende Zitronensäure.
       
       Dennoch wird es als "der gesunde Durstlöscher" gepriesen. Der Autor und
       Verlagskaufmann Harald Dzubilla nominierte das Produkt für den Goldenen
       Windbeutel: "Weil hier Kinder 'missbraucht' werden."
       
       Und im "Biene Maja-Kinderdrink" von Bauer fanden die Foodwatch-Experten gar
       das Äquivalent von 44 Würfeln Zucker pro Liter Getränk. Mehr als zum
       Beispiel in Cola.
       
       "Uns geht es darum, den Verbrauchern zu zeigen, dass sie in die Irre
       geführt werden", sagte Rücker. Nur so könne ein genügend großer
       öffentlicher Druck auf die Unternehmen aufgebaut werden, dass sie
       irreführende Werbung künftig unterlassen. Der Goldene Windbeutel kann bis
       zum 19. März unter [1][www.abgespeist.de] gewählt werden.
       
       20 Feb 2009
       
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 (DIR) [1] http://www.abgespeist.de/
       
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 (DIR) Benjamin Laufer
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